Dalai Lama veröffentlicht sein Debütalbum

Es ist nie zu spät, ein Popstar zu werden

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Patti Smith und der Dalai Lama zusammen auf der Bühne beim Glastonbury Festival 2015.
Der Dalai Lama schnuppert Popstar-Luft. Mit Patti Smith steht er beim Glastonbury-Festival auf der Bühne. © Imago / Matrix
Von Ralf Bei der Kellen · 06.07.2020
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Seine Heiligkeit, der Dalai Lama, hat zu seinem 85. Geburtstag sein erstes Musikalbum veröffentlicht. Zu meditativer Musik rezitiert er Mantras und spricht über Weisheit, Mut und Kinder. Das Werk fällt in die Kategorie "Besser als befürchtet".
Mit seinem Album "Inner World" macht sich der Dalai Lama jetzt zum vermutlich ältesten Newcomer der Popgeschichte. Immerhin feiert der Mann heute seinen 85. Geburtstag.
Entstanden ist das Album laut einer Meldung des amerikanischen "Rolling Stone" auf Initiative eines neuseeländischen Musikerpaares. Junelle Kunin ist ehemalige Schülerin des Dalai Lama. Im Internet suchte sie nach Reden ihres Meisters mit entspannender Musik und fand nichts. Also wandte sie sich mit der Idee an das Büro seiner Heiligkeit – und wurde abgelehnt. 2015 überreichte sie einem seiner Assistenten in Indien einen persönlichen Brief. Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn 2015 hatte der Dalai Lama zum ersten Mal Popstar-Luft gewittert.

Der Dalai Lama will wie Patti Smith sein

An seinem 80. Geburtstag erklomm er die Bühne des renommierten Glastonbury-Festivals in England. Unter Anleitung der Proto-Punk-Ikone Patti Smith sang das Publikum "Happy Birthday", der Dalai blies unter großem Applaus die Kerzen auf einer Geburtstagstorte aus. Um anschließend mit seinem ihm eigenen Humor in Richtung von Patti Smith und ihrer Band zu bemerken: "Die meisten von euch Musikern haben schon graues Haar. Aber eure Stimmen und eure Bewegungen sehen sehr schön aus, sehr kraftvoll. Das ermutigt mich. Ich bin jetzt 80, aber ich sollte mehr wie ihr sein."
Und das hat er jetzt wahrgemacht – with a little help from his friends. Für das Album rezitierte der Dalai die Mantras von sieben Buddhas und sprach über Themen wie Weisheit, Mut, Heilung und Kinder. Anschließend setzte sich Junelle Kunin mit ihrem Mann Abraham hin und komponierte die Musik. Die beiden spielten auch die meisten Instrumente. With a little help from his friends, wie zum Beispiel Anouschka Shankar, der Tochter des Sitar-Meisters Ravi Shankar.
Musikalisch betrachtet fällt das Album in die Kategorie "Besser als befürchtet". Mit seinen gefällig-meditativen Klängen ist es aber auch sehr erwartbar. Eine Erleuchtung ist hier wohl nicht zu erwarten. Aber wer weiß, vielleicht landet seine Heiligkeit mit dem Sanskrit-Mantra "Om mani padme hum" noch einen veritablen Hit. Eingängig ist das Stück auf jeden Fall.

Wave-Videos liegen im Trend

Mit dieser Art der Vertonung ist das Album, dessen Erlös komplett gespendet wird, allerdings auch Teil eines größeren Trends. Zu Beginn der Coronakrise tauchte ein Video im Internet auf mit dem Titel: "lo fi merkelwave beats to relax/get nothing done to".
Sogenannte "Wave"-Videos, in denen pointierte Aussagen bekannter öffentlicher Personen von Greta Thunberg über Boris Johnson bis zu Philip Amthor auf Lo-Fi Beats montiert werden, sind mittlerweile angesagt. Die meisten dürften diese Musik allerdings ironisch hören. Im Jahr 2015 wurde nach deisem Prinzip auch eine CD von Papst Franziskus produziert.
Wobei die Worte spiritueller Führer für solche Vertonungen besonders anfällig sind. Schon 1987 machte Holger Czukay aus dem damals 67-jährigen Johannes Paul II. einen "Popestar". Der Dalai Lama legt mit seinen 85 Jahren die Latte aber noch um einiges höher. Und beweist: Um Popstar zu werden, ist es nie zu spät.
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