Christliche Orientierung in der Medienwelt
Zum 22. Mal wurde in Berlin der Medienpreis der Evangelischen Kirche, der Robert Geisendörfer Preis verliehen. Ausgezeichnet wurden insgesamt sechs Fernseh- und Hörfunkproduktionen. In Erinnerung an den christlichen Publizisten Robert Geisendörfer werden solche Produktionen prämiert, "die das individuelle und soziale Verantwortungsbewusstsein stärken".
In Zeiten medialer Reizüberflutung und, wie der Intendant des Deutschlandradios, Ernst Elitz, anmerkte, verwässerten Definitionen von journalistischer Arbeit ist es ganz sinnvoll einen Preis auszuloben, der jenseits des Gefälligen und Etablierten Autoren und Regisseure auszeichnet, die noch etwas wagen.
Gerade weil auch im so genannten seriösen Feuilleton es als hip erscheint, Telenovelas zu loben und das Besondere im Trivialen zu sehen, tut es ganz gut, wenn auf einer Preisverleihung, wo sich Branchen üblicherweise selber feiern, auch einmal kritische Worte fallen, wie beispielsweise vom Vorsitzenden des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber:
"Es ist noch nicht das wirkliche Leben, wenn Herz sich auf Schmerz reimt und Liebe auf Triebe. Es ist noch nicht das wirkliche Leben, wenn im" Marienhof" ein Reisebüro betreibt oder "Bianca" nach ihrer Liebe sucht. Es hat wenig mit dem Leben zu tun, wenn ein unscheinbares Mauerblümchen verliebt in Berlin und einen Modezaren ist. Wer aber die Scheinwelt des Studios und die Wirklichkeit vor unseren Türen verschmelzen lässt und in diese Verschmelzung auch noch unlauter Werbung einschleichen lässt - Schleichwerbung! - macht sich eines Verrats schuldig. Wo Kultur nur genutzt wird, unsere Welt weiter zu verkommerzialisieren, werden Menschen gehindert, mit Kultur die Welt zu verstehen. "
Nur sehr selten sind Entscheidungen von Jurys nachvollziehbar, transparent und vor allem wirklich verdient. Bei dem Preisen, die im Gedenken an den christlichen Publizisten Robert Geisendörfer heute vergeben wurden, war das anders. Gerade weil auf der Veranstaltung minutenlange Ausschnitte aus allen Preisträgerwerken liefen, konnte man als Zuhörer oder Zuschauer die Faszination nachempfinden.
Besonders unter die Haut ging das preisgekrönte Radiofeature von NDR Info "Vergitterte Welt. Katrin L" der Autorin Helga Dierichs und des Regisseurs Nikolai von Koslowski über den vergeblichen Kampf der nur 18-jährigen Katrin L. mit ihrer Krankheit Magersucht.
Szene aus dem Hörstück:
"Sie war immer schulisch sehr ehrgeizig und dann war die Frage zu Schulzeitbeginn, was tun wir? Da hat man dann so eine Art verhaltenstherapeutisches Ziel definiert in der Therapie und hat gesagt: Pass auf, Katrin, du musst so und so viel Kilogramm haben, damit du in die Schule kannst. Weil die natürlich auch gespürt haben, damit können wir sie möglicherweise packen. Und die Katrin hatte sich selbst gestoppt im Zunehmen, ein Kilo vor der Zahl, die genannt war. Und letztlich war es wieder so, dass die Therapeuten in der Klinik eine Haltung hatten: Wir lassen sie nicht in die Schule mit dem Gewicht. Obwohl unter heutigen Gesichtspunkten das lächerlich ist. "
Thematisch und stilistisch ganz anders wirkt der zweite Hauptpreis "Und ich sah aus dem Meer ein Tier heraufsteigen". Apokalyptische Visionen in den Weltbildern der Gegenwart. Das 54-minütige Rundfunkfeature über die Manipulation der heiligen Schriften, ihre bewusst einseitige Fehl- und Neuinterpretationen veranschaulicht mit vielen Textzitaten, wie sich einerseits die amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und George W. Bush immer wieder in einem gerechten Kampf gegen das Böse sehen und auf der anderen Seite radikale Islamisten den Koran verfälschen und Selbstmordattentätern die Absolution erteilen.
Dem Autor ging es in der Begründung der Jury vor allem darum, die Propaganda von Hardlinern beider Seiten theologisch zu entkräften. Als dann der so gelobte Autor Eckehard Bahr seine Dankesrede hielt, wurde es sehr unterhaltsam: Bahr berichtete von seinem Versuch, in einer Berliner Buchhandlung ein Buch für den Bischof Huber zu erwerben.
Eckehard Bahr: "Da sagt die Buchhändlerin plötzlich zu mir, ach da habe ich ja ein schönes Buch für den Bischof gefunden. Hier: Ein kleines großes Fest der Hoffnung - Über Niederlagen und Gelingen. Dann sagt sie noch zu mir, er möchte doch beim nächsten Treffen mit dem Ratzinger ein bisschen mehr Boxhandschuh haben. Also, ich habe beides mitgebracht…"
Besonders angetan war die Jury von Sebastian Winkels "7 Brüdern", einer Koproduktion des Kleinen Fernsehspiels des ZDF mit der Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam Babelsberg. Die faszinierende Dokumentation über 7 Brüder aus dem Ruhrgebiet, geboren zwischen 1929 und 1945, lief vor zwei Jahren bereits im Kino und wird heute Nacht noch einmal im ZDF ausgestrahlt. Hier noch einmal eine Kostprobe aus einem der schönsten Dokumentarfilme der letzten Jahre:
"Als ich geboren wurde, früher wurde man ja noch zum großen Teil zu Hause von der Hebamme und von einem Arzt geholt, da nahm mich der Arzt so hoch am Fuß und sagte: Hufschmid, hier haste einen Breitensträter. Breitensträter war der Vorgänger von Max Schmeling."
Sebastian Winkels hatte vier der sieben Brüder mit auf die Bühne gebracht und sorgte so für einen emotionalen Höhepunkt nach den vielen, oft leider zu langen Reden. Mit einer fast biblischen Länge von fast 2 ½ Stunden fiel diese Preisverleihung einfach zu lang aus. Einer brachte es in nur sehr kurzer Redezeit auf den Punkt: Edgar Reitz, der vor allem für seine "Heimat Trilogie" mit dem Sonderpreis der Jury ausgezeichnet wurde.
Edgar Reitz: "Und es ist von Teil zu Teil immer schwieriger geworden, diese inneren Hemmnisse zu überwinden, um etwas zu machen, was wir eigentlich machen müssen. Dafür danke ich für diese Rückenstärkung. Und sie gilt nicht mir, sie gilt allen, die aus Liebe Filme machen."
Robert Geisendörfer Preis
Gerade weil auch im so genannten seriösen Feuilleton es als hip erscheint, Telenovelas zu loben und das Besondere im Trivialen zu sehen, tut es ganz gut, wenn auf einer Preisverleihung, wo sich Branchen üblicherweise selber feiern, auch einmal kritische Worte fallen, wie beispielsweise vom Vorsitzenden des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber:
"Es ist noch nicht das wirkliche Leben, wenn Herz sich auf Schmerz reimt und Liebe auf Triebe. Es ist noch nicht das wirkliche Leben, wenn im" Marienhof" ein Reisebüro betreibt oder "Bianca" nach ihrer Liebe sucht. Es hat wenig mit dem Leben zu tun, wenn ein unscheinbares Mauerblümchen verliebt in Berlin und einen Modezaren ist. Wer aber die Scheinwelt des Studios und die Wirklichkeit vor unseren Türen verschmelzen lässt und in diese Verschmelzung auch noch unlauter Werbung einschleichen lässt - Schleichwerbung! - macht sich eines Verrats schuldig. Wo Kultur nur genutzt wird, unsere Welt weiter zu verkommerzialisieren, werden Menschen gehindert, mit Kultur die Welt zu verstehen. "
Nur sehr selten sind Entscheidungen von Jurys nachvollziehbar, transparent und vor allem wirklich verdient. Bei dem Preisen, die im Gedenken an den christlichen Publizisten Robert Geisendörfer heute vergeben wurden, war das anders. Gerade weil auf der Veranstaltung minutenlange Ausschnitte aus allen Preisträgerwerken liefen, konnte man als Zuhörer oder Zuschauer die Faszination nachempfinden.
Besonders unter die Haut ging das preisgekrönte Radiofeature von NDR Info "Vergitterte Welt. Katrin L" der Autorin Helga Dierichs und des Regisseurs Nikolai von Koslowski über den vergeblichen Kampf der nur 18-jährigen Katrin L. mit ihrer Krankheit Magersucht.
Szene aus dem Hörstück:
"Sie war immer schulisch sehr ehrgeizig und dann war die Frage zu Schulzeitbeginn, was tun wir? Da hat man dann so eine Art verhaltenstherapeutisches Ziel definiert in der Therapie und hat gesagt: Pass auf, Katrin, du musst so und so viel Kilogramm haben, damit du in die Schule kannst. Weil die natürlich auch gespürt haben, damit können wir sie möglicherweise packen. Und die Katrin hatte sich selbst gestoppt im Zunehmen, ein Kilo vor der Zahl, die genannt war. Und letztlich war es wieder so, dass die Therapeuten in der Klinik eine Haltung hatten: Wir lassen sie nicht in die Schule mit dem Gewicht. Obwohl unter heutigen Gesichtspunkten das lächerlich ist. "
Thematisch und stilistisch ganz anders wirkt der zweite Hauptpreis "Und ich sah aus dem Meer ein Tier heraufsteigen". Apokalyptische Visionen in den Weltbildern der Gegenwart. Das 54-minütige Rundfunkfeature über die Manipulation der heiligen Schriften, ihre bewusst einseitige Fehl- und Neuinterpretationen veranschaulicht mit vielen Textzitaten, wie sich einerseits die amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan und George W. Bush immer wieder in einem gerechten Kampf gegen das Böse sehen und auf der anderen Seite radikale Islamisten den Koran verfälschen und Selbstmordattentätern die Absolution erteilen.
Dem Autor ging es in der Begründung der Jury vor allem darum, die Propaganda von Hardlinern beider Seiten theologisch zu entkräften. Als dann der so gelobte Autor Eckehard Bahr seine Dankesrede hielt, wurde es sehr unterhaltsam: Bahr berichtete von seinem Versuch, in einer Berliner Buchhandlung ein Buch für den Bischof Huber zu erwerben.
Eckehard Bahr: "Da sagt die Buchhändlerin plötzlich zu mir, ach da habe ich ja ein schönes Buch für den Bischof gefunden. Hier: Ein kleines großes Fest der Hoffnung - Über Niederlagen und Gelingen. Dann sagt sie noch zu mir, er möchte doch beim nächsten Treffen mit dem Ratzinger ein bisschen mehr Boxhandschuh haben. Also, ich habe beides mitgebracht…"
Besonders angetan war die Jury von Sebastian Winkels "7 Brüdern", einer Koproduktion des Kleinen Fernsehspiels des ZDF mit der Filmhochschule Konrad Wolf in Potsdam Babelsberg. Die faszinierende Dokumentation über 7 Brüder aus dem Ruhrgebiet, geboren zwischen 1929 und 1945, lief vor zwei Jahren bereits im Kino und wird heute Nacht noch einmal im ZDF ausgestrahlt. Hier noch einmal eine Kostprobe aus einem der schönsten Dokumentarfilme der letzten Jahre:
"Als ich geboren wurde, früher wurde man ja noch zum großen Teil zu Hause von der Hebamme und von einem Arzt geholt, da nahm mich der Arzt so hoch am Fuß und sagte: Hufschmid, hier haste einen Breitensträter. Breitensträter war der Vorgänger von Max Schmeling."
Sebastian Winkels hatte vier der sieben Brüder mit auf die Bühne gebracht und sorgte so für einen emotionalen Höhepunkt nach den vielen, oft leider zu langen Reden. Mit einer fast biblischen Länge von fast 2 ½ Stunden fiel diese Preisverleihung einfach zu lang aus. Einer brachte es in nur sehr kurzer Redezeit auf den Punkt: Edgar Reitz, der vor allem für seine "Heimat Trilogie" mit dem Sonderpreis der Jury ausgezeichnet wurde.
Edgar Reitz: "Und es ist von Teil zu Teil immer schwieriger geworden, diese inneren Hemmnisse zu überwinden, um etwas zu machen, was wir eigentlich machen müssen. Dafür danke ich für diese Rückenstärkung. Und sie gilt nicht mir, sie gilt allen, die aus Liebe Filme machen."
Robert Geisendörfer Preis