Da geht's lang. Aber manchmal auch nicht.
Das Leben ist ein Irrweg, von dem nur der Mensch glaubt, es sei eine Gerade. So begibt er sich schnell und geradewegs auf den Irrweg, sucht er in Berlin eine bestimmte Hausnummer. Zu einem Leidensweg kann für Ortsunkundige die Irrfahrt in der Kölner Innenstadt werden. Und nur beschränkt auskunftsfreudige Personen sind die Mitarbeiter der Zentralen Briefermittlungsstelle in Marburg, die auf Empfängersuche für Liebes- und sonstige Grüße-Irrläufer sind.
Kleine Leidensgeschichte
Köln
Von Herbert Hoven
Wer in Köln aus dem Hauptbahnhof steigt, dem fällt der Dom auf den Kopf. Will er das verhindern und nähert sich mit dem Auto der Innenstadt, dann fasst er sich an den Kopf. Mehrfach, jedenfalls so er ortsunkundig und auf den Stadtplan angewiesen ist. Als unerfahrener Kölner kommt er nämlich viel herum, aber schwerlich dorthin, wo er eigentlich gleich aussteigen wollte. Das kann nämlich eine ganze Weile dauern. Auch wenn er um Hilfe bittet. Ja, da in Köln braucht man viel Humor.
"Hääh?!"
Einmal angenommen: Etwas orientierungslos stehen sie an der Ecke Friesenplatz/Hohenzollernring und erkundigen sich nach der Straße Burgmauer. Ihr Ziel ist möglicherweise das Metroplitankapitel, jener geheime Aufsichtsrat des Doms, der das absolute Sagen in klerikalen wie in weltlichen Angelegenheiten hat.
"Kein Problem", beruhigt sie die freundliche Politesse, in ca. drei Minuten seien sie am Ziel.
Sie fahren also die Magnusstraße in Richtung Dom.
Nach ungefähr 1000 Metern gehe die Magnusstraße in die Burgmauer über. Etwas angestrengt behalten sie ihren Tacho im Auge, um rechtzeitig nach einem Parkplatz Ausschau zu halten. Ihre Suche hat offensichtlich ein wenig zu lang gedauert, denn im Nu befinden sie sich auf der Komödienstraße. Und wenn sie jetzt nicht aufpassen, geraten sie nach 300 Metern auf die Zufahrt zum Rheinufertunnel - und hier haben sie nur noch die Möglichkeit in Richtung Bonn oder Düsseldorf abzubiegen.
Irgendwie kriegen sie dann aber doch noch die Kurve, steigen in der Kömödienstraße aus und gehen zurück in Richtung Burgmauer. Die Hausnummer "1 A" suchen dort allerdings vergeblich.
Nach einigem hin und her dann die zuversichtliche Auskunft eines Ortskundigen. Die Burgmauer mit den Hausnummern "1" bis "3" und "2" bis "28" liege oberhalb und parallel zur Komödienstraße, eben dort, wo sie geparkt haben, verdeckt allerdings durch eine Häuserzeile und erreichbar über eine Treppe. Natürlich, mit dem Auto gehe es auch.
Eine Kehrtwendung und wieder zurück in die Richtung, aus der sie gekommen sind. Dann links in die Nord-Süd-Fahrt einbiegen, die an dieser Stelle als Tunisstraße ausgeschildert ist, was aber kaum jemand weiß. Nach ca. 200 Metern wieder links in die Breite Straße einbiegen, die nach 30 Metern zur Minoritenstraße wird. Nach weiteren 20 Metern unbedingt links in die Drususgasse einbiegen. Nach 120 Metern kreuzt die Straße An der Rechtsschule. Und jetzt, ja, das müssten sie riskieren, ein paar Meter links gegen die Einbahnstraße fahren, um dann rechts in die Mariengartengasse einzubiegen, die in einer Rechtskurve nach etwa 200 Metern zur Burgmauer wird. Überflüssig zu sagen, dass die Straßen ab Komödienstraße alles Einbahnstraßen sind. Der Kolpingplatz, den sie auf diesen paar 100 Metern auch passiert haben, ist ihnen zum Glück nicht aufgefallen.
"Ich fasse es nicht!"
In der Tiefe des Raumes erkennen sie das Westportal des Kölner Doms und der Blick entschädigt.
Drehen sie sich jetzt um 180 Grad und gehen ein paar Schritte zurück, dann stehen sie an einer Mauerbrüstung und unter ihnen liegt ein anderer Teil Burgmauer. Oder ist es die Komödienstraße oder gar die Zeughausstraße?
Dieses Chaos hat seine Ursache weder in den römischen noch in den mittelalterlichen Strukturen der Stadt, sondern in der Stadtplanung der 1950er Jahre, in der eine sechsspurige Schnellstraße den mittelalterlichen Stadtkern durchschnitten hat. Die sogenannte Nord-Süd-Fahrt begrub ganze Häuserzeilen unter sich oder durchtrennte den oberen Teil einer Straße vom unteren Teil.
Na toll! Die Ratspolitiker versuchten Köln auf Weltstadt zu trimmen und … landeten beim Durcheinander.
Dieses Durcheinander von den römischen Anfängen über das mittelalterliche Köln bis zur vermeintlichen Weltläufigkeit der Stadt, macht auch die Suche nach innerstädtischen Parkhäusern nicht einfach.
"Clever parken mit System" heißt ein vor kurzem erschienener Faltplan des "Amtes für Straßen und Verkehrstechnik". Darin wird der Rat suchende Autofahrer informiert, dass es in Köln blaue "aktive" und orangefarbene "passive" Hinweisschilder zu den einzelnen Parkhäusern gibt. Soweit, so nicht gut. Denn es gibt auch noch grüne und gelbe Hinweisschilder. Und wenn es hart auf hart kommt, findet man alle vier Markierungen auf ein und derselben Tafel.
Diverse Suchanzeigen
Marburg
Von Claus Stephan Rehfeld
"Was bin ich?" – die Sendung von und mit Robert Lembke ist uns in guter Erinnerung. Die Frage wurde einmal im Monat gestellt und mal beantwortet, mal nicht. "Wer bin ich?" – die Frage nun stellt sich täglich in Marburg. Von Briefen ohne Adressen, von der Empfängersuche sowie von einigen Begebenheiten verschiedener Art erzählt der folgende Beitrag. Er erreichte uns aus der Zentralen Briefermittlungsstelle der Post.
"Ruhe, Männer! Mit Namen müssen wir verschwiegen sein."
Stille Post da in Marburg.
"Das war's."
Der Herr Schweiger hat dem Brief- und Postgeheimnis ewige Treue geschworen. Die Scheidungsrate ist hier vermutlich größer als die der Dienstvergehen. Also greift sich der Schweiger vom rechten Briefstapel die nächste Briefsendung. Ein Video.
Was also gibt es zu berichten? Außer so Geschichten von Brillanten, Goldmünzen, Handschellen und dergleichen, die hier anlanden. Also was man heutzutage halt so braucht. Führerscheine, Geldkarten, Darstellungsmappen und Briefe von da nach dort. In Postsendungen, die der Vermerk schmückt "Empfänger unbekannt". Und dann noch die diversen Brief-Vermisst-Anzeigen.
"Der Kunde sagt immer 'Ach, das ist ja interessant'. Was machen Sie?! Dann sage ich: Ja, ja, die Briefe werden bei uns geöffnet. Dann wird nachgeschaut, ob es einen Empfangsberechtigten gibt. Was, das gibt’s ja net. Das habe ich ja noch nie gehört. Das ist ja interessant!"
Alles Routine, sagt der Herr Gruß. Alles Routine ertönt es unisono von der Abteilung Stille Post. Man sei halt Beamter im Briefermittlungsdienst der Deutschen Post AG, arbeite in der Abteilung Kunden, Service, Qualität. Punktum, irgendwelche Schmunzetten - Fehlanzeige.
In den Briefen stehe viel drin, aber drauf eben zu wenig. Und Marburg soll helfen - mit Telefon- und Adressbüchern, mit Nachfragen und Erfahrungen. Also: Nichts da von wegen …., jedenfalls nicht wie damals in der Fernsehserie "Briefgeheimnis".
"Und da haben sie so einen Heroinring aufgedeckt. Nein, ein Bauskandal war das. Von der Dienststelle, können Sie mal sehen, sind die zu zweit nach Frankfurt gefahren und haben da irgendwas ermittelt. Hier oben, kann man sich nur an den Kopf fassen. Und das wird dann so verkauft."
Herr Gruß tippt sich noch an den Kopf und macht Mittagspause von Lebensläufen, Versprechungen und Aufkündigungen, besprochenen Tonbänder und gefilmten Hochzeiten. Über allen steht der Dienstweg. Auch über einer wirren Botschaft an einen Herrn Adolf H. in Berlin, die uns mitteilt: Töte Sie, wenn es regnet.
"Der kriegt sogar ein eigenes Aktenzeichen. 21541 kriegt der. Als wenn der ganz normal wär."
Herr Peter grinst und das Dokument des Schwachsinns geht seinen Dienstweg. Ein Aktenzeichen. Weiter geht’s auf dem Dienstweg.
"Die haben ihren Vermerk rauf gemacht, dass der Empfänger unbekannt ist in Berlin."
"Könnten doch schreiben, dass der verstorben ist."
"Ja, gut, der Briefträger dort wird sich hüten zu schreiben, dass er verstorben ist."
Die Aufklärungsquote beträgt so 60 Prozent in der Briefermittlungsstelle. Tagewerk, Routine, kein Stoff, aus dem Träume sind.
"Nein, nicht. Dazu bin ich viel zu lange Postler. Ja, so ist das."
Tja, so ist das mit den Träumen, mit der Suche nach Absendern oder Empfängern. Und gelegentlich mit Aufschriften in Spiegelschrift oder mit Morsezeichen. Und Inhalten wie so Sexsachen und so.
"Ja, ja. Wir werden mit allen Möglichkeiten konfrontiert. Ja ja, das ist … bembembem … das ist die Firma in Flensburg ist, weiß man, aber …"
Manchmal Zahlenlücken
Berlin
Von Mandy Schielke
Det is ne Nummer, sagt der Berliner, erspart sich damit eine Handbewegung an den Kopf und meint damit ’ne Type, die von tuten und blasen keene Ahnung nich hat, zum Beispiel von Hausnummern. Da ist die Lage dem Hiesigen eineindeutig. Wo kürzlich noch Leere war und jetzt ein Haus steht, da muss eine Nummer her, eine Hausnummer, gerade oder ungerade, mit Buchstabenzusatz oder ohne. Auch wenn eigentlich schon alle Hausnummern vergeben sind.
Die schmalen, blitzblanken Stadthäuser mit ihren großen Fenstern, die jetzt in der Oberwallstraße unweit des Gendarmenmarkts stehen, sind dem Zahlenstrahl folgend nummeriert: 11, 12, 13 und so weiter. Gleich um die Ecke im Caroline-von-Humboldt Weg ist das ganz anderes. Von wegen Zahlenstrahl. Dort wird im Zickzack nummeriert. Und zwar:
"Nach den heutigen Grundsätzen wechselseitig. Das ist Standard, in Europa wechselseitig zu nummerieren."
Auf der einen Straße die geraden Zahlen, auf der anderen die ungeraden. In manchen Berliner Straßen gibt es gar beides. Zickzack und Zahlenstrahl. In der Heinrich Heine Straße zum Beispiel. Vom Innenstadtkern aus geht es, was die Hausnummern angeht, wechselseitig Richtung Kreuzberg. Zwischen Dresdener Straße und Sebastianstraße ist jedoch alles anders - Zahlenstrahl, so wie vor 200 Jahren. Ein Wirrwarr?
"So kann man das eigentlich nicht sagen. Wir sind ja dazu da, dass die Verwirrung nicht entsteht und beseitigt wird."
Durch Schilder zum Beispiel. Nur gelingt auch das nicht immer. Da gibt es die Hausnummer 60 in der Kollwitzstraße im Prenzlauer Berg. Ein hübscher Altbau, wie überall in dieser Gegend. An der grün gestrichenen, schweren Tür ein Emailleschild mit der Nummer 60, darunter ein Pfeil der nach rechts zeigt. Daneben wieder die 60, nur zeigt der Pfeil diesmal nach links. Wo ist sie nur, die 60?
Manchmal hat in der Vergangenheit aber nicht die Hausnummernverordnung über die Zahl an einer Berliner Eingangstür entschieden, sondern Aberglaube.
"Da ist mir ein Fall bekannt, in Charlottenburg. Da hat man wirklich vermieden die 13 zu vergeben und hat dann die 12 a vergeben."
Und in den Seitenstraßen vom Kurfürstendamm wird möglichst weit zum Boulevard hinnummeriert. Hier geht es nicht um Aberglauben, sondern um Eitelkeit. Die Haustür, über der mit silberner Schrift "Gartenhaus Kurfürstendamm 53" steht, ist gar nicht auf dem Kurfürstendamm, sondern in der Wielandstraße.
"Es ist ja auch nicht falsch."
Aber nervenaufreibend für denjenigen, der den Boulevard vergeblich nach der Hausnummer 53 absucht.
"Es ist halt unschön, sage ich mal."
Einverstanden. Seit 1799 gibt es in Berlin Hausnummern, erklärt Bernhard Wittstock. An ihnen entlang hat der 53-Jährige in die Vergangenheit getastet und im Selbstverlag ein Buch veröffentlicht. "Ziffer – Zahl – Ordnung. Die Berliner Hausnummer von den Anfängen Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart im deutschen und europäischen Kontext." Fünf Bände, 2827 Seiten. Die Sache mit den Hausnummern ist für ihn kein Job, sondern eine Leidenschaft. Von ihr, der Nummer, kann er nicht lassen, auch nicht in den Ferien.
"Ich gucke schon immer. In den letzten Jahren grundsätzlich, immer. Meine Frau lästert schon immer, ob ick nicht och mal in die Geschäfte gucken kann!"
Kontinuität ist in Berlin eine Seltenheit. Vor allem im Zentrum, also da, wo Bernhard Wittstock Herr über die Hausnummern ist. Wo gestern noch nichts war, steht jetzt ein Penthouse, ein Bürogebäude oder ein Hotel. Letzter Fall: Ella-Trebe-Straße direkt hinter dem Hauptbahnhof.
"In der Straße gibt es außer diesem einen Hotelneubau noch gar nichts und der steht aber nicht am Anfang oder am Ende der Straße, sondern mittendrin. Und das ist dann so, da muss man sich entscheiden. Was vergibt man denn jetzt für einen Nummer?"
Noch ist nichts entschieden. Bitten nach einer bestimmten Zahl durch den Hotelbesitzer, musste der Beamte bereits ablehnen. So verlangt es die Vorschrift. Wittstock muss Grundrisse wälzen und einen Nummernvorrat anlegen für die Lücken in der Ella-Trebe-Straße, die irgendwann keine mehr sein werden.
Kleine Vermisstenanzeige
Internet
Von Gerd Brendel
Der Herr da am Schreibtisch hat wieder seiner Lieblingsseite im Internet angesteuert. Ein Chatportal teilt ihm gerade mit, dass er bis dato 731 Stunden und 30 Minuten eingeloggt war. Und sollte es stimmen, dass Quantität irgendwann mal in Qualität umschlägt, dann dürfte ihn die Verweildauer demnächst zum unschlagbaren Internet-Experten machen. Davon gibt es viele und er gehört dann zur großen Schar derer, die weltweit an einem Selbstversuch teilnehmen. Wer ihn überleben sollte, darf dann seinen Bericht veröffentlichen unter: www.Wie-ich-im-Internet-verloren-ging. Tschüß.
Das kennt ja jeder, der schon mal im Netz unterwegs war. Man sucht nach Urlaubspensionen auf Mallorca und landet auf Reklameseiten für Osborne-Brandy, man googelt nach einem Liebesgedicht und landet auf einem Pornoportal, man sucht nach einer Berliner Adresse und muss sich durch die Familienfotos einer amerikanischen Großfamilie aus "Börlin" / Kentucky klicken. Das Problem fängt dann an, wenn die Pornoseiten geheime Wünsche wecken und die Familienfotos zum Schreien komisch sind. Schon werden aus Minuten Stunden. Und Gnade dem User, der keine Flatrate gebucht hat. Das Internet ist wie ein Labyrinth ohne Aussichtsturm: Alle Hecken sind gleich hoch - Suchmaschinen suchen nach Begriffen, nicht nach tieferer Bedeutung.
Auf der Suche nach einer sinnvollen Geschichte zum Thema "Wie ich im Internet verloren ging" zum Beispiel zeigt Google 1.350.000 Einträge an, die von verlorenen Paketen, von verlorener Liebe und von verlorenen Internet-Verbindungen handeln. Hoffnungsfroher stimmt die Suche nach dem Stichwort "Internet-Labyrinth". Gleich vier Dutzend Seiten mit virtuellen Irrgärten fordern mich auf, den Download-Knopf zu klicken. Leider versagt mein Rechner gleich beim ersten Versuch, die umfangreiche Spiele-Software zu installieren. Als ich den Computer wieder hochfahre, lasse ich die Finger von animierten Internet-Rätselbildern, sondern klicke auf einen Artikel über vom Internet überforderte Studenten.
Leider kann ich mir im Gegensatz zu Studierenden einen Motivationsabfall nicht leisten, mein Abgabetermin rückt unerbittlich näher. Und noch immer habe ich keine Geschichte. Ein Anruf bei einem befreundeten Web-erfahrenen Designer lässt mich hoffen. Versuch’s doch mal mit der Seite "Assoziations-Blaster", empfiehlt er.
Ein Versprechen, das sich schlagartig erfüllt, als ich "Internet-Labyrinth" eingebe. Verheißungsvolle "361 Einträge" zeigt die Statistik. User "Internetsüchtig" glänzt mit der Aussage: "Das Internet ist ein Spiegel der Gesellschaft."
Nach drei Stunden unterwegs in den Windungen von "Google", "Assoziationsblaster", "youtube" und myspace", 100 Fotos des Labyrinths von Chartre, einer unübersehbaren Menge von Einträgen zum Labyrinth des Minotaurus später lande ich auf der Seite: Labyrinth und innerer Friede.
"Das Labyrinth weist den Weg zum inneren Selbst". lese ich.
Die Erkenntnis trifft mich wie die neuste Flash-Animation meines Lieblingscomputerspiels. Bebend vor Erkenntnisdrang tippe ich meinen eigenen Namen in das Feld mit der Lupe bei meiner Suchmaschine. Es erscheinen 94.600 Einträge zu meinem Namen. Unter anderem bin ich laut Google Schornsteinfeger in Böblingen, Kriminalkommissar in Bad Godesberg, spiele in der Altherrenriege des SG Weinsheim (mit Foto), habe 300 Freunde bei MySpace und genieße das Leben gerne bei einem guten Tropfen. Die knapp 100.000 virtuellen Spiegelbilder lassen mich schwindlig werden. Was ist real, was virtuell?
… bevor ein Krampf meinen Tippfinger lahmlegt, verspüre ich plötzlich ein unbändiges Verlangen nach realen Rauschmitteln. Ein letzter Klick. Der Getränkeservice meiner Wahl verspricht auf seiner Homepage "Lieferservice frei Haus, ab drei Kästen." Als es an der Wohnungstür klingelt, drücke ich automatisch die Enter-Taste und wundere mich, dass mir kein freundlicher Barkeeper erscheint und ein Brandyglas aus dem Bildschirm herausreicht.
Köln
Von Herbert Hoven
Wer in Köln aus dem Hauptbahnhof steigt, dem fällt der Dom auf den Kopf. Will er das verhindern und nähert sich mit dem Auto der Innenstadt, dann fasst er sich an den Kopf. Mehrfach, jedenfalls so er ortsunkundig und auf den Stadtplan angewiesen ist. Als unerfahrener Kölner kommt er nämlich viel herum, aber schwerlich dorthin, wo er eigentlich gleich aussteigen wollte. Das kann nämlich eine ganze Weile dauern. Auch wenn er um Hilfe bittet. Ja, da in Köln braucht man viel Humor.
"Hääh?!"
Einmal angenommen: Etwas orientierungslos stehen sie an der Ecke Friesenplatz/Hohenzollernring und erkundigen sich nach der Straße Burgmauer. Ihr Ziel ist möglicherweise das Metroplitankapitel, jener geheime Aufsichtsrat des Doms, der das absolute Sagen in klerikalen wie in weltlichen Angelegenheiten hat.
"Kein Problem", beruhigt sie die freundliche Politesse, in ca. drei Minuten seien sie am Ziel.
Sie fahren also die Magnusstraße in Richtung Dom.
Nach ungefähr 1000 Metern gehe die Magnusstraße in die Burgmauer über. Etwas angestrengt behalten sie ihren Tacho im Auge, um rechtzeitig nach einem Parkplatz Ausschau zu halten. Ihre Suche hat offensichtlich ein wenig zu lang gedauert, denn im Nu befinden sie sich auf der Komödienstraße. Und wenn sie jetzt nicht aufpassen, geraten sie nach 300 Metern auf die Zufahrt zum Rheinufertunnel - und hier haben sie nur noch die Möglichkeit in Richtung Bonn oder Düsseldorf abzubiegen.
Irgendwie kriegen sie dann aber doch noch die Kurve, steigen in der Kömödienstraße aus und gehen zurück in Richtung Burgmauer. Die Hausnummer "1 A" suchen dort allerdings vergeblich.
Nach einigem hin und her dann die zuversichtliche Auskunft eines Ortskundigen. Die Burgmauer mit den Hausnummern "1" bis "3" und "2" bis "28" liege oberhalb und parallel zur Komödienstraße, eben dort, wo sie geparkt haben, verdeckt allerdings durch eine Häuserzeile und erreichbar über eine Treppe. Natürlich, mit dem Auto gehe es auch.
Eine Kehrtwendung und wieder zurück in die Richtung, aus der sie gekommen sind. Dann links in die Nord-Süd-Fahrt einbiegen, die an dieser Stelle als Tunisstraße ausgeschildert ist, was aber kaum jemand weiß. Nach ca. 200 Metern wieder links in die Breite Straße einbiegen, die nach 30 Metern zur Minoritenstraße wird. Nach weiteren 20 Metern unbedingt links in die Drususgasse einbiegen. Nach 120 Metern kreuzt die Straße An der Rechtsschule. Und jetzt, ja, das müssten sie riskieren, ein paar Meter links gegen die Einbahnstraße fahren, um dann rechts in die Mariengartengasse einzubiegen, die in einer Rechtskurve nach etwa 200 Metern zur Burgmauer wird. Überflüssig zu sagen, dass die Straßen ab Komödienstraße alles Einbahnstraßen sind. Der Kolpingplatz, den sie auf diesen paar 100 Metern auch passiert haben, ist ihnen zum Glück nicht aufgefallen.
"Ich fasse es nicht!"
In der Tiefe des Raumes erkennen sie das Westportal des Kölner Doms und der Blick entschädigt.
Drehen sie sich jetzt um 180 Grad und gehen ein paar Schritte zurück, dann stehen sie an einer Mauerbrüstung und unter ihnen liegt ein anderer Teil Burgmauer. Oder ist es die Komödienstraße oder gar die Zeughausstraße?
Dieses Chaos hat seine Ursache weder in den römischen noch in den mittelalterlichen Strukturen der Stadt, sondern in der Stadtplanung der 1950er Jahre, in der eine sechsspurige Schnellstraße den mittelalterlichen Stadtkern durchschnitten hat. Die sogenannte Nord-Süd-Fahrt begrub ganze Häuserzeilen unter sich oder durchtrennte den oberen Teil einer Straße vom unteren Teil.
Na toll! Die Ratspolitiker versuchten Köln auf Weltstadt zu trimmen und … landeten beim Durcheinander.
Dieses Durcheinander von den römischen Anfängen über das mittelalterliche Köln bis zur vermeintlichen Weltläufigkeit der Stadt, macht auch die Suche nach innerstädtischen Parkhäusern nicht einfach.
"Clever parken mit System" heißt ein vor kurzem erschienener Faltplan des "Amtes für Straßen und Verkehrstechnik". Darin wird der Rat suchende Autofahrer informiert, dass es in Köln blaue "aktive" und orangefarbene "passive" Hinweisschilder zu den einzelnen Parkhäusern gibt. Soweit, so nicht gut. Denn es gibt auch noch grüne und gelbe Hinweisschilder. Und wenn es hart auf hart kommt, findet man alle vier Markierungen auf ein und derselben Tafel.
Diverse Suchanzeigen
Marburg
Von Claus Stephan Rehfeld
"Was bin ich?" – die Sendung von und mit Robert Lembke ist uns in guter Erinnerung. Die Frage wurde einmal im Monat gestellt und mal beantwortet, mal nicht. "Wer bin ich?" – die Frage nun stellt sich täglich in Marburg. Von Briefen ohne Adressen, von der Empfängersuche sowie von einigen Begebenheiten verschiedener Art erzählt der folgende Beitrag. Er erreichte uns aus der Zentralen Briefermittlungsstelle der Post.
"Ruhe, Männer! Mit Namen müssen wir verschwiegen sein."
Stille Post da in Marburg.
"Das war's."
Der Herr Schweiger hat dem Brief- und Postgeheimnis ewige Treue geschworen. Die Scheidungsrate ist hier vermutlich größer als die der Dienstvergehen. Also greift sich der Schweiger vom rechten Briefstapel die nächste Briefsendung. Ein Video.
Was also gibt es zu berichten? Außer so Geschichten von Brillanten, Goldmünzen, Handschellen und dergleichen, die hier anlanden. Also was man heutzutage halt so braucht. Führerscheine, Geldkarten, Darstellungsmappen und Briefe von da nach dort. In Postsendungen, die der Vermerk schmückt "Empfänger unbekannt". Und dann noch die diversen Brief-Vermisst-Anzeigen.
"Der Kunde sagt immer 'Ach, das ist ja interessant'. Was machen Sie?! Dann sage ich: Ja, ja, die Briefe werden bei uns geöffnet. Dann wird nachgeschaut, ob es einen Empfangsberechtigten gibt. Was, das gibt’s ja net. Das habe ich ja noch nie gehört. Das ist ja interessant!"
Alles Routine, sagt der Herr Gruß. Alles Routine ertönt es unisono von der Abteilung Stille Post. Man sei halt Beamter im Briefermittlungsdienst der Deutschen Post AG, arbeite in der Abteilung Kunden, Service, Qualität. Punktum, irgendwelche Schmunzetten - Fehlanzeige.
In den Briefen stehe viel drin, aber drauf eben zu wenig. Und Marburg soll helfen - mit Telefon- und Adressbüchern, mit Nachfragen und Erfahrungen. Also: Nichts da von wegen …., jedenfalls nicht wie damals in der Fernsehserie "Briefgeheimnis".
"Und da haben sie so einen Heroinring aufgedeckt. Nein, ein Bauskandal war das. Von der Dienststelle, können Sie mal sehen, sind die zu zweit nach Frankfurt gefahren und haben da irgendwas ermittelt. Hier oben, kann man sich nur an den Kopf fassen. Und das wird dann so verkauft."
Herr Gruß tippt sich noch an den Kopf und macht Mittagspause von Lebensläufen, Versprechungen und Aufkündigungen, besprochenen Tonbänder und gefilmten Hochzeiten. Über allen steht der Dienstweg. Auch über einer wirren Botschaft an einen Herrn Adolf H. in Berlin, die uns mitteilt: Töte Sie, wenn es regnet.
"Der kriegt sogar ein eigenes Aktenzeichen. 21541 kriegt der. Als wenn der ganz normal wär."
Herr Peter grinst und das Dokument des Schwachsinns geht seinen Dienstweg. Ein Aktenzeichen. Weiter geht’s auf dem Dienstweg.
"Die haben ihren Vermerk rauf gemacht, dass der Empfänger unbekannt ist in Berlin."
"Könnten doch schreiben, dass der verstorben ist."
"Ja, gut, der Briefträger dort wird sich hüten zu schreiben, dass er verstorben ist."
Die Aufklärungsquote beträgt so 60 Prozent in der Briefermittlungsstelle. Tagewerk, Routine, kein Stoff, aus dem Träume sind.
"Nein, nicht. Dazu bin ich viel zu lange Postler. Ja, so ist das."
Tja, so ist das mit den Träumen, mit der Suche nach Absendern oder Empfängern. Und gelegentlich mit Aufschriften in Spiegelschrift oder mit Morsezeichen. Und Inhalten wie so Sexsachen und so.
"Ja, ja. Wir werden mit allen Möglichkeiten konfrontiert. Ja ja, das ist … bembembem … das ist die Firma in Flensburg ist, weiß man, aber …"
Manchmal Zahlenlücken
Berlin
Von Mandy Schielke
Det is ne Nummer, sagt der Berliner, erspart sich damit eine Handbewegung an den Kopf und meint damit ’ne Type, die von tuten und blasen keene Ahnung nich hat, zum Beispiel von Hausnummern. Da ist die Lage dem Hiesigen eineindeutig. Wo kürzlich noch Leere war und jetzt ein Haus steht, da muss eine Nummer her, eine Hausnummer, gerade oder ungerade, mit Buchstabenzusatz oder ohne. Auch wenn eigentlich schon alle Hausnummern vergeben sind.
Die schmalen, blitzblanken Stadthäuser mit ihren großen Fenstern, die jetzt in der Oberwallstraße unweit des Gendarmenmarkts stehen, sind dem Zahlenstrahl folgend nummeriert: 11, 12, 13 und so weiter. Gleich um die Ecke im Caroline-von-Humboldt Weg ist das ganz anderes. Von wegen Zahlenstrahl. Dort wird im Zickzack nummeriert. Und zwar:
"Nach den heutigen Grundsätzen wechselseitig. Das ist Standard, in Europa wechselseitig zu nummerieren."
Auf der einen Straße die geraden Zahlen, auf der anderen die ungeraden. In manchen Berliner Straßen gibt es gar beides. Zickzack und Zahlenstrahl. In der Heinrich Heine Straße zum Beispiel. Vom Innenstadtkern aus geht es, was die Hausnummern angeht, wechselseitig Richtung Kreuzberg. Zwischen Dresdener Straße und Sebastianstraße ist jedoch alles anders - Zahlenstrahl, so wie vor 200 Jahren. Ein Wirrwarr?
"So kann man das eigentlich nicht sagen. Wir sind ja dazu da, dass die Verwirrung nicht entsteht und beseitigt wird."
Durch Schilder zum Beispiel. Nur gelingt auch das nicht immer. Da gibt es die Hausnummer 60 in der Kollwitzstraße im Prenzlauer Berg. Ein hübscher Altbau, wie überall in dieser Gegend. An der grün gestrichenen, schweren Tür ein Emailleschild mit der Nummer 60, darunter ein Pfeil der nach rechts zeigt. Daneben wieder die 60, nur zeigt der Pfeil diesmal nach links. Wo ist sie nur, die 60?
Manchmal hat in der Vergangenheit aber nicht die Hausnummernverordnung über die Zahl an einer Berliner Eingangstür entschieden, sondern Aberglaube.
"Da ist mir ein Fall bekannt, in Charlottenburg. Da hat man wirklich vermieden die 13 zu vergeben und hat dann die 12 a vergeben."
Und in den Seitenstraßen vom Kurfürstendamm wird möglichst weit zum Boulevard hinnummeriert. Hier geht es nicht um Aberglauben, sondern um Eitelkeit. Die Haustür, über der mit silberner Schrift "Gartenhaus Kurfürstendamm 53" steht, ist gar nicht auf dem Kurfürstendamm, sondern in der Wielandstraße.
"Es ist ja auch nicht falsch."
Aber nervenaufreibend für denjenigen, der den Boulevard vergeblich nach der Hausnummer 53 absucht.
"Es ist halt unschön, sage ich mal."
Einverstanden. Seit 1799 gibt es in Berlin Hausnummern, erklärt Bernhard Wittstock. An ihnen entlang hat der 53-Jährige in die Vergangenheit getastet und im Selbstverlag ein Buch veröffentlicht. "Ziffer – Zahl – Ordnung. Die Berliner Hausnummer von den Anfängen Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Gegenwart im deutschen und europäischen Kontext." Fünf Bände, 2827 Seiten. Die Sache mit den Hausnummern ist für ihn kein Job, sondern eine Leidenschaft. Von ihr, der Nummer, kann er nicht lassen, auch nicht in den Ferien.
"Ich gucke schon immer. In den letzten Jahren grundsätzlich, immer. Meine Frau lästert schon immer, ob ick nicht och mal in die Geschäfte gucken kann!"
Kontinuität ist in Berlin eine Seltenheit. Vor allem im Zentrum, also da, wo Bernhard Wittstock Herr über die Hausnummern ist. Wo gestern noch nichts war, steht jetzt ein Penthouse, ein Bürogebäude oder ein Hotel. Letzter Fall: Ella-Trebe-Straße direkt hinter dem Hauptbahnhof.
"In der Straße gibt es außer diesem einen Hotelneubau noch gar nichts und der steht aber nicht am Anfang oder am Ende der Straße, sondern mittendrin. Und das ist dann so, da muss man sich entscheiden. Was vergibt man denn jetzt für einen Nummer?"
Noch ist nichts entschieden. Bitten nach einer bestimmten Zahl durch den Hotelbesitzer, musste der Beamte bereits ablehnen. So verlangt es die Vorschrift. Wittstock muss Grundrisse wälzen und einen Nummernvorrat anlegen für die Lücken in der Ella-Trebe-Straße, die irgendwann keine mehr sein werden.
Kleine Vermisstenanzeige
Internet
Von Gerd Brendel
Der Herr da am Schreibtisch hat wieder seiner Lieblingsseite im Internet angesteuert. Ein Chatportal teilt ihm gerade mit, dass er bis dato 731 Stunden und 30 Minuten eingeloggt war. Und sollte es stimmen, dass Quantität irgendwann mal in Qualität umschlägt, dann dürfte ihn die Verweildauer demnächst zum unschlagbaren Internet-Experten machen. Davon gibt es viele und er gehört dann zur großen Schar derer, die weltweit an einem Selbstversuch teilnehmen. Wer ihn überleben sollte, darf dann seinen Bericht veröffentlichen unter: www.Wie-ich-im-Internet-verloren-ging. Tschüß.
Das kennt ja jeder, der schon mal im Netz unterwegs war. Man sucht nach Urlaubspensionen auf Mallorca und landet auf Reklameseiten für Osborne-Brandy, man googelt nach einem Liebesgedicht und landet auf einem Pornoportal, man sucht nach einer Berliner Adresse und muss sich durch die Familienfotos einer amerikanischen Großfamilie aus "Börlin" / Kentucky klicken. Das Problem fängt dann an, wenn die Pornoseiten geheime Wünsche wecken und die Familienfotos zum Schreien komisch sind. Schon werden aus Minuten Stunden. Und Gnade dem User, der keine Flatrate gebucht hat. Das Internet ist wie ein Labyrinth ohne Aussichtsturm: Alle Hecken sind gleich hoch - Suchmaschinen suchen nach Begriffen, nicht nach tieferer Bedeutung.
Auf der Suche nach einer sinnvollen Geschichte zum Thema "Wie ich im Internet verloren ging" zum Beispiel zeigt Google 1.350.000 Einträge an, die von verlorenen Paketen, von verlorener Liebe und von verlorenen Internet-Verbindungen handeln. Hoffnungsfroher stimmt die Suche nach dem Stichwort "Internet-Labyrinth". Gleich vier Dutzend Seiten mit virtuellen Irrgärten fordern mich auf, den Download-Knopf zu klicken. Leider versagt mein Rechner gleich beim ersten Versuch, die umfangreiche Spiele-Software zu installieren. Als ich den Computer wieder hochfahre, lasse ich die Finger von animierten Internet-Rätselbildern, sondern klicke auf einen Artikel über vom Internet überforderte Studenten.
Leider kann ich mir im Gegensatz zu Studierenden einen Motivationsabfall nicht leisten, mein Abgabetermin rückt unerbittlich näher. Und noch immer habe ich keine Geschichte. Ein Anruf bei einem befreundeten Web-erfahrenen Designer lässt mich hoffen. Versuch’s doch mal mit der Seite "Assoziations-Blaster", empfiehlt er.
Ein Versprechen, das sich schlagartig erfüllt, als ich "Internet-Labyrinth" eingebe. Verheißungsvolle "361 Einträge" zeigt die Statistik. User "Internetsüchtig" glänzt mit der Aussage: "Das Internet ist ein Spiegel der Gesellschaft."
Nach drei Stunden unterwegs in den Windungen von "Google", "Assoziationsblaster", "youtube" und myspace", 100 Fotos des Labyrinths von Chartre, einer unübersehbaren Menge von Einträgen zum Labyrinth des Minotaurus später lande ich auf der Seite: Labyrinth und innerer Friede.
"Das Labyrinth weist den Weg zum inneren Selbst". lese ich.
Die Erkenntnis trifft mich wie die neuste Flash-Animation meines Lieblingscomputerspiels. Bebend vor Erkenntnisdrang tippe ich meinen eigenen Namen in das Feld mit der Lupe bei meiner Suchmaschine. Es erscheinen 94.600 Einträge zu meinem Namen. Unter anderem bin ich laut Google Schornsteinfeger in Böblingen, Kriminalkommissar in Bad Godesberg, spiele in der Altherrenriege des SG Weinsheim (mit Foto), habe 300 Freunde bei MySpace und genieße das Leben gerne bei einem guten Tropfen. Die knapp 100.000 virtuellen Spiegelbilder lassen mich schwindlig werden. Was ist real, was virtuell?
… bevor ein Krampf meinen Tippfinger lahmlegt, verspüre ich plötzlich ein unbändiges Verlangen nach realen Rauschmitteln. Ein letzter Klick. Der Getränkeservice meiner Wahl verspricht auf seiner Homepage "Lieferservice frei Haus, ab drei Kästen." Als es an der Wohnungstür klingelt, drücke ich automatisch die Enter-Taste und wundere mich, dass mir kein freundlicher Barkeeper erscheint und ein Brandyglas aus dem Bildschirm herausreicht.