Charts

Top 5 des Arthouse-Kinos

Joaquin Phoenix bei einem Photocall für "Inherent Vice" in Rom, aufgenommen 2015
Joaquin Phoenix liefert als Larry Sportello in "Inherent Vice" eine unfassbare Vorstellung. © imago/Independent Photo Agency
Von Hartwig Tegeler · 21.02.2015
Um Emotionen geht es diesmal in den Arthouse-Charts. Unser Autor ist hin- und hergerissen. Aber die Oscars gönnt er vor allem dem Film "Inherent Vice – Natürliche Mängel" von Paul Thomas Anderson, weil hier allein durchs Anschauen ein Rausch entstehe.
Musik-Mix: "Der Dritte Mann" (Musik) - Projektor - Weiter!
O-Ton: "Film is like a battleground, love, hate, action, violence. In one word: emotions."
Musik-Mix: "Der Dritte Mann"
Und weil das so ist, mit den Gefühlen, …
O-Ton: "... emotions ..."
…, immerhin war ja auch Herr Kafka im Kino und hat geweint, mögen uns doch heute mal die geordneten Top-5-Strukturen …
Sprecher: Platz 1 ...
… gehörig um die, …
Sprecher: Platz 3 ...
… die Ohren fliegen …
Sprecher: Platz 5 ...
… nichts gegen die wunderbare Isabelle Huppert …
Sprecher: "Sehnsucht nach Paris" von Marc Fitoussi
… auf ihrer Stadtflucht, …
O-Ton: "Sie von Paris? – Nein, ich bin aus der Normandie. Wir haben dort viele Kühe."
… nichts gegen den wunderbaren Benedict Cumberbatch als Computer-Genie Alan Turing bei der Enigma-Dechiffrierung, …
O-Ton: "Ich löse gern knifflige Aufgaben, Commander, und Enigma ist die schwierigste Aufgabe der Welt."
Sprecher: "The Imitation Game" von Morton Tyldum.
Ja, auch nichts Grundsätzliches gegen zurückhaltend formuliert , Sönke Wortmanns Pädagogen- oder auch Eltern-Basching in ...
Sprecher: "Frau Müller muss weg"
Immerhin ganz auf ...
Sprecher: Platz 1.
Richtig weh tut es zugegeben, diesen Phoenix aus der Schauspielerasche, diesen Michael Keaton, in Alejandro Innaritus Film so kurz hier abzuhaken. Dafür kommt man fraglos in die Kinohölle und zwar ohne Wenn und Aber. …
Sprecher: Platz 2: "Birdman" von Alejandro Iñárritu.
… aber wenn man schon die Gelegenheit bekommt, vor einem Film auf dem Boden zu kriechen was als durchaus lustvoller Akt gemeint ist an dieser Stelle , der sich das philosophische, ästhetische, alltagspraktische, inhalationsmoralisch wie -ethische Prinzip der Durchgeknalltheit auf die cinematographischen Fahnen geschrieben hat, dann ... nun, ich sagte ja die Ordnung geht flöten, auch die grammatikalische ...
Sprecher: Platz 4: "Inherent Vice – Natürliche Mängel" von Paul Thomas Anderson.
Credo von Andersons Thomas Pynchon-Verfilmung:
O-Ton: "Also, worum geht´s hier eigentlich?"
Also, ich habe nichts verstanden. Ich habe nichts verstanden in "Inherent Vice", aber wie lustvoll war das. 1970, wir reden vom Jahr. Doc, an sich Larry Sportello alias Joaquin Phoenix in einer unfassbaren Vorstellung. Doc also ist ein klassisches Private Eye –klassisch, weil Chandler, Bogart, Marlowe, film noir, alles klar! 1970, das Jahr, es sind viele Substanzen im Umlauf, die inhaliert werden. Also, wo Marlowe den Whiskey hatte, hat Doc Gras.
O-Ton: "Hippies."
Und das wirkt sich aus.
O-Ton: "Hippies."
Kurzum, er blickt nicht durch. Nicht mal ansatzweise.
O-Ton: "Hippies."
Wobei es mir bei Paul Thomas Andersons Film, wie gesagt, nicht wirklich anders geht, …
O-Ton: "Hippies."
… aber – oder na ja, 1970, da hatten sie eben ihre Hoch-Zeit. Die Hippies.
O-Ton: "Du weißt, dass ich jetzt ein Büro habe. Das ist wie ein geregelter Job praktisch."
Doc meint übrigens, dass er noch viel weniger verstehen würde von dem Verschwinden des neuen Freundes seiner alten Freundin mit Namen Mickey Wolfman, wenn er keine Substanzen inhalieren würde. Und der doppelte Konjunktiv könnte durchgehen als Verbeugung vor der Undurchschaubarkeit oder Unübersichtlichkeit oder strukturellen Unerzählbarkeit des Seins. Oder so. Jedenfalls irgendwie.
O-Ton: "Ich habe läuten hören, dass Mickey Wolfmann gar nicht so verschwunden ist, wie wir alle glauben. – Du meinst, er hat uns verlassen, aber er ist noch da?"
Was jetzt kommt, alle Achtung, ist ein wahrer Dschungel aus Verschwörungen, Entführungen, FBI-Intrigen, Morden, Unabwägbarkeiten und Irrsinn. So richtig schöne Thomas-Pynchon-Paranoia.
O-Ton: "Das kam nicht an. Nochmal. Vegas? Wolfmann? Ne FBI-Sache. Die wollen jemand anderen auf dem Strip. Der kein Italiener ist. Klingelt´s? So, wie Howard Hughes, als er das Desert Inn gekauft hat. Howard Hughes war Italiener?"
Aber jetzt mal ganz knallhart gefragt: Wie verweist Paul Thomas Andersons wunderbare Thomas-Pynchon-Verfilmung "Inherent Vice" in seinen abstrusen Verschachtelungen auf unsere Zeit? Das Hier, das Jetzt. Jaaah, das ist so eine Frage. Eine gute, eine verständliche, eine nachvollziehbar, vollkommen berechtigte. Jaaah!
O-Ton: "Können wir da ein bisschen auf den Busch klopfen. – Klar können wir. – Tatsächlich? – Was heißt das?"
Dass nach so einem Film wie "Inherent Vice" allein durch das Anschauen ein Rausch entsteht, der die Ordnung in Luft sich auflösen lässt ... also, wenn einem soviel Wunderbares wird beschert, das ist schon ... einen Kinobesuch wert.
O-Ton: "In one word emotions."
Ich würde dem ja morgen alle Oscars geben, mindestens.
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