Co-Parenting als neues Familienmodell

Kein Paar – und trotzdem ein Kind

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Gianni Bettucci, Christine Wagner und ihre Tochter Milla sitzen im Wohnzimmer (2016).
"Ich hoffe, dass unsere Tochter irgendwann sagen wird: Meine Eltern haben sich lieb und haben sich entschieden, mich zu haben", sagt Gianni Bettucci. © dpa / picture-alliance
Christine Wagner und Gianni Bettucci im Gespräch mit Katrin Heise |
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Sie haben gemeinsam eine Tochter und teilen sich eine Küche – ein Liebespaar waren Christine Wagner und Gianni Bettucci trotzdem nie. Sie sind sogenannte Co-Eltern - und werben dafür, das klassische Familienbild um neue Modelle zu erweitern.
Im Grunde sind sie eine ganz normale Familie: Christine Wagner und Gianni Bettucci sind Eltern einer fünfjährigen Tochter. Sie haben Windeln gewechselt, Fläschchen gegeben, Babykotze weggewischt, sie kochen in der gleichen Küche und fahren gemeinsam in den Urlaub. Anders als viele andere Familien basiert ihre Elternschaft aber nicht auf Liebe, sondern auf Freundschaft: Sie sind Co-Eltern.
"Die Reaktionen der anderen sind oft erstaunt, selbst in Neukölln, wo wir wohnen," sagt Bettucci. "Die meisten sehen aber, dass wir als Familie glücklich sind, dass das Kind glücklich ist."

Den Vater fand sie auf einer Webseite

Als die Ärztin Christine Wagner und ihre damalige Partnerin auf der Suche nach einem Vater für ein Kind nach einer passenden Anlaufstelle suchten und nicht fündig wurden, gründeten sie kurzerhand die Webseite familyship.org. Auf der Plattform können sich Mütter und Väter in spe registrieren, die den passenden Co-Elternteil für ihr Kind suchen.
"Ich habe schon in den 90ern in Italien meine heterosexuellen Freundinnen gefragt, ob ich Vater ihrer Kinder werden könnte", sagt Bettucci. "Putzige Idee, sagten die, waren aber zu konventionell dafür. Heute bereuen das einige von ihnen."

Ganz unterschiedliche Menschen sind interessiert

Mittlerweile registrieren sich Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen, Orientierungen und Familienvorstellungen auf der Plattform. Sie alle haben noch nicht den Partner gefunden, mit dem sie ein Kind bekommen möchten - oder ein Familienmodell im Sinn, das über konventionelle Vorstellungen hinausgeht.
Zwei schwule Männer und ein lesbisches Pärchen, heterosexuelle Singles auf der Suche nach einer Mutter oder einem Vater für ihr Kind, Männer, die sich eine Onkelfunktion im Leben eines Kindes vorstellen können und Samen spenden wollen – die Konstellationen sind vielfältig. Auch Christine Wagner fand auf diese Weise mit Gianni Bettucci den Vater ihrer Tochter.
"Für mich war immer klar, dass ich Kinder haben werde," sagt sie: "Diese Familienform ist auch ein Statement, sie kann anderen zeigen, dass es Lebenswege gibt, an die sie nicht gedacht haben."

Vernetzung und Austausch

Sie seien Pioniere der Co-Elternschaft, sagt der Theatermanager Bettucci. Inzwischen verbreitet sich die Idee: "Ich habe mit zwei schwulen Vätern einen Stammtisch gegründet, weil ich das Bedürfnis nach Austausch hatte. Mittlerweile sind es neunzig Mitglieder, die sich über dieses Netzwerk, das aus dem Stammtisch entstanden ist, austauschen. Ich hoffe, dass unsere Tochter irgendwann sagen wird: 'Meine Eltern haben sich lieb und haben sich entschieden, mich zu haben.'"
(ab)