"Da, da - daaa!"
Bevor Kinder reden können, verständigen sie sich mit Blicken, Gesten, Lauten und Bewegungen. "Was will das Kind mir sagen?”, fragt Gwyneth Doherty-Sneddon, eine schottische Entwicklungspsychologin, in einem neuen Buch. Sie will den Leser darin schulen, Signale des Kindes richtig zu deuten und die Körpersprache der Kinder zu verstehen.
Wenn Erwachsene miteinander sprechen, läuft ein großer Teil ihres Austauschs ohne oder jenseits der Worte. Über die Sprache des Körpers regeln sie ihr Verhältnis zueinander, die "Intimdistanz”, wie Sozialpsychologen sagen. Bei kleinen Kindern beträgt diese gegenüber Fremden zum Beispiel 30 bis 90 Zentimeter. Ist der Erwachsene weiter weg, kommen sie näher, kommt er näher als 30 Zentimeter heran, ziehen sie sich zurück.
Wie Kinder sich körpersprachlich mitteilen, ist Thema des Buches von Gwyneth Doherty-Sneddon. Sie befasst sich mit vier Kanälen der Kommunikation: Gesten der Hand, Blick, Gesichtsausdruck und Berührung - wobei es unter dem Stichwort Berührung allerdings nur um die Wichtigkeit der Berührung des Kindes durch Erwachsene geht und nicht um Berühren als Kommunikationskanal des Kindes.
Bevor es sprechen kann, teilt ein Kind seine Absichten über Gesten mit. Es zeigt auf einen Gegenstand und sagt "da, da”. Damit kann es meinen: Schau, was ich entdeckt habe! Oder: Das will ich haben! Ob ein Kind mit einer Geste eine Bemerkung machen oder etwas mit ihrer Hilfe bekommen möchte, das herauszufinden ist Aufgabe des Erwachsenen.
Die Autorin interessiert vor allem, was uns die Gesten des Kindes über die Entwicklung seines Denkens mitteilen. Zum Beispiel, ob es schon Gegenstände erkennen oder ihnen eine Bedeutung geben kann. Denn die Entwicklung der Gestik bereitet die Entwicklung der Sprache vor. Ab dem zehnten Monat zum Beispiel zeigen Kinder auf Gegenstände; ab dem 11. Monat können sie symbolische Gesten benutzen, um etwas zu benennen, zum Beispiel eine Kreisbewegung der Hand für das Waschen des Gesichts.
Die Autorin gibt am Ende jedes Kapitels Hinweise dafür, was Eltern tun können, um ihr Kind zu fördern. Zum Beispiel mit kleinen Kindern gestisch zu spielen, wie man sich unterhält. Durch das ganze Buch zieht sich der Wunsch der Autorin, mit ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu beizutragen, dass Eltern es verstehen, möglichst viel an geistiger Leistung aus ihrem Kind herauszuholen.
Ihr geht es um die geistig-kognitive Entwicklung des Kindes, weniger um seine Gefühle. Und wenn sie über den Gesichtsausdruck als weiteren Kommunikationskanal schreibt, dann interessiert sie nicht, wie wir die Gefühle des Kindes besser in seinem Gesicht zu erkennen lernen. Vielmehr wie das Kind besser lernen kann, Gefühle im Gesicht anderer Menschen zu lesen. Ein praktischer Tipp lautet zum Beispiel, dass Eltern mit Kindern Comics mit Figuren lesen sollten, die Gefühle im Gesicht zeigen, um dann darüber zu sprechen, wie man diese erkennt. Denn je fähiger ein Kind darin sei, den Gesichtsausdruck eines anderen Menschen zu verstehen, desto größer sei auch seine soziale Kompetenz. Auch Lehrer sollten im mimischen Erkennen trainiert werden, weil sich aus der Mimik des Kindes erkennen lasse, ob ein Kind etwas verstanden habe.
Liest man im Titel "Die Körpersprache des Kindes verstehen lernen”, so erwartet man hierzulande wahrscheinlich eher ein Buch über die Sprache der Gefühle. Aber es ist ein angelsächsisches Buch, und so kommt es ganz pragmatisch daher auf der Suche danach, bei den Kindern selbst und im Kontakt mit ihnen, wie die Autorin schreibt, "die kommunikative Effizienz zu optimieren”. Das ist ungewohnt, aber in dem ungewohnten Blick auch interessant. Zum Beispiel schlussfolgert die Autorin, man solle Vierjährige beim Zählen gestikulieren lassen, weil sie dann leichter lernen; oder Fünfjährigen Sortieraufgaben nicht nur erklären, sondern auch zeigen. Aber in ihrem Kapitel über Berührung zeigt sie auch, wie wichtig es ist, dass Eltern auf die körpersprachlich geäußerten Bedürfnisse von Kindern feinfühlig und angemessen reagieren. Nur so nämlich stellt sich eine sichere emotionale Bindung des Kindes her, die für jede menschliche Entwicklung, auch für die Intelligenz, eine unerlässliche und förderliche Basis ist.
Gwyneth Doherty-Sneddon: Was will das Kind mir sagen? Die Körpersprache des Kindes verstehen lernen
Übersetzt von Astrid Hildenbrand
Bern: Hans Huber Verlag, 2005
19,95 Euro
Wie Kinder sich körpersprachlich mitteilen, ist Thema des Buches von Gwyneth Doherty-Sneddon. Sie befasst sich mit vier Kanälen der Kommunikation: Gesten der Hand, Blick, Gesichtsausdruck und Berührung - wobei es unter dem Stichwort Berührung allerdings nur um die Wichtigkeit der Berührung des Kindes durch Erwachsene geht und nicht um Berühren als Kommunikationskanal des Kindes.
Bevor es sprechen kann, teilt ein Kind seine Absichten über Gesten mit. Es zeigt auf einen Gegenstand und sagt "da, da”. Damit kann es meinen: Schau, was ich entdeckt habe! Oder: Das will ich haben! Ob ein Kind mit einer Geste eine Bemerkung machen oder etwas mit ihrer Hilfe bekommen möchte, das herauszufinden ist Aufgabe des Erwachsenen.
Die Autorin interessiert vor allem, was uns die Gesten des Kindes über die Entwicklung seines Denkens mitteilen. Zum Beispiel, ob es schon Gegenstände erkennen oder ihnen eine Bedeutung geben kann. Denn die Entwicklung der Gestik bereitet die Entwicklung der Sprache vor. Ab dem zehnten Monat zum Beispiel zeigen Kinder auf Gegenstände; ab dem 11. Monat können sie symbolische Gesten benutzen, um etwas zu benennen, zum Beispiel eine Kreisbewegung der Hand für das Waschen des Gesichts.
Die Autorin gibt am Ende jedes Kapitels Hinweise dafür, was Eltern tun können, um ihr Kind zu fördern. Zum Beispiel mit kleinen Kindern gestisch zu spielen, wie man sich unterhält. Durch das ganze Buch zieht sich der Wunsch der Autorin, mit ihren wissenschaftlichen Erkenntnissen dazu beizutragen, dass Eltern es verstehen, möglichst viel an geistiger Leistung aus ihrem Kind herauszuholen.
Ihr geht es um die geistig-kognitive Entwicklung des Kindes, weniger um seine Gefühle. Und wenn sie über den Gesichtsausdruck als weiteren Kommunikationskanal schreibt, dann interessiert sie nicht, wie wir die Gefühle des Kindes besser in seinem Gesicht zu erkennen lernen. Vielmehr wie das Kind besser lernen kann, Gefühle im Gesicht anderer Menschen zu lesen. Ein praktischer Tipp lautet zum Beispiel, dass Eltern mit Kindern Comics mit Figuren lesen sollten, die Gefühle im Gesicht zeigen, um dann darüber zu sprechen, wie man diese erkennt. Denn je fähiger ein Kind darin sei, den Gesichtsausdruck eines anderen Menschen zu verstehen, desto größer sei auch seine soziale Kompetenz. Auch Lehrer sollten im mimischen Erkennen trainiert werden, weil sich aus der Mimik des Kindes erkennen lasse, ob ein Kind etwas verstanden habe.
Liest man im Titel "Die Körpersprache des Kindes verstehen lernen”, so erwartet man hierzulande wahrscheinlich eher ein Buch über die Sprache der Gefühle. Aber es ist ein angelsächsisches Buch, und so kommt es ganz pragmatisch daher auf der Suche danach, bei den Kindern selbst und im Kontakt mit ihnen, wie die Autorin schreibt, "die kommunikative Effizienz zu optimieren”. Das ist ungewohnt, aber in dem ungewohnten Blick auch interessant. Zum Beispiel schlussfolgert die Autorin, man solle Vierjährige beim Zählen gestikulieren lassen, weil sie dann leichter lernen; oder Fünfjährigen Sortieraufgaben nicht nur erklären, sondern auch zeigen. Aber in ihrem Kapitel über Berührung zeigt sie auch, wie wichtig es ist, dass Eltern auf die körpersprachlich geäußerten Bedürfnisse von Kindern feinfühlig und angemessen reagieren. Nur so nämlich stellt sich eine sichere emotionale Bindung des Kindes her, die für jede menschliche Entwicklung, auch für die Intelligenz, eine unerlässliche und förderliche Basis ist.
Gwyneth Doherty-Sneddon: Was will das Kind mir sagen? Die Körpersprache des Kindes verstehen lernen
Übersetzt von Astrid Hildenbrand
Bern: Hans Huber Verlag, 2005
19,95 Euro