Charles Gounods "Die blutende Nonne"

Eine düstere Grusel-Oper wiederentdeckt

Michael Spyres (Rodolphe), Marion Lebègue (la Nonne) und der chœur accentus in Charles Gounods Oper "La nonne sanglante" in der Pariser Opéra-Comique
Michael Spyres (Rodolphe), Marion Lebègue (la Nonne) und der chœur accentus in Charles Gounods Oper "La nonne sanglante" in der Pariser Opéra-Comique © Pierre Grosbois
Von Franziska Stürz · 02.06.2018
Mit Mord und Geistern wartet die lange vergessene Oper "Die blutende Nonne" des Komponisten Charles Gounod auf, die nun in der Pariser Opéra-Comique zu sehen ist. Das 1854 uraufgeführte Singspiel gehört zu dem damals angesagten Genre der Grusel-Oper.
Zum 200. Geburtstag des Komponisten Charles Gounod hat die Pariser Opéra-Comique in Kooperation mit der Stiftung Palazzetto Bru Zane die 1854 uraufgeführte und vergessene Oper "Die blutende Nonne" wieder ausgegraben. Sie gehört in das zur damaligen Zeit sehr angesagte Genre der Grusel-Opern, in denen Geister eine wichtige Rolle spielen.

Ein hervorragendes, junges Solistenensemble

Die Dirigentin Laurence Equilbey und ihr Insula Orchestra legen stilecht sowohl die einfältigen Schwächen, als auch die grandiose emotionale Wucht von Gounods schillernder Musik offen und tragen ein hervorragendes, junges Solistenensemble. Angeführt wird es von Tenor Michael Spyres in der enorm fordernden Rolle des Rodolphe, der versehentlich nicht seiner Geliebten Agnes, sondern dem Geist der blutenden Nonne ewige Treue schwört. Aus diesem Dilemma kann er nur durch den Mord am eigenen Vater herauskommen.
Charles Gounods Oper  "La nonne sanglante" in der Pariser Opéra-Comique: Vannina Santoni (Agnès), Michael Spyres (Rodolphe), Marion Lebègue (la Nonne), chœur accentus
Vannina Santoni als Agnès, Michael Spyres als Rodolphe und Marion Lebègue als die blutende Nonne.© Pierre Grosbois
Regisseur David Bobée betont das Düstere dieser Gruseloper, die im 11. Jahrhundert spielen soll, indem er auf der mit schwarzer Asche bestreuten, nachtschwarzen Bühne schwarz gekleidete Ritter in Zeitlupe kämpfen lässt. Dezente schwarz-graue psychedelische Videoprojektionen von José Gherrak unterstreichen im Hintergrund das Albtraumhafte der Geisterscheinungen. Marion Lebègue darf als blutende Nonne im weißen Schleier eindrucksvoll mit den toten Augen rollen und dem unglücklichen Rodolphe mit ihrem dunklen Mezzo drohen. Bei Vannina Santonis kraftvoller, jugendlicher Agnes sind es die weißblonden Haare, die einen weiteren Lichtblick ins von Lemurengestalten bevölkerte Dunkel bringen.

Eine durchaus lohnende Wiederentdeckung

Indem Bobée zur Ouvertüre zeigt, wie Rodolphes Vater eine junge Nonne ersticht, schließt sich mit dem befreienden Opfertod des Vaters am Ende des dreistündigen Abends eine erzählerische Klammer. Trotz mancher Schwächen im sich konsequent dahin reimenden Libretto und harten Brüchen in der musikalischen Struktur, ist Gounods "La Nonne sanglante" eine durchaus lohnende Wiederentdeckung – nicht nur für Liebhaber von Schauermärchen.
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