Chor der Woche

Leiblich und weiblich

Partitur mit einer Gesangsstimme
Der Chorleiter und Dirigent Steve Hepner ist Amerikaner und langjähriger Barbershop-Fan. Er hat die Songs im Blut. © Deutschlandradio / Bettina Straub
Von Gerhard Richter · 13.06.2014
Die Berliner Sängerinnen von "Women in Black" sind der Barbershop-Musik regelrecht verfallen - lustvoll und erfolgreich. Der Stil entstand Mitte des 19 Jahrhunderts in den USA und war ursprünglich eine reine Männerdomäne war. Die Herren verkürzten sich damit die Wartezeit in Friseursalons.
Hepner:"Sing again uh!"
Chor:"Uuuuuuh"
Hepner:"First Chord"
Chor: singtAkkord
Hepner: "Now dud."
Chor:"dud dud dud dud…"
Marike Meyer:"Also man sollte Barbershop singen, weil man Barbershop nicht singt oder hört, sondern weil man Barbershop erlebt. Dieses Gefühl…"
Hepner: "Whats the first word?"
Chor: "Broadway!"
Die Probe ist auf Englisch. Das liegt daran, dass Steve Hepner, der Dirigent Amerikaner ist. Der 67-jährige stammt aus Chicago und ist ein langjähriger Barbershopfan. Man kann auch sagen, er hat die Songs im Blut.
Hepner: "Die sind lebendig. Das Gefühl und die Bedeutung der Lieder sollen jetzt über die Bühne kommen, und da nutzen wir alles, was wir können: Also Töne, Akkorde, Rhythmus und Gestik und alles, um das Gefühl da rauszubringen. "
Steve Hepner ist pensionierter Lehrer der John F. Kennedy Schule in Berlin. Dort hat er mehrere Barbershopchöre und Quartette geleitet. Aus dem Umfeld dieser Internationalen Schule stammen auch die meisten der Sängerinnen von "Women in Black". Lehrerinnen, Mütter, Freunde und ehemalige Schülerinnen wie Marike Meyer.
Sängerinnen zwischen 25 und 67 Jahre alt
"Vor über zehn Jahren hab ich angefangen, auch mit Steve Hepner, im Barbershop zu singen, noch in Schulzeiten. Das macht so ein bisschen süchtig, das werden meine Kolleginnen betätigen können. Wer einmal Barbershop singt, der kommt da irgendwie nicht mehr von weg."
Mit 25 Jahren ist Marike Meyer eine der jüngsten im Chor, dagegen ist Cathleen Busch-Haber mit 67 Jahren eine der ältesten Chormitglieder. Sie kennt die Barbershopsongs aus ihrer Kindheit in den USA.
"Diese alten Evergreens, mit denen bin ich ja aufgewachsen. Da war ich sieben Jahre alt, da hab ich die schon gesungen oder gehört im Radio. Und das ist herrlich, ist ganz herrlich."
Hepner: "Stop. Sing Do"
Chor: "Dooooo"
Hepner: "Pitch?"
Chor: freudiges Lachen
Hepner: "Base melody?"
Ein Teppich sorgt für Aufmerksamkeit
Der Chor steht locker im Halbkreis, davor in der Mitte liegt ein kleiner roter Teppich, groß wie ein Fußabtreter. Ein Werkzeug des Dirigenten.
"Das ist ein Trick! Es soll sein: Wenn ich auf dem Teppich stehe, sollen die nicht mehr quatschen, sondern singen."
Das Wichtigste am Barbershopgesang sind die Akkorde, besonders die Septimakkorde sorgen für Spannnung und den typischen geschmeidigen Sound. Synchrone Bewegungen und kleine Spielszenen geben den Liedern zusätzlich Pfiff und Würze. Das ist nicht ganz einfach für die Women in Black, sagt Gabriele Beelitz, die sich die Choreografien ausdenkt.
"Sowie man sich auf die Bewegung konzentriert ist der Ton weg. So einfach ist das manchmal und das miteinander geschickt zu verbinden, setzt voraus, dass der Ton zur Bewegung passt. Wenn sie das aus dem Bauch herausholen, und die Bewegung sowieso eine natürliche wäre, in dieser Geschichte, die wir erzählen, dann passt das."
Damit sich Stimme und Körper einschwingen, gibt’s vor jeder Probe kleine Übungen. Die Stimmtrainerin Nicole Ebert denkt sich da immer was Sinnliches aus. Zum Beispiel: Pfauenfedern balancieren.
"Wenn sie die Feder auf der Fingerspitze haben, singen sie immer besser. Sie haben eine viel größere Resonanz, sie sind nicht mehr so weit kopfig, sondern der ganze Körper ist mit drin im Spiel."
Crescendo-Preis beim Deutschen Chorwettbewerb 2014
Das ergibt im Idealfall einen obertonreichen vollen Chorklang. Kleine Requisiten wie weiße Handschuhe oder Hüte zum schwarzen Kleid oder Showeffekte steigern den Unterhaltungswert. Zweimal schon haben sich die Women in Black der Jury des deutschen Barbershopwettbewerbs in Dortmund gestellt. Dort treffen sich alle zwei Jahre die meisten der etwa 16 Quartette und ein Dutzend Chöre aus Deutschland.
Irmelin Vollmer: "Wir haben uns zwar platzmäßig nicht verbessert. Wir sind zehnte geworden. Aber wir haben uns insofern sehr viel verbessert als der Score, den wir letztes Mal erreicht haben, besser geworden ist und das war eine ganze Menge. Das passiert eigentlich nicht so häufig."
2012 waren es noch 690 Punkte, zwei Jahre später dann 780. Für den größten Qualitätssprung bekamen die Women in Black den Crescendo Preis. Und sie wollen noch besser werden. Steve Hepner betritt seinen roten Teppich.
Hepner: "Pitch"
Chor: "Uh"
Hepner: "First Chord"
Chor: "Ah"
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