Chili con Carne: ungarischer TexMexMix
Sie streiten sich heftig, die Mexikaner mit den Texanern: Wer hat das Chili con Carne erfunden? Um Händeln aus dem Wege zu gehen, sprechen Auswärtige vorsichtshalber von einer Texmex-Küche.
Wer ist nun der Erfinder dieses Gerichtes, das in vielen Versionen heute auf der ganzen Welt zu Hause ist? Die ältesten Zeugnisse stammen von spanischen Missionaren. Sie berichten, dass ihnen die Azteken Wildbret mit rotem Chili servierten. Auch bei den indigenen Völkern Mexikos waren Gerichte aus Chili, Bohnen und Fleisch verbreitet. Aber ob es eine direkte Traditionslinie von den Azteken über indianische Gesellschaften bis zum modernen Texaner gibt, wird wohl nie zu beantworten sein. Es sieht eher so aus, als ob vergleichbare Umstände gleiche kulinarische Ergebnisse zeitigen.
Inwiefern? Fleisch wurde vor der Erfindung der Kühlung überall auf der Welt mit Salz und scharfen Gewürzen eingerieben und getrocknet, um es haltbar zu machen. Mit Fett vermengt hieß es bei den Indianern Pemmikan. Von Dörrfleisch lebten auch die Siedler und ihre Cowboys. Das Zeug wurde dann so lange gekocht, bis es weich war. Chili con Carne war wohl die erste Fertigsuppe in den USA: Denn zur bequemeren Verwendung wurde Dörrfleisch mit Salz, Fett und getrockneten Chilis zu sogenannten Chili-Bricks, zu Chiliziegeln verarbeitet - geradeso wie unsere Erbswurst, die übrigens zur gleichen Zeit in Preußen entwickelt worden war.
Um das rechte Chili con Carne tobt heute ein Glaubenskrieg. In Texas werden Bohnen als Verfälschung geahndet. Gehören sie nun ins Chili oder nicht? Es stimmt schon - Bohnen sind ein Streckmittel. Und nichts ist typischer für Chili con Carne. Ins Chili con Carne kam das jeweils Billigste, das es gerade gab. Es war stets ein Arme-Leute-Essen. Es heißt sogar, das Gericht habe später während der großen Wirtschaftskrise mehr Menschen vor dem Hungertod bewahrt als das Rote Kreuz. Rindfleisch war noch im 19. Jahrhundert in jenen Landstrichen, in denen die Siedler von ihren Rinderherden lebten, das billigste Lebensmittel. Die Tiere wurden vielfach nur ihrer Haut und Knochen wegen geschlachtet, - zur Herstellung von Leder und Leim - das Fleisch galt aufgrund fehlender Kühltechnik als Nebenprodukt. Insofern wurden die Bohnen mit Fleisch gestreckt. . .
Als das Fleisch teurer wurde, kamen vermehrt Bohnen in den Topf? Bohnen waren in Mexiko und Texas eine billige Sättigungsbeilage. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Gericht der armen Bevölkerungsschichten ohne Bohnen ausgekommen sein soll. Umso mehr als das Fleisch nicht gerade von zarten Kälbern kam, sondern von allen Tieren, deren Fleisch entsprechend billig war, also vor allem die zähen Stücke. Das Zeug musste man ewig lange kochen, ebenso wie die Bohnen. Nichts passt besser in einen Topf mit Dörrfleisch als getrocknete Bohnen! Da Bohnen ebenso wie Fleisch reichlich Eiweiß liefern, war das Gericht ernährungsphysiologisch stets gleichermaßen nahrhaft.
Und warum haben die Texaner heute was gegen die Bohnen? Vermutlich, weil sie das Arme-Schlucker-Image ihrer südlichen Nachbarn loswerden wollen. Da heute Fleisch teuer ist und Bohnen billig sind, wird allein schon aus kommerziellen Überlegungen die teure Variante zum Original erklärt. Der Tourismus will ja auch was verdienen. Und so ward ein texanisches Reinheitsgebot geboren, das alle billigen Zutaten wie Tomaten oder Mais, also traditionelle südamerikanische Grundnahrungsmittel aus den Rezepten verbannt. Das ist pure Heuchelei, denn auch in Texas packt niemand mehr Trockenfleisch in den Topf. Und wer Bohnen nimmt, kauft sich im Supermarkt eine Dose vorgekochter Ware, damit sie gleichzeitig mit dem Fleisch gar ist. Aber ein echter Texaner beschränkt sich kulinarisch auf scharfe Paprika mit saftigen Fleischwürfeln.
Nur scharfe Paprika und Fleisch? Das kenn ich doch - das nannte man früher Gulasch Genau. In sehr heißen Regionen werden Chilis bevorzugt, weil sie die Hitze erträglicher machen, indem sie Hitzerezeptoren in der menschlichen Haut betäuben. In Ungarn ist es nicht ganz so heiß, also werden die nahrhafteren und weniger scharfen Gemüsepaprika bevorzugt. Das spricht dafür, dass es sich in der Tat um ein internationales Gericht handelt, und es gibt durchaus auch Gründe für die Annahme, dass Gerichte dieser Art gleichermaßen auch von europäischen Auswanderern nach Texas gelangten.
Literatur:
Von Paczensky G, Dünnebier A: Leere Töpfe, volle Töpfe. Knaus, München 1994
Pennington CW: The Tarahumar of Mexico. University of Utah Press, Salt Lake City 1963
Newcomb WW: The Indians of Texas. University of Texas Press, Austin 1961
Blunt R: Chili mania. Backwoods Home Magazine 2000; (3): 64-73
Inwiefern? Fleisch wurde vor der Erfindung der Kühlung überall auf der Welt mit Salz und scharfen Gewürzen eingerieben und getrocknet, um es haltbar zu machen. Mit Fett vermengt hieß es bei den Indianern Pemmikan. Von Dörrfleisch lebten auch die Siedler und ihre Cowboys. Das Zeug wurde dann so lange gekocht, bis es weich war. Chili con Carne war wohl die erste Fertigsuppe in den USA: Denn zur bequemeren Verwendung wurde Dörrfleisch mit Salz, Fett und getrockneten Chilis zu sogenannten Chili-Bricks, zu Chiliziegeln verarbeitet - geradeso wie unsere Erbswurst, die übrigens zur gleichen Zeit in Preußen entwickelt worden war.
Um das rechte Chili con Carne tobt heute ein Glaubenskrieg. In Texas werden Bohnen als Verfälschung geahndet. Gehören sie nun ins Chili oder nicht? Es stimmt schon - Bohnen sind ein Streckmittel. Und nichts ist typischer für Chili con Carne. Ins Chili con Carne kam das jeweils Billigste, das es gerade gab. Es war stets ein Arme-Leute-Essen. Es heißt sogar, das Gericht habe später während der großen Wirtschaftskrise mehr Menschen vor dem Hungertod bewahrt als das Rote Kreuz. Rindfleisch war noch im 19. Jahrhundert in jenen Landstrichen, in denen die Siedler von ihren Rinderherden lebten, das billigste Lebensmittel. Die Tiere wurden vielfach nur ihrer Haut und Knochen wegen geschlachtet, - zur Herstellung von Leder und Leim - das Fleisch galt aufgrund fehlender Kühltechnik als Nebenprodukt. Insofern wurden die Bohnen mit Fleisch gestreckt. . .
Als das Fleisch teurer wurde, kamen vermehrt Bohnen in den Topf? Bohnen waren in Mexiko und Texas eine billige Sättigungsbeilage. Es ist schwer vorstellbar, dass ein Gericht der armen Bevölkerungsschichten ohne Bohnen ausgekommen sein soll. Umso mehr als das Fleisch nicht gerade von zarten Kälbern kam, sondern von allen Tieren, deren Fleisch entsprechend billig war, also vor allem die zähen Stücke. Das Zeug musste man ewig lange kochen, ebenso wie die Bohnen. Nichts passt besser in einen Topf mit Dörrfleisch als getrocknete Bohnen! Da Bohnen ebenso wie Fleisch reichlich Eiweiß liefern, war das Gericht ernährungsphysiologisch stets gleichermaßen nahrhaft.
Und warum haben die Texaner heute was gegen die Bohnen? Vermutlich, weil sie das Arme-Schlucker-Image ihrer südlichen Nachbarn loswerden wollen. Da heute Fleisch teuer ist und Bohnen billig sind, wird allein schon aus kommerziellen Überlegungen die teure Variante zum Original erklärt. Der Tourismus will ja auch was verdienen. Und so ward ein texanisches Reinheitsgebot geboren, das alle billigen Zutaten wie Tomaten oder Mais, also traditionelle südamerikanische Grundnahrungsmittel aus den Rezepten verbannt. Das ist pure Heuchelei, denn auch in Texas packt niemand mehr Trockenfleisch in den Topf. Und wer Bohnen nimmt, kauft sich im Supermarkt eine Dose vorgekochter Ware, damit sie gleichzeitig mit dem Fleisch gar ist. Aber ein echter Texaner beschränkt sich kulinarisch auf scharfe Paprika mit saftigen Fleischwürfeln.
Nur scharfe Paprika und Fleisch? Das kenn ich doch - das nannte man früher Gulasch Genau. In sehr heißen Regionen werden Chilis bevorzugt, weil sie die Hitze erträglicher machen, indem sie Hitzerezeptoren in der menschlichen Haut betäuben. In Ungarn ist es nicht ganz so heiß, also werden die nahrhafteren und weniger scharfen Gemüsepaprika bevorzugt. Das spricht dafür, dass es sich in der Tat um ein internationales Gericht handelt, und es gibt durchaus auch Gründe für die Annahme, dass Gerichte dieser Art gleichermaßen auch von europäischen Auswanderern nach Texas gelangten.
Literatur:
Von Paczensky G, Dünnebier A: Leere Töpfe, volle Töpfe. Knaus, München 1994
Pennington CW: The Tarahumar of Mexico. University of Utah Press, Salt Lake City 1963
Newcomb WW: The Indians of Texas. University of Texas Press, Austin 1961
Blunt R: Chili mania. Backwoods Home Magazine 2000; (3): 64-73