Die Rückkehr des Theaterkönigs
Fast 40 Jahren nach seinem Abschied als Intendant in Stuttgart arbeitet Claus Peymann jetzt erstmals wieder dort. Er inszeniert "König Lear" von Shakespeare, mit großartigem Bühnenbild und einer geschickten Doppelbesetzung.
Was für ein Bühnenbild! Auf leerer schwarzer Fläche ist lediglich ein weißer Kreis gezogen: Er symbolisiert das Reich Lears, aus dem es für die Beteiligten kein Entkommen gibt. Über allem hängt im Zentrum eine Krone – Symbol jener Königswürde, auf die der arrogante Herrscher nicht verzichten will, auch wenn er Regierungsverantwortung abgibt.
Der Narr und die Wahrheit
Und was für ein grandioser Einfall, die Figur der Cordelia und die des Narren mit derselben Schauspielerin zu besetzen. Beide können nur die Wahrheit sagen, nur dass der Narr es ungestraft tun darf. Und wenn am Ende Lear seine tote Tochter im Schoß hält, sagt er zärtlich zu ihr: armes Närrchen. Und Lea Ruckpaul spielt beide Figuren mit einer subtilen Mischung aus Naivität und unerschütterlicher Wahrheitsliebe glaubhaft bis in die letzte Faser.
Das freilich fehlt den übrigen Figuren des Abends. Jannik Mühlenweg muss den Intriganten Edmund als Knallcharge auf die Bühne bringen, Goneril und Regan sind Abziehbilder ehrgeiziger Salonschlangen, die der Fernsehserie "Vorstadtweiber" entspringen könnten. Selbst altgediente Ensemblemitglieder wie Elmar Roloff und Wolfgang Stiller, die stets auch den kleinsten Rollen faszinierende Facetten abgewinnen, sind in dieser Inszenierung zur Farblosigkeit verdammt.