Cellistin Konstanze von Gutzeit

Als Solistin vor lauter Bekannten

Von Philipp Quiring |
Das nächste Konzert von Konstanze von Gutzeit wird ein besonderes. Denn Henri Dutilleux spielt die Solocellistin nicht wie sonst vor ihr kaum bekannten Musikern. Im Konzerthaus Berlin steht sie mit hunderten ihr vertrauten Kollegen vom Rundfunksinfonie-Orchester auf der Bühne.
"Da es schon eine Geige und eine Bratsche in der Familie gab, hat sich das mit dem Cello angeboten und dann hat ein mit meinen Eltern befreundeter Geigenbauer ein kleines Minicello quasi gebaut, indem er eine Bratsche genommen hat und da einen Stachel dran montiert hat, weil es ein Cello in dieser Größe einfach gar nicht gibt. Und so habe ich dann angefangen wirklich, es war mehr ein Spiel, als wirkliches Üben."
Mit einem Lächeln spricht die heute 30-Jährige Konstanze von Gutzeit über ihre spielerischen Anfänge, wie ihr die Musik von klein auf in die Wiege gelegt wurde. Als mittlere von insgesamt fünf Geschwistern waren Geige und Bratsche von den Älteren schon belegt, sodass sie mit ihrem Minicello und der Hilfe ihrer Patentante die Musik zunehmend für sich entdeckte. Als Dreijährige zupfte sie leere Saiten und sang dazu kleine Lieder mit einfachen Texten.
Schon früh reiste Konstanze von Gutzeit in ferne Länder, nahm mit zehn am Sommercamp von Itzhak Perlman in den USA teil und spielte ein Jahr später in Japan mit ihrer Schwester an der Geige und einer befreundeten Pianistin Klaviertrios in Tokio. Eine Weichenstellung für ihre gesamte Karriere, die bereits früh vollzogen wurde und für die auch Opfer erbracht werden mussten, wie die Entscheidung gegen einen Besuch der Ballettakademie Köln und eine eventuelle Tanzkarriere.
"Dann habe ich mich fürs Cello entschieden, was ich auch nie bereut habe, weil ich glaube als Balletttänzerin wäre meine Karriere jetzt schon vorbei und als Cellistin fängt sie jetzt gerade erst an" (lacht)
Gleich nach der Ausbildung zum großen Orchester
Auf so virtuose Schlachtrösser wie die Rokoko-Variationen von Peter Tschaikowsky wurde von Gutzeit über Jahre hinweg systematisch vorbereitet. Nach dem Umzug mit ihrer Familie von Bochum nach Linz besuchte sie die Celloklasse von Heinrich Schiff. Bei ihm lernte die 13-Jährige Konstanze in der österreichischen Hauptstadt technische Grundlagen und erarbeite sich viel Repertoire. Nach weiterer Ausbildung als junge Erwachsene in Berlin und Weimar schaffte von Gutzeit den fließenden Übergang aus dem Studium heraus zu einem großen Orchester. Als Solocellistin des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin hat sie in den vergangenen drei Jahren viele Konzerte vom Pult aus gespielt, kommenden Freitag sitzt sie dann erstmals ganz vorne, wenn sie das Cellokonzert "Tout un monde lontain" – "Eine ganze Welt, sehr weit entlegen" von Henri Dutilleux spielt.
"Es macht dieses Konzert zu einem ganz besonderen Ereignis für mich, dass es eben sozusagen mein eigener Laden ist. Normalerweise ist es dann so, man kommt zu einem Orchester, hat dann eine Probe, vielleicht noch GP und Konzert und lernt niemanden richtig kennen und dann mit hunderten Leuten auf der Bühne sitzen, die man alle aus der täglichen Arbeit kennt, das ist natürlich schon besonders."
"Gift, das aus deinen Augen träufelt, deinen grünen Augen, diesen Seen, wo meine Seele bebt und umgekehrt ihr Bild erblickt.
In dir, du Ebenholz-Meer, ist blendend hell ein Traum verborgen von Segeln,
Ruderern, Wimpeln und Masten"
Inspiriert von den Worten Charles Baudelaires aus "Fleurs du mal" – den "Blumen des Bösen" entstand das Cellokonzert von Henri Dutilleux. Verschleiert mythisch wirken die ätherischen Klänge der fünf Sätze, jedem Satz stellt Dutilleux einen Gedichtfetzen Baudelaires voran.
Besondere Klangfarben und große Sinnlichkeit
Für Cellisten wie Konstanze von Gutzeit gehört das zwischen 1967 und 1970 entstandene Konzert längst zum Standardrepertoire. Dutilleux schrieb es für den Jahrtausendcellisten Rostropowitsch, der es auch uraufführte. Entsprechend sind die technischen Herausforderungen.
"Also so da oben, wir sagen immer im ewigen Schnee, da spielt niemand gerne unbedingt. Aber das ist natürlich eine besondere Herausforderung, weil man sich da sonst einfach nicht so häufig bewegt. Und das sind ganz besondere Klangfarben, die da entstehen und also ich finde, dass diese Musik sehr viel unglaublich Sinnliches hat an vielen Stellen."
Henri Dutilleuxs Farbenreichtum bis hin zu den Flageoletts, Konstanze von Gutzeits Liebe für die sphärischen Klänge: kommenden Freitag wird für den Hörer selbst erfahrbar, wie diese Konstellation klingt. Die Cellistin freut sich schon jetzt auf Dutilleuxs "Tout un monde lontain".
"Es ist nicht seine Absicht, dass das Publikum da sitzt und er versucht die hypnotischen grünen Augen in der Musik zu hören, von denen im Gedicht die Rede ist. Es ist einfach so dermaßen tolle Musik, dass ich auch finde, dass man es eigentlich noch viel viel öfter hören müsste."
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