CDU-Politiker Klaer

Konservativer Vorkämpfer für die Homo-Ehe

Wehende Regenbogenflaggen auf einer Demonstration.
Wie entscheidet die Hauptstadt-CDU über die Homo-Ehe? © picture alliance / dpa / Jens Kalaene
23.07.2015
Eingetragene Lebenspartnerschaft oder Ehe für alle? Als einziger Landesverband hat sich die Hauptstadt-CDU für eine Mitgliederbefragung entschieden. Für die Homo-Ehe setzt sich im Landesverband der Partei Markus Klaer ein.
"Ein Glück, dass wir zwei Fachleute dabeihaben, die mir erklären können. Was Sie ankreuzen sollen? Vor allem, wie man abstimmen soll. Das scheint mir sehr kompliziert zu sein."
Der Wahlbrief aus der CDU-Landesgeschäftsstelle ist da!
Sind Sie dafür, dass gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen können? steht auf einem weißen Wahlzettel. Die Frage an sich ist nicht kompliziert, aber die Entscheidung für ein Ja, Nein oder vielleicht ein bisschen verlangt den 12.500 Mitglieder der Berliner CDU derzeit einiges ab. Im Kreisverband Lichtenberg versucht heute Abend Markus Klaer, 47 Jahre alt, seine Parteifreunde zu überzeugen.
Klaer: "Diesen gerade sehr konservativen Wert, füreinander einstehen zu wollen, wird von Lesben und Schwulen in eingetragenen Lebenspartnerschaften bereits gelebt, sie wollen dauerhaft füreinander da sein."
Markus Klaer erzählt von seiner eigenen Lebenspartnerschaft, die er Ehe nennt. Dass sein Mann gerade in die CDU eingetreten ist und dass er sich durch die Rechtsform der eingetragenen Lebenspartnerschaft diskriminiert fühlt.
Klaer: "Das heißt, immer dann, wenn ich meinen Familienstand angeben darf, ich bin verpartnert, mache ich gleichzeitig ein Zwangsouting. Egal, ob ich einen Kreditvertrag mache, ob ich zu einer Sachbearbeiterin auf's Amt gehe, egal wo ich hingehe, ich werde automatisch als schwul wahrgenommen. Manchmal wird dann mit mir geflirtet, meistens interessiert's die Leute nicht, aber häufig krieg ich dann noch so."
Markus Klaer ergreift die Lehnen seines Stuhls, rückt demonstrativ nach hinten, zieht ein angewidertes Gesicht. Lachen im Raum. Das schauspielerische Talent hätten viele dem meist zurückhaltend und leise agierenden Abgeordneten gar nicht zugetraut.
Am nächsten Tag in einem Café im traditionellen Berliner Schwulenkiez rund um den Schöneberger Winterfeldplatz. Den Treffpunkt hat Markus Klaer passend gewählt: Homosexuelle Paare gehen hier Hand in Hand und küssen sich, Heterosexuelle spüren, wie es ist, Minderheit zu sein.
Er hätte auch ein konservativer Grüner werden können
Markus Klaer war schon immer Minderheit: in den Achtzigerjahren als Jugendlicher im ostwestfälischen, katholisch geprägten Geseke. Das Outing hat ein paar Jahre gedauert, erinnert sich der CDU-Politiker, während er an seiner Zigarette zieht.
Klaer: "Dann erkrankte meine Mutter noch. Dann wollte ich ihr nicht noch ein Outing überhelfen. Und sie sagte mir dann auf dem Sterbebett: Lieber Junge, achte drauf, wenn Du mit Männern zusammen bist, dass Du immer brav das Kondom benutzt."
Markus Klaer versprach es seiner Mutter und blieb brav, auch äußerlich. Jeans, klein kariertes Hemd, Fünf-Tage-Bart.
Dem ersten Outing folgte gleich wieder das Verstecken, er ging zur Bundeswehr. Studium an der Bundeswehrhochschule, Abschluss Vermessungsingenieur. Ausbildung zum Offizier.
Klaer: "Das war gar nicht so einfach. Da galt die Methode: Don't ask, don't tell."
Ostwestfälische Dickschädeligkeit
Vielleicht war es ja die ostwestfälische Dickschädeligkeit - Markus Klaer jedenfalls wollte sich mit dem Versteckspiel nicht abfinden. Er gründete den Arbeitskreis "Schwule Soldaten in der Bundeswehr". Vor sieben Jahren dann – mittlerweile Berliner geworden – trat er in die CDU ein, sitzt heute für die Union im Abgeordnetenhaus, ist Landesvorsitzender der Lesben und Schwulen in der Union.
Klaer: "Und diese bewusste Entscheidung war, dass ich mir regelmäßig den Wahl-o-Meter angeschaut habe, was man heute so machen kann, und bis heute mit 75 Prozent meiner Meinung auf CDU-Linie liege."
Sein katholischer Glaube, die christlichen Werte, der respektvolle Umgang miteinander - das waren die Gründe für Markus Klaer, in die CDU einzutreten. Ungewöhnlich für einen schwulen Aktivisten, der jahrelang den Christopher-Street-Day in Berlin mitorganisiert hat. Ich hätte auch ein konservativer Grüner werden können, sagt er.
Klaer: "Aber die Debattenkultur und der Umgang miteinander, der Respekt vor anderer Meinung, vor anderen Menschen, den habe ich in meiner Partei wiedergefunden, den finde ich teilweise in anderen Parteien nicht."
Abend für Abend diskutiert Markus Klaer mit Parteifreunden über die Homo-Ehe, freut sich darüber, dass die Berliner CDU ihre Mitglieder basisdemokratisch befragt. Bei dem Thema "he für alle" wird er leidenschaftlich.
Klaer: "Als ich mich verpartnert habe, habe ich keine Feier zur eingetragenen Lebenspartnerschaft gemacht, sondern wir haben Hochzeit gefeiert. Versuchen Sie mal im Buchhandel oder sonst wo, eine Karte zur eingetragenen Lebenspartnerschaft zu kaufen. Die werden sie nicht finden."
Jetzt hofft der Ex-Bundeswehroffizier, der Vermessungsingenieur und Landtagsabgeordnete auf eine Mehrheit innerhalb der Berliner CDU. Lebte seine katholische Mutter noch, sie würde auch das verkraften.
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