Ost- und Westdeutsche

Misstrauen und Ressentiments bis heute?

Ossi oder Wessi, fragt ein Graffito an der Wand. Auch 28 Jahre nach der Wiedervereinigung existieren diese Kategorien.
Auch im Jahr 28 nach der Wiedervereinigung gibt es noch die Mauer in vielen Köpfen. Könnte ein deutsch-deutscher Schüleraustausch hier Abhilfe schaffen? © Imago / Müller-Stauffenberg
Peter Huth im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 15.01.2018
Brauchen wir einen Ost-West-Schüleraustausch, wie Thüringens Bildungsminister Helmut Holter meint? Peter Huth ("Welt am Sonntag") findet die Idee nicht schlecht – auf jeden Fall besser als Klassenfahrten nach Italien: "Germany first, würde ich da jetzt mal sagen."
Magdeburg statt Madrid? Helmut Holter (Die Linke), Bildungsminister in Thüringen und neuer Präsident der Kultusministerkonferenz KMK, fordert 28 Jahre nach der Wiedervereinigung einen Schüleraustausch zwischen Ost und West zwecks besseren Kennenlernens.
Kein schlechter Vorschlag, meint Peter Huth, Chefredakteur der "Welt am Sonntag". Huth stammt aus dem niederrheinischen Kleve und hat sein Volontariat kurz nach der Wiedervereinigung beim "Mitteldeutschen Express" in Halle absolviert. Das sei nicht immer einfach gewesen, so der "WamS"-Chefredakteur:
"Da hat man damals gemerkt, dass es da ein großes Ressentiment uns gegenüber gab, die gleichaltrig waren. Es war nicht ganz leicht, da Kontakte zu machen und Misstrauen abzubauen."
Daran habe sich bis heute nicht wahnsinnig viel geändert. Insofern fände er einen solchen Austausch den besseren Ansatz, als wenn Klassenfahrten nach Italien, Spanien, London oder Paris gingen:
"'Germany first', würde ich da jetzt mal sagen."
Peter Huth, Chefredakteur der "Welt am Sonntag", zu Gast im Studio von Deutschlandfunk Kultur.
Peter Huth, Chefredakteur der "Welt am Sonntag", zu Gast im Studio von Deutschlandfunk Kultur.© Deutschlandradio - Andreas Buron

"Wir Deutsche ziehen relativ wenig um"

Die Gründe dafür, dass Deutsche aus Ost und West einander so wenig kennen, liegen für Huth zum einen in der Vorwendezeit.
"Meine persönliche Erfahrung ist: in Westdeutschland hat man lange Zeit die DDR gar nicht mehr gesehen, sondern einfach ausgeschaltet. Je weiter man nach Westen kam, umso weniger von Interesse war das. Da war die Mauer wirklich wahnsinnig weit weg."
Die Ostdeutschen seien durch das West-Fernsehen zwar besser informiert gewesen.
"Aber eben auch nur durch das Zerrbild des Fernsehens."
Einen weiteren Grund sieht der "WamS"-Chefredakteur in der Immobilität vieler Bundesbürger:
"Wir Deutsche ziehen ja relativ wenig um. Wir bleiben ja eigentlich häufig da, wo wir herkommen."
(uko)

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