Christiane Serini

Hartnäckige Chefanklägerin jagt Deutsche-Bank-Manager

Die leitende Staatsanwältin im Prozess gegen Deutsche-Bank-Manager, Christiane Serini, unterhält sich am 27.10.2015 in München (Bayern) im Verhandlungssaal im Landgericht
Die leitende Staatsanwältin im Prozess gegen Deutsche-Bank-Manager, Christiane Serini, am 27.10.2015 im Landgericht in München © picture alliance / dpa / Sven Hoppe
Von Wolfram Schrag · 22.12.2015
Amtierende und ehemalige Vorstandschefs der Deutschen Bank, darunter Josef Ackermann, stehen wegen versuchten Prozessbetrugs in München vor Gericht. Um die federführende Staatsanwältin Christiane Serini gibt es in diesem Wirtschafts-Strafprozess - einem der größten bislang - immer wieder Aufruhr.
In einem Strafprozess richten sich die Blicke normalerweise auf die Angeklagten. Und beim Deutsche-Bank-Prozess zumal. Immerhin sitzen gleich drei amtierende und ehemalige Vorstandschefs des größten deutschen Geldhauses nahezu jede Woche gemeinsam auf der Anklagebank. Eingerahmt sind sie von den besten Strafverteidigern Deutschlands, insgesamt 17 überwiegend ältere Herren. Ihnen gegenüber sitzen drei Staatsanwälte, genauer gesagt zwei Männer und eine Frau. Und sie ist die Chefin: Christiane Serini, Anfang 40, dunkle Haare, große auffällige Brille. Über sie weiß man nur, dass sie gern segelt oder in den Bergen wandert. Kondition hat sie jedenfalls. Sie hat die 600-seitige Anklage geschrieben und Material zusammengetragen, mit dem man einen Güterzugwaggon füllen könnte.
"Wir haben hier aus den insgesamt fünf Terabyte Datenmaterial ein Terabyte, das wir für verfahrensrelevant halten, das extrahiert worden ist, das über Monate hinweg durch ein Team von der Polizei und durch zwei Staatsanwälte ausgewertet worden ist. Hier sind circa 80 Vernehmungen durchgeführt worden durch die Staatsanwaltschaft",
erklärt Behördensprecher, Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch. Serini hält die Fäden in der Hand, muss sie auch. Ohne gutes Zeitmanagement ist so ein Verfahren nicht zu bewältigen.
"Sie müssen aufpassen, dass Sie sich nicht in eine Materie verlieben und das Ende nicht mehr sehen wollen."
Eines der teuersten Interviews der Wirtschaftsgeschichte
Und genau das befürchten die Verteidiger. Je länger der Prozess läuft, desto aggressiver ist die Stimmung. Staatsanwältin Serini habe sich verrannt, so die Anwälte. Auch Beobachter sind ratlos. Bislang hat kein Zeuge die Vorwürfe in der Anklage bestätigt. Kein Wunder, liegen die Ereignisse, um die es geht, schon lange zurück. Anfang 2002 gab der damalige Deutsche Bank Chef Rolf Breuer ein Fernsehinterview. Darin sagte er über seinen Kunden, den Medienunternehmer Leo Kirch:
"Was alles man darüber lesen und hören kann, ist ja, dass der Finanzsektor nicht bereit ist, auf unveränderter Basis noch weitere Fremd- oder gar Eigenmittel zur Verfügung zu stellen."
Es war eines der teuersten Interviews der Wirtschaftsgeschichte und für Breuer der größte Fehler seiner Karriere. Leo Kirch war wenige Wochen später tatsächlich pleite und machte die Deutsche Bank und Breuer dafür verantwortlich. Er forderte Milliarden als Schadenersatz. Und das Oberlandesgericht München gab ihm dem Grunde nach Recht. Breuer habe Kirch mit dem Interview in die Enge treiben wollen, um an der Sanierung des angeschlagenen Medienunternehmens zu verdienen.
"Sind wir hier im Kindergarten?"
In jenem Zivilprozess haben die Angeklagten 2011 und 2012 ausgesagt. Allerdings können sie erst dann bestraft werden, wenn bewiesen ist, dass sie das Oberlandesgericht betrügen wollten. Dazu hätten sich die Angeklagten in einem großen Plan abgesprochen, lautet der Vorwurf der Staatsanwälte. Dazu sagte Breuer-Verteidiger Norbert Scharf schon im Sommer:
"Das ist aus meiner Sicht wirklich abwegig, da hat man sich verrannt."
Fitschen-Verteidiger Hanns Feigen nannte die Anklage schon am ersten Tag Popanz. Andere nennen es missionarischem Eifer, wenn sie die Arbeit der Staatsanwältin beurteilen sollen. Christiane Serini reagiert auf Vorwürfe schnippisch und zunehmend gereizt, kontert die Sprüche mit "Sind wir hier im Kindergarten?" oder behauptete kürzlich, dass die Zeugen der Bank auf ihre Aussage vorbereitet würden. Empört verweigerten einige Verteidiger die weitere Zusammenarbeit. Selbst für den Vorsitzenden Richter Peter Noll dürfte es schwer sein, eine konstruktive Atmosphäre zu schaffen. Er hat bislang das Verfahren souverän und humorvoll geleitet. Mit dem Hinweis, dass mit dem Prinzip "Auge um Auge, Zahn um Zahn" am Ende jeder erblinde, versuchte er die Wogen zu glätten. Eines wissen alle Beteiligten in diesem Strafprozess: Wer hier verliert, wird Revision einlegen. Zumindest dies ist sicher.
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