Casals Forum Kronberg

Den Atem des Geigers hören

07:37 Minuten
Ein Kammerorchester spielt im neu eröffneten Casals Forum.
Der neue Kammermusiksaal beim diesjährigen Kronberg Festival: Klang aus unterschiedlichen Richtungen. © Marcus Ebener
Natascha Pflaumbaum im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 02.10.2022
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Ein neuer Kammermusiksaal im hessischen Kronberg ist den Formen einer Amöbe nachempfunden worden. Grund: die hervorragende Akustik. "Man hört sehr viel intensiver, analytischer, auch körperlicher", sagt unsere Kritikerin.
Seit fast 30 Jahren fördert die Kronberg Academy hochbegabte Nachwuchskünstler aus aller Welt. Die Kremerata Baltica, seit dem Brexit das Chamber Orchestra of Europe und auch das Bridges-Kammerorchester haben hier im Taunus, vor den Toren Frankfurts, ihren Sitz. Nun ist in Kronberg ein neues Gebäude-Ensemble eröffnet worden. Der Berliner Architekt Volker Staab hat es gebaut.

"Schuhkarton" oder "Weinberg"?

Zum Ensemble zählt auch der Kammermusiksaal "Casals Forum". "Schuhkarton" oder "Weinberg"? Diese Frage stand am Anfang der Planungen. Unter "Schuhkarton" versteht man den weit verbreiteten rechteckigen Saal mit frontalem Orchester. "Weinberg" heißt, dass sich das Orchester in der Mitte befindet, die Sitzreihen rundherum ansteigend.
Für den beteiligten niederländischen Akustiker Martijn Vercammen war klar: weder noch. Als Spezialist für gekrümmte Formen hat er einen Grundriss mit der Kontur einer Amöbe geschaffen. Entstanden sei "eine wellenförmige Anordnung aus konvexen und konkaven Linien", berichtet unsere Kritikerin Natascha Pflaumbaum. Der Saal sei zudem sehr hoch. "Das ist die beste Form für einen Kammermusiksaal, der hat besondere Ansprüche."
Eine Simulation zeigt den Kammer-Musiksaal Kronberg
Planungsskizze des neuen Kammermusiksaals in der Außenansicht. © picture alliance / dpa / Staab Architekten / Staab Architekten / Kronberg Academy
Benannt ist das neue Forum nach dem Cellisten Pablo Casals. Der Saal hat 550 Sitzplätze, 60 Millionen Euro hat der Bau gekostet. Von der Akustik ist Natascha Pflaumbaum begeistert: "Ich saß im Parkett und konnte hören, wie der Bogen des Geigers die Saiten touchiert, wie er atmet. Man konnte spüren, wenn er sich bewegt, wie der Klang aus unterschiedlichen Richtungen kommt." Mit 60 Musikern auf der Bühne schaffe es der Raum, dass der Klang nicht zerfasert, obwohl man fast jedes Instrument quasi solistisch höre. "Je näher man sitzt, desto besser. Man hört sehr viel intensiver, analytischer, auch körperlicher."
(mfied)
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