Cornelia Scheel

Wie führen Sie das Lebenswerk Mildred Scheels fort?

Cornelia Scheel, Autorin und LGBT-Aktivistin
Cornelia Scheel, Autorin und LGBT-Aktivistin © © vvg-koeln
Cornelia Scheel im Gespräch mit Katrin Heise  · 16.03.2016
Als "First Lady" stand Mildred Scheel nie im Schatten ihres Mannes Walter Scheel. Die Ärztin setzte schon mit der Gründung der "Deutschen Krebshilfe" 1974 eigene Akzente. Ihre Tochter Cornelia Scheel hält die Erinnerung an ihre Mutter bis heute wach.
Cornelia Scheel vermisst ihre Mutter Mildred jeden Tag. Obwohl der Tag, an dem Mildred Scheel ihrer Krebserkrankung erlag, inzwischen 21 Jahre her ist. Als die Ärztin und alleinerziehende Mutter Mildred Scheel 1967 den FDP-Politiker Walter Scheel heiratete, freute die Tochter sich, endlich einen Vater zu haben. Cornelia Scheel wuchs gemeinsam mit ihren Geschwistern Andrea und Simon in der Villa Hammerschmidt in Bonn auf.
Fünf Jahre nach dem Tod der Mutter bekannte sie sich 1990 öffentlich zu ihrer großen Liebe zu der Fernsehmoderatorin und Komikerin Hella von Sinnen. Scheel klagte beim Bundesverfassungsgericht das Recht auf Eheschließung gleichgeschlechtlicher Paare ein. Ihre Klage wurde 1993 abgewiesen, ging aber als historisches Datum in die Annalen des Kampfes um die rechtliche Gleichstellung Homosexueller in Deutschland ein. In ihrem Buch "Mildred Scheel" widmete sie sich 2015 ausführlich den Erinnerungen an ihre Mutter.

Antwort auf Sprachlosigkeit bei Krebs

Als Mildred Scheel 1974 die Deutsche Krebshilfe gründete, war dies auch eine Antwort auf die verbreitete Sprachlosigkeit über diese schwere Erkrankung. "Das war eine Hauptmotivation, die Bürgerstiftung Deutsche Krebshilfe zu gründen", sagte Cornelia Scheel im Deutschlandradio Kultur. "Sie wollte einfach das Wort aus der Tabuzone holen und wollte, dass die Menschen darüber sprechen und sich mitteilen können." Ihre Mutter habe mit Vorurteilen aufräumen wollen, wie dass Krebs ansteckend sei. Damals habe es noch wenig Behandlungsmöglichkeiten gegeben. "Mann stand da ja noch ganz am Anfang", sagte Cornelia Scheel.
"Die Menschen hatten sehr wenig Chancen, wenn die Krankheit einmal diagnostiziert war, weil sie Vorsorge noch kein so großes Thema war." Die Menschen seien oft zu spät zu den Ärzten gekommen. Ihre Mutter habe auch das Thema Nachsorge vorangebracht, sagte Scheel. "Wenn die Behandlung vorbei ist, wurden die Patienten ihrem Schicksal alleine überlassen" sagte Scheel. Es habe noch keine Betreuung, Selbsthilfegruppen oder Palliativmedizin gegeben.

Keine eigene Praxis mehr möglich in Bonn

Scheel erinnert sich noch daran, wie ihre Mutter in München als Röntgenologin mit eigener Praxis tätig war. "Sie war halt immer sehr sicher in der Erkennung der Diagnose", erinnert sich Scheel, die als Kind oft in der Praxis gewesen war. Nach der Heirat mit Walter Scheel und dessen Ernennung zum Bundesaußenminister sei ihre Mutter sehr traurig gewesen, in Bonn keine neue Praxis mehr eröffnen zu können. "Das war aber damals nicht möglich als Frau eines Politikers." Als Außenminister war Scheel ständig unterwegs. "Da musste sie halt Gattin an seiner Seite sein, sozusagen die Petersilie am Tellerrand." Diese Aufgabe habe ihre Mutter "grauenhaft" gefunden."

Cornelia Scheel, Mildred Scheel. Erinnerungen an meine Mutter, Rowohlt Verlag, 19,95 Euro.

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