Chef am Gendarmenmarkt

Lothar Zagrosek zieht es nach 15 Jahren Oper in Stuttgart wieder zurück zur sinfonischen Musik, er ist seit dieser Spielzeit musikalischer Chef am Gendarmenmarkt, ist Chefdirigent des Konzerthausorchesters. Eine gute Lösung für das Berliner Orchester, denn Zagrosek ist ein gnadenloser Orchestererzieher, gilt als teamfähiger Dirigent mit programmatischen Visionen - für Berlin eine Idealbesetzung.
Typisch Zagrosek diese Programmfolge: ein eher selten gespieltes Werk von Anton Webern zu Beginn, am Schluss Beethovens "Eroica" – faktisch als Klassiker – und mittendrin die Uraufführung eines Stückes von Nicolaus A. Huber. Hubers neues Werk ist ein Auftrag des Konzerthauses und "schwirren flu:xs (und Selbstbildnis)" überschrieben. Hier ist das Fluktuierende der Klänge ebenso gemeint wie eine Referenz an die Fluxusbewegung der frühen 1960er Jahre. Huber bezeichnet das Werk dann gleichfalls als Selbstbildnis, was ihm eine biografische Dimension verleiht. "schwirren flu:xus" ist vor allem auch Hommage an Claude Debussy: "Lange Zeit habe ich mich mit den ingenieurhaften Techniken Debussys beschäftigt. Nach Schubert hat er am meisten für die großen Reichweiten einzelner Töne getan, Reichweiten, die unabhängig von den einzelnen musikalischen Gestalten und Formteilen ihre Energiebahnen ziehen. Die Entdeckungen und Terminologien der physikalisch-mathematischen Naturwissenschaften auf Musik anzuwenden, bedeutet für mich zuvörderst, Tonalität von allem befreien zu können, was ihr verkrüppelte Spießigkeit - gerade auch in der Theorie - immer noch antut und auch Debussys Errungenschaften selbst vom Netz seiner Tonalität (immerhin 100 Jahre alt!) zu befreien. Plötzlich wurden für mich seine faszinierenden Fluktuationen loslösbar von ihren historisch gebundenen harmonischen Formen!"
Mit Anton Weberns "Im Sommerwind" steigen wir in den Abend ein, ein Idyll für großes Orchester, sein erster Versuch eines großen Orchesterwerkes. Das Idyll basiert auf einem Gedicht des norddeutschen Schriftstellers und Philosophen Bruno Wille, eine Hymne auf die Natur, auf impressionistische Weise wird ein Sommertag in Wald und Flur geschildert.
Beethovens "Eroica" am Schluss - eines des gewaltigsten Werke der klassischen Literatur, das auch heute noch Herausforderung für die modernen Orchester ist.


Live aus dem Konzerthaus Berlin

Anton Webern
"Im Sommerwind"

Nicolaus A. Huber
"schwirren flu:xs (und Selbstbildnis)" - (UA/Auftragswerk des Konzerthauses Berlin)

ca. 20:45 Uhr Konzertpause mit Nachrichten

Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 ("Eroica")


Konzerthausorchester Berlin
Leitung: Lothar Zagrosek