Dahingeplapper ohne Kraft und Ironie

Von Hartmut Krug · 22.06.2010
Das erste Theaterstück von Schriftsteller Jakob Hein sollte eine Talkshowparodie werden - mit ihm selbst und TV-Kabarettist Kurt Krömer auf der Bühne. Statt bissiger Mediensatire präsentierten sie aber nur eine Dilettantenshow mit schlechten Scherzen.
Dieser Abend musste einfach ein Komödienkracher werden: Der Komiker Kurt Krömer, dessen parodistische Talkshows eine Fangemeinde besitzen, spielt mit dem Autor Jakob Hein in dessen erstem Theaterstück, und die Uraufführung dieser Talkshowparodie wird inszeniert vom Filmregisseur Jochen A. Freydank.

Der besitzt zwar keine Erfahrungen als Theaterregisseur, hat aber immerhin für seinen kleinen "Spielzeugland"-Film einen Oscar bekommen. Entsprechend erwartungsfroh und lachbereit war das Fan-Publikum, das Kurt Krömer bei seinem zweiten Ausflug auf eine Theaterbühne erwartete (der erste des schauspielerischen Autodidakten Krömer, in der Rolle eines Theaterdirektors in einem 70 Jahre alten Broadway-Boulevardklassiker, war an der Schaubühne allerdings ziemlich schief gegangen).

"Stars von gestern" heißt die Fernsehshow, die das künstlerische Freundespaar Krömer/Hein als Mediensatire auf der riesigen Bühne am Luxemburgplatz vorzuspielen versucht. Heraus kommt dabei aber nur ein matter Kumpelscherz.

Was die beiden zeigen, ist weder eine scharfe Mediensatire noch komödiantisches Theater, sondern eine steife, sich von schlechten Scherzen zu bärtigen Kalauern hangelnde Dilettantenshow. Krömer hüpft im goldenen Anzug unterm Fellmantel äffisch auf eine Bühne mit typischer Talkshow-Szenerie, mit Musikband, Sofa und Leinwand für die Werbeeinblendungen.

Er soll Johnny Chicago verkörpern, einen 10.000 Jahre alten Mann, während Autor Jakob Hein den Moderator Kai Kacke (!) zu spielen versucht. Beide sind, das wird schnell schmerzlich deutlich, keine Schauspieler. Und die Texte von Hein, dessen Kurzgeschichten in ihrer sprachlich kühlen Präzision überzeugen, sind ein Dahingeplapper ohne Kraft und Ironie.

Während Krömer im Fernsehen als improvisierende Kunstfigur begeistert, liefert er auf der Bühne Heins auswendig gelernte Texte nur mit staksig-statischer Körpersprache und undeutlicher Artikulation ab.

Während Johnny eigentlich nur ein Lied von seiner CD singen und für seine Tournee werben will, fragt ihn der Moderator nach Erlebnissen aus mehreren Zeitaltern seines langen Lebens. In "Einspielern" zeigt Johnny Episoden aus seinem Leben: In der Steinzeit heißt Kommunikation "Knüppeln" mit riesiger Keule, im Mittelalter erzählt der alte Mann als Hofnarr bei Udo, dem Unvollkommenen, ebenso alte, flaue Witzchen, von Jesus lässt er sich sein Wasser zu Wein verwandeln, will aber nicht Jünger sein, und als tuntiger Frisör verschneidet er Hitler dessen Bart zur bekannten Form.

All das wird so ungelenk dargeboten, als sei kein Regisseur beteiligt gewesen. Kein Wunder, dass die Schauspielerin Inka Löwendorf, die in der Rolle der Talkshowassistentin auch alle anderen Figuren verkörpert und am Schluss den Löwenanteil des flauen Applauses erhält, vor der Pause in einen inszenierten Wutausbruch ausbricht.

Sie wolle endlich mit richtigen Schauspielern spielen, und Medienkritik sei das überhaupt nicht. Auch diese Chauvi-Scheiße, dass sie in einem Rock herum rennen müsse, der nicht größer als ihr Schlüpper sei, regt sie auf. Mit dem Insider-Scherz, sie suche jetzt einen neuen Chefdramaturgen, stürmt sie von der Bühne.

Damit war alles gesagt, was zu diesem Abend zu sagen ist. Doch die beiden Männer machten auf dem alten Niveau weiter, sie setzten sich nebeneinander auf Klos und stritten mit klappernden Türen über ihre Rollen und das Stück. Vergessen wir diesen niveaulosen Abend schnell, er tat weh.

Johnny Chicago
Von Jakob Hein
Premiere an der Volksbühne Berlin
Regie: Jochen A. Freydank
Musik: Ingo Frenzel
Bühnenbildner/ -in: Tom Hornig
Kostüme: Kathrin Krumbein
Licht: Johannes Zotz
Dramaturgie: Sabrina Zwach
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