Charles Pépin: "Kleine Philosophie der Begegnung"

Lebenslektionen von Hegel und Clint Eastwood

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Das Cover des Buches von Charles Pépin, "Kleine Philosophie der Begegnung", auf orange-weißem Grund. Das Cover zeigt neben dem Namen des Autors und des Titels Zeichnungen von sechs Menschen, die mit Strichen netzwerkartig verbunden sind.
© Hanser

Charles Pépin

Übersetzt von Caroline Gutberlet

Kleine Philosophie der BegegnungHanser Verlag, München 2022

256 Seiten

20,00 Euro

Von Andrea Gerk · 28.02.2022
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Urlaubsbekanntschaften, Lebenspartner, Romanhelden: Fast alle Begegnung haben das Potenzial, unser Leben zu verändern. Der Philosoph Charles Pépin erkundet das Wesen der Begegnung. Sein Buch ist eine Anregung, anders auf das eigene Leben zu schauen.
Für viele Menschen dürften Begegnungen das sein, was sie während der Pandemie am meisten vermisst haben. Der französische Philosoph Charles Pépin, der in Paris zu Hause ist, geht in seinem neuen Buch den Möglichkeiten der Begegnung nach und befragt dazu nicht nur einige der großen Denker des 20. Jahrhunderts, sondern er stöbert auch in der Literatur- und Filmgeschichte und erzählt von Begegnungen, die sein eigenes Leben geprägt und verändert haben.

Das Abenteuer des Daseins

Eine flüchtige Urlaubsbekanntschaft, ein scheinbar unverbindliches Gespräch im Zug oder ein Lektüre-Erlebnis – jede Begegnung trägt das Potenzial in sich, unser ganzes Leben zu verändern. Über Begegnung nachzudenken heißt deshalb, über das Leben an sich nachzudenken: „Begegnungen stehen im Mittelpunkt des Abenteuers unseres Daseins“, schreibt der Bestsellerautor und erkundet das Wesen freundschaftlicher, professioneller, romantischer oder auch zufälliger Begegnungen.
Wobei er besonders die Rolle des Zufalls dabei gleich zu Anfang gründlich hinterfragt, indem er klarstellt, dass kein ominöses Schicksal zu glücklichen Begegnungen führt. Vielmehr müsse man selbst dazu bereit sein, Gewohnheiten zu durchbrechen, sich einzulassen und auch mal die Maske fallen zu lassen.

Von Hegel bis Clint Eastwood

Unter welchen Bedingungen Begegnungen zustande kommen und was sie bewirken können, erklärt der Philosoph Pépin mal mit Hegel oder Sartre, dann wiederum nimmt er einen mit ins Kino und zeigt einem Clint Eastwoods Liebesfilm mit Meryl Streep, „Die Brücken am Fluss“, noch einmal neu. Denn darin verzichten zwar die beiden Liebenden darauf, miteinander fortzugehen, aber was sie geteilt haben, wird sie für immer begleiten und sie zu dem werden lassen, was sie im Inneren ihres Wesens sind.
Worin überhaupt für Pépin der Kern geglückter Begegnungen liegt: Mögen die Beteiligten noch so verschieden sein, „ich muss anderen begegnen, um ich selbst zu werden.“ Das kann eine Begegnung mit dem Philosophielehrer im letzten Schuljahr sein, von der Pépin erzählt, ein arrangiertes Abendessen zwischen David Bowie und Lou Reed, aus dem das legendäre Album „Transformer“ hervorgegangen ist oder die „stillen Wandlungen“, die ein Kunstwerk oder ein Lektüre-Erlebnis bewirken können.

Elegant geschriebene Reflexionen

Aus jeder Begegnung kann etwas Neues, noch nicht Dagewesenes entstehen – sei es ein Kunstwerk, eine Familie oder eine ungeahnte Perspektive auf die Welt. Und jede wirkliche Begegnung nimmt einen auch in die Pflicht – als moralisches Wesen, das zum Beispiel sobald es einen Obdachlosen wirklich wahrnimmt - also ansieht oder anspricht -, sich auch verantwortlich fühlen wird.
Auch wenn nicht jedes Beispiel, das Charles Pépins in seinen leicht und elegant geschriebenen Reflexionen anführt, überraschend ist, das eine oder andere auch ein wenig banal daherkommt, regt seine „Philosophie der Begegnung“ doch dazu an, anders auf das eigene Leben zu schauen und auf die wirklich wichtigen Begegnungen, die es darin gegeben hat.

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