Christian Boltanski

Der Erinnerungs-Künstler ist tot

07:32 Minuten
Der Installationskünstler Christian Boltanski legt die Hand ans Kinn und lächelt.
Eins der letzten Werke von Christian Boltanski war eine riesige Digitalanzeige, die die Sekunden seines Lebens zählte. © picture alliance / Lukas Schulze
Carsten Probst im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 14.07.2021
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Christian Boltanskis Installationen konfrontierten den Betrachter mit der eigenen Vergänglichkeit. Die Erinnerung an die Shoah war Kern seines Werks. Jetzt ist der Künstler gestorben.
Der Installationskünstler Christian Boltanski ist mit 76 Jahren in seiner Geburtsstadt Paris gestorben. Seine Werke kreisten von Anfang an um die Themen Erinnerung und Tod, und auch eine seiner letzten Installationen verwies darauf: "Dernière seconde", eine riesige Digitalanzeige, die die Sekunden seines Lebens zählte und die mit seinem Tod aufhören sollte.
Die Shoah nimmt einen zentralen Platz im Werk von Boltanski ein, sagt der Kunstkritiker Carsten Probst: "Zum einen für seine Rezeption, aber auch als das zentrale historische Ereignis für sein Verständnis von Erinnerung und Vergessen. Es ist sozusagen der Referenzpunkt für alles, was mit Vergessen, Vergänglichkeit, Gegenwart, mit Geschichte zu tun hat."

Herzschläge von Zehntausenden Menschen

Boltanskis Kunst konfrontiere den Betrachter mit der eigenen Vergänglichkeit, so Probst. Er erinnerte in Sao Paulo an die Opfer der Militärdiktatur und erstellte das Archiv der Herzen, in dem er Herzschläge von Zehntausenden Menschen aus aller Welt versammelte: "Um daran zu erinnern, dass die Vergänglichkeit allgegenwärtig ist und in jedem Moment bewusst erlebt werden kann."
Niedersachsen, Wolfsburg: Eine Frau schaut sich den Ausstellungsraum "Menschlich" von Christian Boltanski im Kunstmuseum Wolfsburg an.
Seine Kunst wird im kollektiven Gedächtnis verbleiben: Ausstellungsraum "Menschlich" von Christian Boltanski im Kunstmuseum Wolfsburg 2019.© picture alliance / dpa / Christophe Gateau
Boltanski werde im kollektiven Gedächtnis bleiben, sagt Probst: "Sein Werk wird schon deshalb Bestand haben, weil es oft verstanden und überliefert wird als Werk zum epochalen Ereignis des 20. Jahrhunderts, der Shoah, und der Erinnerung daran."
(beb)
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