Codes und Chiffren

Bereits Cäsar nutzte für seine Botschaften Geheimchiffren, die Ägypter verschlüsselten ihre Nachrichten mittels Hieroglyphen, und heute, im Zeitalter des Internets, sind Codierungen aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Stephen Pincock und Mark Frary nehmen den Leser mit auf einen Streifzug durch die Geschichte der "Geheimen Codes".
Ob beim Telefonat per Handy, beim Abheben am Geldautomaten oder beim Zahlungsauftrag für das Online-Banking: Codierungen sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Doch sind Verschlüsselungstechnologien keineswegs erst mit dem Computerzeitalter aufgetaucht. Das Buch "Geheime Codes - Die berühmtesten Verschlüsselungstechniken und ihre Geschichte" ist ein lockerer Streifzug durch die Kulturgeschichte der Codes und Chiffre. Die sechs Kapitel reichen von den Ursprüngen mit den Hieroglyphen der alten Ägypter, über mittelalterliche codierte Botschaften am Hofe Elisabeth I. von England, über die Verschlüsselungstechniken, die wir heute im Internet nutzen, bis zum Ausflug in die Quantenkryptografie, die als nicht zu knacken gilt.

Umgangssprachlich werden die Begriffe Code und Chiffre oft gleichbedeutend benutzt. Tatsächlich aber ist ein Chiffre ein System, das einen Text verschlüsselt, indem die Buchstaben durch andere Zeichen ersetzt werden. Dagegen verschlüsselt ein Code nicht Zeichen, sondern den Inhalt und ersetzt meist ganze Begriffe oder Redewendungen nach einem Code-Buch.

Als einer der ersten, der seine Macht durch chiffrierte Botschaften zu sichern wusste, gilt Julius Cäsar. Er hat in seiner Geheimschrift jeden Buchstaben durch den Buchstaben drei Stellen weiter im Alphabet ersetzt: Aus A wird dann D, aus B wird E und so weiter. Diese Chiffre ist relativ einfach zu knacken. So lange es chiffrierte Botschaften gibt, so lange gibt es auch Dechiffrierer. Das sind Personen, die mit viel Kreativität, Beharrlichkeit und oft einem Schuss Genialität Chiffre entziffern. Bei Cäsar mag das einfach sein. Andere Chiffre haben die Knacker fast zum Wahnsinn getrieben, denn bessere Verschlüsselungstechniken verändern die Buchstaben nach einem flexiblen Muster.

Schließlich gibt es Methoden, die Verschlüsselung zu verschlüsseln - etwa bei der legendären Enigma-Maschine, die die deutschen Militärs im Zweiten Weltkrieg benutzt haben. Briten und Amerikaner haben zum Knacken der chiffrierten Botschaften mehr als 10.000 Menschen eingesetzt.

Auch diese dramatische Geschichte schildern die beiden britischen Wissenschaftsjournalisten Stephen Pincock und Mark Frary in ihrem Buch "Geheime Codes". Man merkt den Autoren ihre Begeisterung für das Thema an. Sie erzählen ausführlich von den Geschichten rund um die Verschlüsselungstechniken. Die Verfahren selber werden meist nur ansatzweise erklärt, was diesem populärwissenschaftlichen Buch sehr gut tut. Dadurch ist es auch für Leute zu verstehen, die keinen Mathematik-Leistungskurs hatten, denn die aufwändigen heutigen Schlüssel bedienen sich meist geschickter Kombinationen von Primzahlen. Sie lassen sich, wenn überhaupt, nur von Mathematikern mit erheblichem Rechenaufwand lösen. Die Standard-Verschlüsselung bei Online-Geschäften hat mehr als zehn hoch 38 mögliche Schlüssel, eine Eins mit 38 Nullen. Das schaffen auch die schnellsten Computer der Welt nicht.

Die Autoren streuen immer wieder spezielle Themenseiten in das Buch ein, die Codes im Kamasutra, versteckte Botschaften in der Architektur, Rezepte für Geheimtinte oder codierte Botschaften eines Serienmörders in den USA behandeln. Hier geht es offensichtlich nur darum, den Text mit populären Themen anzureichern. Gleiches gilt für die meisten Bilder, die nur selten zum Verständnis beitragen. Oft stören sie nur. Wer muss Tote im Schützengraben sehen, wenn es um Verschlüsselungstechniken im Ersten Weltkrieg geht?

Ein wunderbares Kuriosum sind die Codes zum Kopfzerbrechen im Anhang. Zu jedem Kapitel gibt es eine chiffrierte Botschaft, die die Leser knacken müssen. Dazu bedarf es neben viel Köpfchen der Anleitungen in den jeweiligen Kapiteln. Die Anekdoten rund um die Jahrtausende alte Kunst der Chiffrierung lassen sich gut auch vor dem Einschlafen oder in der U-Bahn lesen. Die Erklärungen der Chiffre und vor allem die Aufgaben selbst erfordern dann aber volle Konzentration. Fazit - zum Knobeln im Cäsar-Chiffre: Gdv Exfk orkqw vlfk!

Rezensiert von Dirk Lorenzen

Stephen Pincock/Mark Frary: Geheime Codes
Die berühmtesten Verschlüsselungstechniken und ihre Geschichte

Übersetzt von Petra Trinkaus
Ehrenwirth 2007
176 Seiten, 19,95 Euro