CDU in Sachsen

Nach dem Desaster - die Fehlersuche

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) verlässt am 18.10.2017 in der Sächsischen Staatskanzlei in Dresden (Sachsen) das Podium. Tillich hatte zuvor seinen Rücktritt verkündet.
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) verkündete am 18. Oktober 2017 seinen Rücktritt. © dpa / Sebastian Kahnert
Von Bastian Brandau · 01.11.2017
Auch nach dem Rückzug ihres Ministerpräsidenten Tillich diskutiert die sächsische CDU über die Ausrichtung der Partei. Sie spürt den Druck von der AfD − und die Flüchtlingspolitik bleibt das beherrschende Thema.
Dresden, vergangene Woche: "Treffen der Verantwortungsträger" hat die sächsische CDU eine Veranstaltung genannt, in der Funktions- und Mandatsträger über Konsequenzen aus der Bundestagswahl sprechen wollen. Die endete für die CDU mit einem Desaster: Seit 1990 war die CDU stärkste Partei, vor vier Jahren noch hatte sie alle Direktmandate geholt. Nun heißt es Platz zwei hinter der AfD, die der Union außerdem drei Direktmandate abnimmt. Auch die Linken gewinnen ein Direktmandat. Woran das liegt?
Jörg Woidniok, Chef der CDU-Kreistagsfraktion aus Freiberg, hat eine klare Meinung:
"Ich sehe für das Wahlergebnis sowohl auf Bundes- als auch Landesebene die überwiegende Verantwortung bei Angela Merkel. Sie hat die Partei in die Krise geführt. Sie hat die Partei in dieses desaströse Wahlergebnis geführt und ich halte es für eine Frage des Anstandes und der Ehre für eine Parteivorsitzende nach so einem Wahlergebnis, die Konsequenz zu ziehen und zurückzutreten."

Parteispitze soll Verantwortung übernehmen

Es geht dabei vor allem um die Flüchtlingspolitik, die Angela Merkel an diesem Abend immer wieder angekreidet wird. Der Freiberger Kreisverband hat Thesen verfasst, die sich wie eine Anlehnung an das AfD-Wahlprogramm lesen. Da wird ein kompletter Aufnahmestopp für Flüchtlinge gefordert, als gäbe es das Grundgesetz nicht. Die Rücktrittsforderung gegenüber der Kanzlerin ist an diesem Abend eine Minderheitsmeinung, für die es wenig Applaus gibt. Konsequenzen aber fordert auch Michael Weikert, der die CDU im Leipziger Stadtrat vertritt:
"Wenn wir einfach zur Tagesordnung übergehen und nicht mal der Gedanke daran kommt, dass Personen, die an der Spitze unserer Partei stehen, auch persönlich Verantwortung übernehmen, so wie es Stanislaw Tillich hier in Sachsen getan hat, dann ist das ehrlich gesagt unverantwortlich gegenüber der CDU als Partei und auch gegenüber unserer demokratischen Kultur."
Dabei steckt der sächsische Landesverband im selben Dilemma wie die Bundespartei: Genauso wenig wie es einen ernsthaften Herausforderer für Merkel gibt, gibt es ihn für den Wunschnachfolger des scheidenden Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich: Wer sollte es machen außer Michael Kretschmer? Auch wenn der Wunsch nach größerer innerparteilicher Konkurrenz immer wieder geäußert wird: Melden tut sich an diesem Abend auf diese Frage niemand.

"2015 haben wir Fehler gemacht"

Dabei sind Kretschmers Voraussetzungen alles andere als ideal: Er hat sein Bundestagsmandat in Görlitz an die AfD verloren, steht außerdem als langjähriger Generalsekretär für die bisherige Politik der CDU in Sachsen. Und als ehemaliger Abgeordneter dazu für die Politik in Berlin, wo auch Kretschmer eine Mitschuld am Wahlergebnis der sächsischen CDU sieht:
"Ich glaube, es wäre richtig gewesen, hier auch von Seiten der Bundespartei zu erkennen und auch deutlich zu machen: ‚Naja, 2015 haben wir Fehler gemacht, die hätten wir so nicht machen sollen, wir würden sie heute auch nicht mehr so tun, wir haben unsere Politik auch korrigiert, aber diese Fehler sind passiert.‘ Und alleine diese Aussage, und so haben es ja viele Kollegen, die jetzt hier für den Bundestag kandidiert haben und jetzt nicken, alleine diese Aussage hätte schon viel dabei geholfen, dass der Druck rausgegangen wäre."
Druck, den hier viele von der AfD spüren, die überall vor allem ehemalige CDU-Wähler dazugewonnen hat. Man wolle jetzt gegensteuern, sagt Michael Kretschmer, die Fehler auch der sächsischen CDU korrigieren im Hinblick auf die Landtagswahlen 2019. Gelingt dies nicht, befürchtet der Nossener CDU-Politiker Stephan Degen:
"Ich scherze immer: ‚Wir werden Juniorpartner‘. Das will man nicht, aber das ist einfach so."
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