Serbien und der Fall Djokovic

"Kleines Land mit großen nationalistischen Komplexen"

17.01.2022
Audio herunterladen
Caroline Fetscher kritisiert die politische Instrumentalisierung der Abschiebung von Tennisstar Novak Djokovic durch die serbische Politik. Man mache aus dem Fall ein Opfernarrativ, ein kaum zu toppendes Phantasma, so die Journalistin.
Die Abschiebung des ungeimpften Tennisstars Novak Djokovic aus Australien schlägt in dessen Heimat Serbien hohe Wellen. Wie ein Massenmörder werde Novak Djokovic behandelt, empörte sich etwa Serbiens Präsident Aleksandar Vučić öffentlich.
In Serbien werde aus dem Fall ein Opfernarrativ gestrickt, eine Mischung aus Projektion und Phantasma, die kaum zu toppen sei, sagt die Journalistin Caroline Fetscher vom Berliner "Tagesspiegel".
„Wenn es irgendwo in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg Massenmörder gab, dann waren es leider Verbrechen wie Srebrenica, was ein Massenmord war von serbischen Paramilitärs und Militärs an mehrheitlich muslimischen Bosniaken. Es gab mehrere Massenmorde auch im Kosovo. Das ist ein großes Tätertrauma der Serben.“

Abschiebung kein antiserbischer Akt

Die Abschiebung Djokovics aus Australien sei nur auf dessen Impfstatus zurückzuführen, unterstreicht Fetscher. Es gebe dort keine antiserbische Kampagne oder Derartiges. „Dass das als antiserbisch gedeutet wird, ist das Problem der Serben."
Für das "kleine Land mit großen nationalistischen Komplexen" sei es eine wunderbare Sache, dass Djokovic weltbester Tennisspieler sei: „Novak Djokovic ist in Serbien ein Nationalheld.“
Zumal der Held nationalistischem Denken offenbar selbst durchaus zugetan ist: „Er hat den Orden der Republika Srpska in Empfang genommen, den bisher nur zwölf Leute bekommen haben", so Fetscher. Davon seien die Hälfte Kriegsverbrecher wie Radovan Karadžić oder Ratko Mladić.

Ein Tennisprofi mit Hang zur Esoterik

Gleichzeitig sei Djokovic auch etwas esoterisch angehaucht:
„Es gibt einen Berg in Bosnien, der ist pyramidenförmig und von dem behaupten Hobby-Archäologen, darunter sei eine 30.000 Jahre alte Pyramide, also älter als die Pharaonen sich überhaupt vorstellen konnten", so Fetscher.
"Völliger Quatsch! Die ganze Fachwelt sagt, es ist das reine Phantasma. Und an diesen Berg geht Djokovic, um sich mit Energie aufzuladen, wie er sagt."
(uko)

Abonnieren Sie unseren Weekender-Newsletter!

Die wichtigsten Kulturdebatten und Empfehlungen der Woche, jeden Freitag direkt in Ihr E-Mail-Postfach.

Vielen Dank für Ihre Anmeldung!

Wir haben Ihnen eine E-Mail mit einem Bestätigungslink zugeschickt.

Falls Sie keine Bestätigungs-Mail für Ihre Registrierung in Ihrem Posteingang sehen, prüfen Sie bitte Ihren Spam-Ordner.

Willkommen zurück!

Sie sind bereits zu diesem Newsletter angemeldet.

Bitte überprüfen Sie Ihre E-Mail Adresse.
Bitte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung.
Mehr zum Thema