Christopher Paul Stelling

Rastlos um die Welt

Hawaii
"Keine Angst vor der Angst, keine Angst, Gefühle auszudrücken..." © imago stock&people
Von Jan Tengeler · 01.07.2015
Der New Yorker Christopher Paul Stelling ist ein Vollblut-Musiker, ein Troubadour, der immer unterwegs ist, um seine Musik unter die Leute zu bringen – nicht um seiner selbst Willen, nicht um der Leute willen, sondern um der Musik willen.
Auf dem neuen Video zu seinem Song 'Dear Beast' steht Christopher Paul Stelling mit seiner zerschlissenen Gitarre in einer verlassenen Lagerhalle und singt über das 'geliebte Tier', das jeder in sich trage, eine Hymne an die eigene Unzulänglichkeit. Es gebe keinen Grund, ihr aus dem Weg zu gehen.
Stelling: "Jeder kennt Momente der Angst und ich hoffe, dass daraus Mut erwächst. Ich bin überzeugt, dass es gut ist, sich der Angst zu stellen. Man sollte nicht davor weglaufen, selbst wenn die Angst immer wieder zurück kommt. Denn jeder kennt das – selbst ein Millionär mit Haus und Familie; Menschen, die ein sicheres Leben haben, werden sich manchmal fragen, ob sie tatsächlich alles richtig machen. Und ich wette, sogar der US Präsident und der Papst erleben Augenblicke der Angst."
Keine Angst vor der Angst, keine Angst, Gefühle auszudrücken und vor allem keine Angst davor, das alles in intensive Songs zu verpacken: vor drei Jahren hat Stelling beschlossen, sich ganz der Musik zu widmen. Seitdem lebt er ein rastloses Leben, tourt pausenlos durch die USA und Europa, 36 Shows spielt er während der kommenden sechs Wochen zwischen Holland, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und der tschechischen Republik.
"Ich werde nicht reich damit, aber es ist immer noch besser als alles andere, was ich bisher gemacht habe. Es gibt Leute, die wollen Musik machen, aber sie denken sie scheitern, also gehen sie zur Uni und haben irgendeinen sicheren Job. Aber daran bin ich gescheitert, als Tellerwäscher und Hilfskoch. Ich habe in allen möglichen Kaschemmen gearbeitet. Das hier ist alle mal besser."
Schnell wie ein Wiesel, kraftvoll wie ein Bär
Hard Work, schwere Arbeit – Christopher Paul Stelling singt über das normale Leben, über das, was uns alle beschäftigt. Er tut es aber nicht im schönen Elfenbeinturm der Kunst, seine Kunst selbst ist das pure Leben, der Schweiß, die Tränen, der Dreck, die Schwerstarbeit. Auf seiner akustischen Gitarre bewegt sich Stelling schnell wie ein Wiesel und kraftvoll wie ein Bär, seine Fingernägel sehen dementsprechend aus.
"Die bestehen nur noch aus Plastik und Sekundenkleber. Die sind wirklich hart, aber dann brechen sie wieder und ich muss das irgendwie kleben. Da drüben an der Straßenecke ist ein Nagelstudio, ich glaube, da muss ich morgen früh mal hin. Wenn man jeden Abend spielt, dann machen die Nägel irgendwann nicht mehr mit. Also muss man sie ersetzen..."
Auf Tour leistet Stelling harte, ehrliche, aber wunderbare Arbeit. Die meisten Songs singt er allein, hin und wieder wird er von seiner Freundin begleitet, wie hier in dem Song 'Too Far North' über das Gefühl, weit weg von der Heimat zu sein. Auch Heimweh sei Teil seines Lebens. Ein Teil, den er gern in Kauf nehme, denn eigentlich finde er das Reisen wunderbar.
"Ja, die Leute sagen, ich sei ein Troubadour – ich mache Musik und fahre herum. Diese Einschätzung ist besser als diese ganzen musikalischen Klassifizierungen. Es ein Lebensstil und der Troubadour hat etwas zu sagen: er singt nicht über sein tolles oder anstrengendes Leben auf der Straße, sondern über das, was die Leute wirklich beschäftigt."