Cornelia Pieper kündigt neue Akzente in der auswärtigen Kulturpolitik an

Cornelia Pieper im Gespräch mit Christopher Ricke |
Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, will den kulturellen Austausch mit China verbessern. „Wirtschaftspolitik gibt es nicht ohne wissenschaftliche und kulturelle Grundlage in einer Zusammenarbeit, und das versuchen wir zu verstärken“, erklärte die FDP-Politikerin.
Christopher Ricke: Deutsche Kultur, deutsche Forschung, deutsche Bildungsstandards – all das vertritt in diesen Tagen die neue Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, in China. Es ist ihre erste Auslandsreise und ersten Auslandsreisen wird stets eine besondere Bedeutung zugemessen, China ist also ein ganz wichtiges Land. Frau Pieper hat sich für China entschieden, um über die künftige Zusammenarbeit im Bildungs- und Kulturbereich zu sprechen. Guten Morgen, Frau Pieper!

Cornelia Pieper: Ja, schönen guten Morgen, Herr Ricke!

Ricke: Jetzt hat ja China Deutschland gerade erst den Titel Exportweltmeister abgenommen, wir sehen China immer als Wirtschaftspartner, als Wirtschaftskonkurrenten, eher selten als Kulturnation. Wie groß ist denn das Interesse der Chinesen an deutscher Kultur?

Pieper: Also sehr groß. China – das will ich auch noch mal vorwegnehmen – ist ja nicht mehr der schlafende rote Riese, China ist auf dem Weg zu einer Weltmacht, Sie haben es selbst schon gesagt. Schon heute meldet China ja mehr Patente an als beispielsweise die Schweiz oder Schweden. Und natürlich ist das Interesse der Chinesen an der deutschen Kultur und Sprache sehr groß, das hat große Tradition. Ich will allein dran erinnern, dass vor fast vier Jahrzehnten der Bundesaußenminister Walter Scheel ja die diplomatischen Beziehungen zu China begonnen hat und fast so alt auch die Beziehung in kultureller bildungspolitischer oder auch wissenschaftspolitischer Hinsicht sind, wenn ich alleine an das deutsch-chinesische Hochschulkolleg an der Tongji-Universität denke.

Ricke: Was kann man denn alles tun, um diese Zusammenarbeit zu verbessern? Es gibt das Hochschulkolleg, es gibt deutsche Schulen, es gibt das Goethe-Institut, es gibt deutsche Ausstellungen – reicht das?

Pieper: Also es gibt sehr viele Kulturmittler auch hier in China, aber wir versuchen natürlich auch mit der auswärtigen Kulturpolitik neue Akzente zu setzen. Ich erinnerte an das Jubiläum der diplomatischen Beziehungen. Wir wollen zum Beispiel auch ein chinesisches Kulturjahr im Jahr 2012 in Deutschland mit den chinesischen Partnern durchführen. Wir haben natürlich auch ein sehr großes Interesse, dass die Expo im nächsten Jahr, die in Schanghai stattfindet, die sozusagen die Schlussveranstaltung ist von der großen gemeinsamen Initiative „Deutschland und China in Bewegung“, Veranstaltungsreihen, die von ungefähr 800.000 Menschen besucht worden sind. Also die Expo ist so ein Schwerpunkt im nächsten Jahr, wo Deutschland ja nicht nur mit einem Pavillon auftritt, sondern vier Städte aus Deutschland sich präsentieren, nämlich Hamburg, Bremen, Düsseldorf und Freiburg, viele Akteure aus der Wirtschaft dabei sind, die TU Darmstadt zusammenarbeitet auch mit der Tongji-Universität an einem Wasserprojekt, das Bundeswirtschaftsministerium sehr viel investiert. Das hat natürlich auch wirtschaftspolitische Hintergründe, aber ich glaube, Wirtschaftspolitik gibt es nicht ohne wissenschaftliche und kulturelle Grundlage in einer Zusammenarbeit, und das versuchen wir zu verstärken.

Ricke: Sie sind ja heute in Schanghai, Sie haben sich, glaube ich, gerade auch das Gelände der Expo angesehen. Sie betonen selbst die hohe wirtschaftliche Bedeutung der deutschen Präsentation. Was heißt denn Kultur auf der Expo, ist das die Hochkultur, die Bühnenkultur oder gehört in diesen erweiterten Kulturbegriff auch die Wissenschaft und die Forschung, die letztlich ja wieder einen wirtschaftlichen Nutzen haben kann?

Pieper: In der Tat gehört zur Expo auch ein Kulturprogramm. Ich will noch mal erwähnen, dass das Bundeswirtschaftsministerium 50 Millionen Euro in die Expo – da gehören natürlich auch die Baumaßnahmen dazu – investiert, davon sind drei Millionen Euro für ein Kulturprogramm vorgesehen. Und das heißt, dass wir verschiedene Kulturveranstaltungen durchführen, aber natürlich auch Wissenschafts- und Forschungs-, gemeinsame Forschungsprojekte präsentieren werden. Ich sagte ja schon, dass die Tongji-Universität gemeinsam mit der TU, mit der Technischen Universität in Darmstadt ein Wasserprojekt vorstellen wird.

Ich will aber auch noch erwähnen, dass wir im nächsten Jahr eine große Ausstellung eröffnen werden in Peking, nämlich gemeinsam mit der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, den Staatlichen Museen zu Berlin und der Bayrischen Staatsgemäldesammlung werden wir die Kunst der Aufklärung im Nationalmuseum in Peking eröffnen. Und ich finde das auch eine sehr schöne Geschichte vor dem Hintergrund, dass auf dem Platz des himmlischen Friedens dieses Nationalmuseum ist und dort diese größte Ausstellung zur europäischen Kunst der Aufklärung, die es je gab, sein wird, die Ideen der Aufklärung dort präsentiert werden. Ich finde, das hat auch einen sehr schönen kulturpolitischen Hintergrund, den man auch mit der Expo verbinden kann.

Ricke: Ist das vielleicht auch die diskrete, na, nicht der Wink mit dem Zaunpfahl, aber vielleicht der Wink mit dem Zahnstocher, mit dem Hinweis auf Kultur- und Meinungsfreiheit, auf Grundrechte, mit denen es in China doch recht schlecht aussieht?

Pieper: Also in der Tat versuchen wir und werden wir auch immer weiterhin in den Gesprächen das Thema Menschenrechte einknüpfen und einflechten. Das ist nicht immer ein leichtes Thema, das wissen Sie. Wir wissen, dass die chinesische Regierung insbesondere bei der Durchsetzung sozialer Rechte, aber auch auf anderen Gebieten deutliche Fortschritte gemacht hat. Ich habe auch mit Interesse von der Veröffentlichung des nationalen Aktionsplans für Menschenrechte 2009/2010 erfahren. Es ist aus meiner Sicht auch zu begrüßen, dass China damit ein konkretes Programm der schrittweisen nationalen Umsetzung der universalen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen letztendlich sich vorgenommen hat. Da darf man, denke ich, auch keine Lücke entstehen lassen, aber die beste Außenpolitik, die man machen kann, ist die Politik des Gesprächs, die Politik des Dialogs, auch die Politik der besseren Verständigung, auch indem man sich in Kulturwissenschaft und Bildung austauscht, indem man mehr auch über die Kultur des anderen Landes lernt. Deswegen steht die auswärtige Kulturpolitik für mich ganz oben an.

Ricke: Frau Pieper, Sie sind nicht der einzige hohe Staatsgast zurzeit in China, auch US-Präsident Obama ist da, der ist aus der anderen Richtung gekommen, er ist über den Pazifik geflogen. Und man sieht in den USA, in China sehr stark den pazifischen Raum, da hängt man Europa ein bisschen ab, das ist eine wirtschaftliche Diskussion. Kann man der auf kultureller Ebene entgegensteuern, dass die Chinesen auch feststellen, dass Europa auch in Zukunft wichtig sein wird?

Pieper: Also die Chinesen sehen Deutschland als ersten Partner in Europa, das will ich noch mal zum Ausdruck bringen. Es gibt ja sehr viele kulturelle Kontakte, es gibt sehr viele kulturelle Projekte, es gibt sehr viele deutsche Schulen in China, es gibt sehr viele Forschungsprojekte. Ich habe vorgeschlagen bei meinem Gespräch mit dem Wissenschaftsminister, auch ein Wissenschaftshaus in China zu etablieren, wo wir die Kulturmittler, die Wissenschaftsforschungsorganisationen Deutschlands mit der Wirtschaft zusammenbringen. Also ich glaube, dass Wirtschaft ohne Wissenschaft, ohne Bildung nicht funktioniert. Es sind zwei Seiten einer Medaille, und von daher hat Deutschland hier auch nicht nur wirtschaftlich, sondern allen Grund, wissenschaftlich sich auch weiter zu engagieren. Wir haben ja im Auswärtigen Amt eine Initiative zur Außenwissenschaftspolitik auf den Weg gebracht, die wir auch mit China ausbauen und fortsetzen wollen. Da gibt es sehr viele Anknüpfungspunkte, die aus meiner Sicht letztendlich auch Zukunft sind für Deutschland.