CARE: Schlechte Voraussetzungen für Wahlen im Kongo
Der Nothilfekoordinator der Hilfsorganisation CARE International, Carsten Völz, schätzt die Voraussetzungen für demokratische Wahlen im Kongo als schwierig ein. Viele Gebiete seien schwer zu erreichen und würden darüber hinaus von Milizen kontrolliert, sagte Völz im Deutschlandradio Kultur.
Frank Capellan: Eigentlich sollte in der Demokratischen Republik Kongo am 18. Juni ein neuer Präsident gewählt werden. Ein Termin, der von der Regierung in Kinshasa verschoben wurde. Heute nun soll der Wahltag endgültig bekannt gegeben werden. Für die Europäer ist das von besonderem Interesse, wollen sie doch mit einer internationalen Friedenstruppe unter deutscher Führung dafür sorgen, dass die Wahlen im Kongo frei und fair verlaufen.
Wie die Chancen dafür stehen, darüber habe ich mit Carsten Völz gesprochen.
Er ist Nothilfekoordinator der Hilfsorganisation CARE, war als solcher zwei Jahre lang im Kongo. Ich habe ihn zunächst nach seiner Einschätzung gefragt:
Wie demokratisch kann dieser Urnengang verlaufen?
Carsten Völz: Das ist momentan noch schwer einzuschätzen, aber es ist halt so, dass viele Gebiete des Kongos schlicht und ergreifend schon logistisch sehr schwer zu erreichen sind. Es ist im Prinzip keine Regierungskontrolle in vielen Provinzen vorhanden. Viele Gebiete werden von Milizen kontrolliert. Unter solchen Bedingungen effektive Wahlen durchzuführen, ist sehr, sehr schwierig, flächendeckend auf den Kongo gesehen von der Größe Westeuropas, wenn man es sich genau überlegt, eigentlich fast unmöglich.
Capellan: Die Entfernungen, das ist das größte Problem?
Völz: Es sind die Entfernungen, aber nicht nur die Entfernungen, sondern dass im Prinzip nichts dazwischen ist. Wir haben insgesamt 1500 Kilometer asphaltierte Straßen im Kongo, aber von Nord nach Süd sind mehrere Tausend Kilometer Strecke. Das ist also im Prinzip per Straße alles, diese verschiedenen Provinzen, überhaupt nicht zu erreichen, und Kapazitäten zu fliegen sind auch sehr beschränkt.
Capellan: Können Sie sich denn vorstellen, dass die Milizen von heute in einer Regierung von morgen sitzen werden?
Völz: Generell wäre das wünschenswert, weil ich denke, nur durch Repräsentation kann man etwas verändern. Das ist auch insofern wichtig, als nur das tatsächlich dazu führen wird, dass dann auch Zugang zu diesen Provinzen besteht, zum Beispiel für soziale Veränderungen oder auch - wie derzeit ganz dringend erforderlich - humanitäre Hilfe.
Capellan: Was versprechen Sie persönlich sich denn von der internationalen Truppe, die diese Wahlen begleiten soll?
Völz: Also es ist sicherlich in erster Linie ein symbolischer Akt. Wenn man sich eben die Größe des Landes vor Augen führt, die Vielzahl der Provinzen, dann wäre schon eine wesentlich robustere Unterstützung der UN-Truppen, die im Land sind seit Jahren, erforderlich, um wirklich einen Unterschied zu machen. Aber es ist ein symbolischer Akt, der sicherlich wichtig ist. Manchmal in solchen Situationen kann man damit viel bewirken. Aber was aus unserer Sicht wichtiger wäre, wäre generell die UN im Kongo weiter zu stärken, dass sie zum Beispiel logistisch Zugang schaffen kann zu Gebieten, wo Hunderte von Menschen jeden Tag sterben an vermeidbaren Problemen, die Ergebnis sind eines ständig andauernden Konfliktes, der auch heute noch stattfindet, und diese Soldaten, die paar Soldaten, die jetzt ins Land kommen, ändern an diesem Konflikt momentan überhaupt nichts.
Capellan: Welche Probleme wären vermeidbar, was meinen Sie damit?
Völz: In der Medienberichterstattung wird jetzt sehr viel über die Soldaten gesprochen, aber auch über die vielen Bodenschätze und die Ressourcen im Lande. Da wird zum Beispiel die Provinz Katanga erwähnt ganz im Süden von Kongo, da gibt es dann eben Kupfer und Ölvorkommen usw. Das wird erwähnt, aber dabei nicht darüber gesprochen, wie viele Menschen da jetzt momentan tagtäglich sterben, als Ergebnis der Konflikte zwischen Regierungstruppen und Rebellentruppen und dem mangelnden Zugang, den Hilfsorganisationen haben, weil eben kein logistischer Brückenkopf sozusagen existiert, weil die UN nicht genügend Mittel hat, um den zu etablieren, damit Hilfsorganisationen dort arbeiten können. Das ist, was eigentlich gebraucht wird. Es sterben nach wie vor mehr als 1000 Menschen unnötig pro Tag im Kongo, weil der Zugang und die Hilfsmittel einfach nicht vorhanden sind.
Capellan: Das heißt aber, dieser internationale Einsatz dürfte sich nicht auf die Hauptstadt Kinshasa beschränken, so wie es jetzt geplant ist, und die beabsichtigte Dauer dieses Einsatzes von vier Monaten, das ist Ihrer Ansicht nach viel zu kurz?
Völz: Es ist, wie ich sagte, ein symbolischer Akt; als solcher sicherlich wertvoll, aber um die Probleme des Landes wirklich anzupacken, völlig unzureichend.
Capellan: Erkennen Sie denn ein Konzept der Europäer für die weitere politische Entwicklung im Kongo?
Völz: Ich glaube schon, dass es Konzepte gibt. Die Frage ist nur, ob es genügend politischen Willen gibt und ob genügend Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um dann diese Konzepte strategisch wirklich umzusetzen, ob die Menschenleben, die dort derzeit also in Gefahr sind und jeden Tag verloren gehen, auch einfach wichtig genug sind in Europa, ob sie einfach zur Kenntnis genommen werden.
Capellan: Sie sagen, es gibt Konzepte. Welche sehen Sie, wie kann man den Kongo voranbringen?
Völz: Die Hoffnung besteht sicherlich darin, die Regierung zu stärken und Demokratisierung herbeizuführen in der Hoffnung, dass dann das Land längerfristig sich der eigenen Probleme im eigenen Land selbständig annehmen kann. Ich glaube aber, dass das etwas optimistisch ist. Viel mehr externe Hilfe wird erforderlich sein.
Capellan: Aber grundsätzlich halten Sie es schon für ratsam, dass ehemalige Kolonialmächte sich auch in Afrika engagieren. Das ist ja umstritten, auch im Bundestag. SPD-Fraktionschef Struck hat gesagt, wer soll da helfen, wenn nicht wir. Die Europäer haben schließlich Afrika mit kaputtgemacht. Sehen Sie das auch so?
Völz: Ich finde schon, dass es da eine gewisse Verantwortung gibt. Die Frage ist nur, wie diese Hilfe aussieht. Wenn man die alten Kolonialmethoden neu verpackt anwendet, dann wird das sicherlich nichts helfen, sondern die alten Probleme werden dadurch dann nur verlängert. Man muss dann wirklich schon zielgerichtet, langfristig, strategisch mit der Problematik umgehen, und nicht also auch dann nur in erster Linie an die eigenen Interessen denken, denn leider ist ein Großteil der Diskussion heute, da geht es darum, was gibt es dort für wirtschaftliche Möglichkeiten zum Beispiel für deutsche Firmen im Kongo. Ein Großteil der Diskussion dreht sich darum. Das löst aber nicht die Probleme des Kongo. Das soll unsere Probleme lösen, und das ist die falsche Herangehensweise.
Wie die Chancen dafür stehen, darüber habe ich mit Carsten Völz gesprochen.
Er ist Nothilfekoordinator der Hilfsorganisation CARE, war als solcher zwei Jahre lang im Kongo. Ich habe ihn zunächst nach seiner Einschätzung gefragt:
Wie demokratisch kann dieser Urnengang verlaufen?
Carsten Völz: Das ist momentan noch schwer einzuschätzen, aber es ist halt so, dass viele Gebiete des Kongos schlicht und ergreifend schon logistisch sehr schwer zu erreichen sind. Es ist im Prinzip keine Regierungskontrolle in vielen Provinzen vorhanden. Viele Gebiete werden von Milizen kontrolliert. Unter solchen Bedingungen effektive Wahlen durchzuführen, ist sehr, sehr schwierig, flächendeckend auf den Kongo gesehen von der Größe Westeuropas, wenn man es sich genau überlegt, eigentlich fast unmöglich.
Capellan: Die Entfernungen, das ist das größte Problem?
Völz: Es sind die Entfernungen, aber nicht nur die Entfernungen, sondern dass im Prinzip nichts dazwischen ist. Wir haben insgesamt 1500 Kilometer asphaltierte Straßen im Kongo, aber von Nord nach Süd sind mehrere Tausend Kilometer Strecke. Das ist also im Prinzip per Straße alles, diese verschiedenen Provinzen, überhaupt nicht zu erreichen, und Kapazitäten zu fliegen sind auch sehr beschränkt.
Capellan: Können Sie sich denn vorstellen, dass die Milizen von heute in einer Regierung von morgen sitzen werden?
Völz: Generell wäre das wünschenswert, weil ich denke, nur durch Repräsentation kann man etwas verändern. Das ist auch insofern wichtig, als nur das tatsächlich dazu führen wird, dass dann auch Zugang zu diesen Provinzen besteht, zum Beispiel für soziale Veränderungen oder auch - wie derzeit ganz dringend erforderlich - humanitäre Hilfe.
Capellan: Was versprechen Sie persönlich sich denn von der internationalen Truppe, die diese Wahlen begleiten soll?
Völz: Also es ist sicherlich in erster Linie ein symbolischer Akt. Wenn man sich eben die Größe des Landes vor Augen führt, die Vielzahl der Provinzen, dann wäre schon eine wesentlich robustere Unterstützung der UN-Truppen, die im Land sind seit Jahren, erforderlich, um wirklich einen Unterschied zu machen. Aber es ist ein symbolischer Akt, der sicherlich wichtig ist. Manchmal in solchen Situationen kann man damit viel bewirken. Aber was aus unserer Sicht wichtiger wäre, wäre generell die UN im Kongo weiter zu stärken, dass sie zum Beispiel logistisch Zugang schaffen kann zu Gebieten, wo Hunderte von Menschen jeden Tag sterben an vermeidbaren Problemen, die Ergebnis sind eines ständig andauernden Konfliktes, der auch heute noch stattfindet, und diese Soldaten, die paar Soldaten, die jetzt ins Land kommen, ändern an diesem Konflikt momentan überhaupt nichts.
Capellan: Welche Probleme wären vermeidbar, was meinen Sie damit?
Völz: In der Medienberichterstattung wird jetzt sehr viel über die Soldaten gesprochen, aber auch über die vielen Bodenschätze und die Ressourcen im Lande. Da wird zum Beispiel die Provinz Katanga erwähnt ganz im Süden von Kongo, da gibt es dann eben Kupfer und Ölvorkommen usw. Das wird erwähnt, aber dabei nicht darüber gesprochen, wie viele Menschen da jetzt momentan tagtäglich sterben, als Ergebnis der Konflikte zwischen Regierungstruppen und Rebellentruppen und dem mangelnden Zugang, den Hilfsorganisationen haben, weil eben kein logistischer Brückenkopf sozusagen existiert, weil die UN nicht genügend Mittel hat, um den zu etablieren, damit Hilfsorganisationen dort arbeiten können. Das ist, was eigentlich gebraucht wird. Es sterben nach wie vor mehr als 1000 Menschen unnötig pro Tag im Kongo, weil der Zugang und die Hilfsmittel einfach nicht vorhanden sind.
Capellan: Das heißt aber, dieser internationale Einsatz dürfte sich nicht auf die Hauptstadt Kinshasa beschränken, so wie es jetzt geplant ist, und die beabsichtigte Dauer dieses Einsatzes von vier Monaten, das ist Ihrer Ansicht nach viel zu kurz?
Völz: Es ist, wie ich sagte, ein symbolischer Akt; als solcher sicherlich wertvoll, aber um die Probleme des Landes wirklich anzupacken, völlig unzureichend.
Capellan: Erkennen Sie denn ein Konzept der Europäer für die weitere politische Entwicklung im Kongo?
Völz: Ich glaube schon, dass es Konzepte gibt. Die Frage ist nur, ob es genügend politischen Willen gibt und ob genügend Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, um dann diese Konzepte strategisch wirklich umzusetzen, ob die Menschenleben, die dort derzeit also in Gefahr sind und jeden Tag verloren gehen, auch einfach wichtig genug sind in Europa, ob sie einfach zur Kenntnis genommen werden.
Capellan: Sie sagen, es gibt Konzepte. Welche sehen Sie, wie kann man den Kongo voranbringen?
Völz: Die Hoffnung besteht sicherlich darin, die Regierung zu stärken und Demokratisierung herbeizuführen in der Hoffnung, dass dann das Land längerfristig sich der eigenen Probleme im eigenen Land selbständig annehmen kann. Ich glaube aber, dass das etwas optimistisch ist. Viel mehr externe Hilfe wird erforderlich sein.
Capellan: Aber grundsätzlich halten Sie es schon für ratsam, dass ehemalige Kolonialmächte sich auch in Afrika engagieren. Das ist ja umstritten, auch im Bundestag. SPD-Fraktionschef Struck hat gesagt, wer soll da helfen, wenn nicht wir. Die Europäer haben schließlich Afrika mit kaputtgemacht. Sehen Sie das auch so?
Völz: Ich finde schon, dass es da eine gewisse Verantwortung gibt. Die Frage ist nur, wie diese Hilfe aussieht. Wenn man die alten Kolonialmethoden neu verpackt anwendet, dann wird das sicherlich nichts helfen, sondern die alten Probleme werden dadurch dann nur verlängert. Man muss dann wirklich schon zielgerichtet, langfristig, strategisch mit der Problematik umgehen, und nicht also auch dann nur in erster Linie an die eigenen Interessen denken, denn leider ist ein Großteil der Diskussion heute, da geht es darum, was gibt es dort für wirtschaftliche Möglichkeiten zum Beispiel für deutsche Firmen im Kongo. Ein Großteil der Diskussion dreht sich darum. Das löst aber nicht die Probleme des Kongo. Das soll unsere Probleme lösen, und das ist die falsche Herangehensweise.