Claes Oldenburg wird 90

Rieseneiswaffeln als Kunstwerk

Eine überdimensionale Eistüte auf der Neumarkt-Gallerie in Köln. Der Pop-Art-Künstler Claes Oldenburg hat die Skulptur bereits 2001 dort anbringen lassen.
Die überdimensionale Eistüte von Pop-Art-Künstler Claes Oldenburg. © picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd
Von Georg Schwarte · 28.01.2019
Neben Andy Warhol und Roy Lichtenstein ist Claes Oldenburg einer der bedeutendsten Vertreter der amerikanischen Pop-Art. Er wolle vor allem funktionslose Kunst schaffen, erklärt er. Jetzt wird er 90.
Pop-Art. Es ist ein Label, eine Schublade, ein Name nur. Pop-Art-Künstler? Einer der größten? Claes Oldenburg, er sitzt seit Jahrzehnten in dieser Schublade und hat sich daran gewöhnt. Altersmilde jetzt, mit 90 Jahren.
Großzügig ist er, so wie seine Kunst großzügig daher kommt. Riesenhaft, gigantisch aufgeblasene Alltagsgegenstände, die allesamt, sagt der Sohn eines schwedischen Diplomaten und einer Opernsängerin, einer Regel folgen – der Oldenburg-Regel.
"The one rule of my work is that it must not have any function. It must be completely form."
Studenten genießen am Freitag (23.03.2012) am Aasee in Münster die Sonne. Im Hintergrund ein Kunstwerk des Objektkünstlers Claes Oldenburg.
Claes Oldenburgs Werk am Aasee in Münster.© picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd
Funktionslose Kunst. Claes Oldenburgs Kunst, dessen Kunst so lustig daher kommt, sei nicht Funktion, sagt er, sie sei Form. Ihre einzige Funktion sei es, ein Kunstwerk zu werden:
"I begin by removing the function of the thing because its true function has to become an artwork."

Pommes, die vom Himmel zu fallen scheinen

Riesenhafte Tortenstücke. Pommes, die vom Himmel zu fallen scheinen. Cheeseburger aus Stoff, die wabern und sich falten, weich und überlebensgroß verlaufen, angefasst werden wollen. Der Betrachter schmunzelt meist.

"Wenn ich schon Alltagsgegenstände zu Skulpturen mache, dann aus weichem Material, dass sie ihre Form verändern."
Claes Oldenburg und Coosje van Bruggen in Bonn anläßlich der Ausstellung “Claes Oldenburg: Eine Anthologie”, Kunst– und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland.
Der Objektkünstler Claes Oldenburg.© picture alliance / akg-images / Michael Teller
Als Kind zog der Diplomatensohn durch viele Städte. Städte, sagte er einmal, wurden seine Welten, sein Spielplatz: die Straße.

Er begann als Autor und Polizeireporter

Der Dreck, der Müll der Welt – sein Spielzeug. Claes Oldenburg, er begann als Autor, Polizeireporter, studierte dann Kunst und Leben. In Köln setzte er einst eine Eiswaffel samt Kugel auf eine Galerie. Eigentlich wollte er damals die ganze Stadt mit Eiswaffeln pflastern.
"Wie viele Eiswaffeln isst man in einem Leben? Keine Ahnung. Ich hab ‘ne Menge gegessen. Aber als ich eine gemacht hab, als Kunst, hab ich sie entworfen. Und nicht gegessen."


Der Mann, dessen Werke lächeln lassen, Plätze und Parks zieren, wusste damals 1961 sehr genau, was Kunst sein soll und was nicht. Verfasste ein Gedicht: Er sei für Kunst, die etwas anderes tue, als im Museum auf ihrem Arsch zu sitzen.
Skulptur Spitzhacke des schwedischen Bildhauers und Objektkünstlers Claes Oldenburg in Kassel.
Skulptur Spitzhacke des schwedischen Bildhauers und Objektkünstlers Claes Oldenburg in Kassel. Aufgestellt zur documenta 7 im Jahr 1982.© imago/Rüdiger Wölk
Seine Kunst sitzt nicht auf ihrem Arsch, sie zerläuft, ragt heraus, fällt meistens auch ins Auge: Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Claes Oldenburg, das ist seine Liga. Seine Pläne immer wilder. Einst wollte er gemeinsam mit seiner 2009 verstorbenen Frau den gesamten Central Park in New York planieren, alle Bäume fällen.

Ein Kunstwerk wie vom Himmel gefallen

Er wollte den Park in einen Billardtisch verwandeln, Häuser als Billardkugeln, die langsam durch den Park rollen. Kunst, sagt er mal, sei wie etwas, das im Maul eines Hundes stecke, der vom Dach eines fünfgeschossigen Hauses fällt.
Verrückt? Verrückt. Seine überdimensionierte Spitzhacke, wie viele seiner Kunstwerke schien sie vom Himmel auf das Documenta-Gelände in Kassel gefallen zu sein. Er wollte Kunst, die nicht gefällt, sondern plump und süß und blöd sei – wie das Leben. Heute wird dieser trotz allem gefällige Lebenskunstkünstler Oldenburg 90 Jahre alt.
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