Christoph Peters: "Das Jahr der Katze"

Reaktionäre Yakuza-Folklore

Zu sehen sind zwei Samurai Schwerter auf einem Holzboden. Unten links befindet sich das Buchcover, welches verschwommene Fische auf einem schwarzen Hintergrund zeigt.
Christoph Peters beschreibt die Tradition der Samurai im 21. Jahrhundert. © imago / imagebroker
Von Thomas Wörtche · 16.11.2018
In „Das Jahr der Katze“ von Christoph Peters kämpft ein japanischer Auftragskiller darum, die guten, alten Rituale des organisierten Verbrechens in das 21. Jahrhundert zu überführen. Dabei schwankt er zwischen Samurai-Tradition und Grausamkeit.
Ganz auf Stilisierung setzt Christoph Peters in seinem Yakuza-Roman "Das Jahr der Katze" – eigentlich eine Fortsetzung von "Der Arm des Kraken" von 2015, aber man kann das aktuelle Buch auch bestens ohne den Vorgänger verstehen. Der professionelle Hitman Onishi Fumio kehrt von einem Einsatz in Berlin nach Japan zurück, zusammen mit seiner deutschen Geliebten Nikola.
In seiner Verbrecher-Organisation, der Nekodoshi-gumi, hat ein durchgeknallter Alkoholiker das Sagen, der den Machtverlust der Yakuza mittels fragwürdiger Allianzen, etwa mit den chinesischen Triaden, stoppen will und dabei alte Loyalitäten mit Füßen tritt.
Onishi muss sich entscheiden – für eine Seite oder für einen dritten, eigenen Weg. Dass er eine Europäerin, ein tough girl, durch die Mysterien der Yakuza-Welt schleppt, bietet schöne Gelegenheiten für gegenseitige Betrachtungen: Japan und Deutschland in wechselnden Perspektiven, Frauenbilder, die aufeinander knallen.

Saubere Trennung zwischen Gut und Böse

Mit Realismus hat die Story um diesen Machtkampf in einer Yakuza-Gang wenig zu tun, im Gegenteil: Sie bietet Yakuza-Folklore galore, etwa so wie der "Godfather" vornehmlich ein Beitrag zur Cosa-Nostra-Folklore war. Samurai-Ehre und der Verstoß dagegen sind zwar organisch mit ein paar richtigen Beobachtungen zur Veränderung der Strukturen des Organisierten Verbrechens verwoben, die natürlich nicht auf Japan beschränkt sind.
Aber Peters Yakuza-Personal agiert so, dass man säuberlich zwischen den Guten – halten sich an die Traditionen – und den Bösen – tun es nicht – unterscheiden kann.
Wobei, was eine ziemlich lustige Implikation ist, die Guten, personifiziert in dem alten Schwertmeister und Consigliere, Meister Harada, der auch der Ich-Erzähler großer Passagen des Romans ist, einen normativen Wertekanon haben, den auch der Tenno 1941 gelobt hätte – rassistisch, xenophob, frauenfeindlich bis zum Anschlag, basierend auf gewaltsatten Ritualen und Verachtung "westlicher Dekadenz".

Verquere Romantik

Und all diese schönen Glaubenssätze gehen unter im Mahlwerk der Globalisierung. Dagegen hilft nur das blanke Schwert und Kopf ab. Das hat eine durchaus verquere Romantik über deren Implikationen man lieber nicht einlässlicher nachdenken sollte.
Das Erstaunlichste aber ist, dass man während der Lektüre zunächst einmal bereit ist, diese ganze Implikationen zu ignorieren. Einfach, weil Peters so gut schreiben kann. Und weil Gut-schreiben-können und reaktionäres Denken meistens nicht zusammenpassen, könnte man den ganzen Roman auch als große, fies-sarkastische Provokation verstehen. Hochstilisierte Spannung gegen tiefernste Didaxe, penibler "Realismus" als verzichtbarer Parameter für Literatur. Das wäre dann sehr okay.

Christoph Peters: Das Jahr der Katze
Luchterhand, München 2018
350 Seiten, 22 Euro

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