CDU-Wahlprogramm

Von Silvia Engels |
Nur eine Minute Zeit hat sich Angela Merkel heute genommen, um das Wahlmanifest der SPD zu bewerten. Ihr Urteil war hart: Dieses Programm solle in erster Linie die SPD nach innen ruhig stellen, es biete keine konsequenten Antworten auf die großen Probleme des Landes. Punkt. Nachfragen nicht erlaubt.
Warum so kurz, Frau Merkel? Fürchtete die CDU-Chefin, dass ihr eigenes Wahlprogramm, das nächsten Montag präsentiert werden soll, ähnlich bewertet werden wird? Denn auch bei der Union ist noch fraglich, wie konkret das Papier am Ende sein wird. Zwar sind seit gestern Einzelheiten bekannt: Spitzen- und Eingangssteuersatz sollen auf 39, beziehungsweise auf 12 Prozent sinken; Ausnahmen gestrichen werden. Die Mehrwertsteuer wird wohl steigen, aber nur zur Entlastung der Sozialsysteme, nicht um Haushaltslöcher zu stopfen. Das sind konkrete Ansagen, die Respekt verdienen. Doch Angela Merkel sagte auch: Geeinigt haben wir uns endgültig auf gar nichts. Folglich scheint die Gefahr noch nicht gebannt, dass CDU und CSU zu den großen Problemen des Landes am Ende doch keine so konsequenten Antworten liefern werden.

Es ist zu hoffen, dass die Union den Mut hat, ihre Pläne im Detail in ihr Wahlprogramm zu schreiben. Denn der mündige Wähler ist durchaus in der Lage, abzuwägen und auch Belastungen zu ertragen, wenn er dahinter ein Erfolg versprechendes Gesamtkonzept zur Reform der Sozialsysteme und zur Ankurbelung der Wirtschaft erkennt. Solch ein Konzept lässt sich aus dem bislang Bekannten durchaus erahnen. Insofern hat die CDU einen Vorteil gegenüber der SPD herausgearbeitet. Denn die Sozialdemokraten sind in ihrem Programm vor allem bei Finanzierungsfragen vage geblieben. Hier kann die Union punkten, wenn sie auch im endgültigen Programm belastbare Zahlen vorlegt.

Doch muss ein weiteres dazukommen, um den aus Unions-Sicht schon sicher geglaubten Wahlsieg tatsächlich einzufahren: Denn Programme schreiben allein, reicht nicht. Sie müssen von Personen verständlich erklärt werden. Bundeskanzler Schröder und SPD-Chef Müntefering haben das heute beherzigt. Nach der Präsentation gestern nahmen sie sich heute noch einmal 90 Minuten Zeit, um vor der Presse ihr Wahlprogramm zu erläutern. Dabei zeigte sich Schröder einmal mehr als kampfbereiter, schlagfertiger Wahlkämpfer. Das ist Angela Merkel bislang noch nicht gelungen. Ab nächster Woche, wenn das Unions-Programm vorliegt, wird sie sich deutlich mehr Zeit nehmen müssen als heute. Mehr Zeit dafür, um das hoffentlich schlüssige Gesamtkonzept dem Wähler auch nahe zu bringen. Und mehr Zeit dafür, um gegenüber Gerhard Schröder persönlich stärker an Profil zu gewinnen.