Corona-Prävention im Eigenbau

Eine Abzugshaube pro Tisch

08:47 Minuten
In einem Klassenzimmer ist über jedem Tisch eine selbst gebaute Abzugshaube montiert.
Nach ersten Messungen sollen mit dem selbstgebauten Abluftsystem 90 Prozent der Aerosole abgesaugt werden können. © Elena Klimach
Frank Helleis im Gespräch mit Axel Rahmlow · 23.11.2020
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Weil Lüftungsanlagen für Klassenzimmer teuer sind, haben sich Forscher vom Max-Planck-Institut im Baumarkt und im Internet nach Alternativen umgesehen. Für ihre Version braucht man nur 200 Euro, vier Laien und einen Vormittag Zeit.
Schulen und Kitas sollen offenbleiben: Das ist die Lehre, die Bund, Länder und Kommunen aus dem ersten Lockdown im Frühjahr gezogen haben. Für den Infektionsschutz sind dabei immer wieder Lüftungsanlagen im Gespräch.
Das Umweltbundesamt veranschlagt für gute Anlagen Kosten in Höhe von 1.000 bis 3.000 Euro pro Klassenzimmer. Einige Bundesländer haben bereits Förderprogramme aufgelegt. Doch die meisten zögern noch.
Falls dieses Zögern an dem hohen Preis liegt, könnte vielleicht Frank Helleis weiterhelfen. Er leitet die Gruppe Instrumentenentwicklung und Elektronik am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und hat eine Abluftanlage entwickelt, die nur 200 Euro kostet.

Rohre, Haken und Kabelbinder

Die nötigen Teile dazu könne man sich ganz einfach im Baumarkt und im Verpackungsmaterialhandel besorgen, erklärt Helleis. Man brauche dazu lediglich ein paar Rohre, Draht, Haken und Kabelbinder sowie Folienschläuche und Zwischenlegegitter.
Zusammen mit Lehrern und Eltern hat Helleis die Ablüftanlagen bereits zusammengebaut: "Wir brauchen so vier, fünf Leute und einen halben bis ganzen Vormittag – je nach Schwierigkeitsgrad, oder je nachdem, wie der Raum gestaltet ist pro Anlage."
Im Kern bestehe die Anlage dann aus Abzugshauben über jedem Tisch: "Je näher man an die Schadstoffquelle rangeht, desto effizienter kann man die Schadstoffe absaugen."

Über 3000 Interessenten

Die Schadstoffe würden dann in einem Abzugsrohr gesammelt und per Ventilator nach draußen geblasen. Die Lärmbelastung dabei sei sehr gering, sagt Helleis. Bei Messungen habe sich gezeigt, dass die Abzugshauben etwa 90 Prozent der Aerosole abgesaugt hätten.
Tests unter realen Bedingungen stehen zwar noch aus, jedoch ist Helleis sehr optimistisch, dass die Anforderungen des Bundesumweltamtes auch dann eingehalten werden können.
Das Infektionsrisiko könne durch die Anlage mindestens halbiert werden, sagt Helleis. Die Dokumentation für die Abluftanlage steht im Netz. Über 3.000 Interessenten hätten sich bereits gemeldet.
(sed)
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