Fußballboom in Japan

Vom Manga in die J-League

07:50 Minuten
Interior view of the Captain Tsubasa-themed exhibition at a shopping mall in Shanghai, China, 9 July 2019. Captain Tsubasa is a Japanese manga series, which mainly revolves around the sport of association football focusing on Tsubasa Oozora.
Yoichi Takahashis Manga Star "Captain Tsubasa", hier in einer Ausstellung in Shanghai. © picture alliance / dpa / HPIC / Wang Gang
Anja Röbekamp im Gespräch mit Thomas Jaedicke · 30.07.2023
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In den 80er-Jahren schuf Comic-Zeichner Yoichi Takahashi die Kult-Serie "Captain Tsubasa". Darin träumt der elfjährige Tsubasa Ozora vom fiktiven Nankatsu SC vom WM-Titel. Jetzt will Takahashi mit Nankatsu in die J-League.
„Der Nankatsu SC war ursprünglich die Fantasie eines fußballbegeisterten Japaners, der seinen Traum gezeichnet hat und damit aber auch den bis dahin unausgesprochenen Traum vieler Japaner ins Bild gesetzt hat", sagt Anja Röbekamp, die gerade aus Japan zurückgekehrt ist. Dort hatte sie Gelegenheit, sich von Yoichi Takahashi erklären zu lassen, wie er damals auf die Idee für seine Serie kam. "Also Fußball war zwar schon bekannt und beliebt. Aber es war nicht im japanischen Bewusstsein, dass Japaner da erfolgreich mitspielen können", erklärt Röbekamp. "Dass jemals ein japanisches Team in einem Finale einer Weltmeisterschaft antreten könnte. Und diesen Traum hat er sich gegönnt, hat er Tsubasa gegönnt und hat damit nicht nur in Japan einen großen Boom ausgelöst, sondern eine Figur geschaffen, die weltweit Identifikationspotenzial geboten hat für kleine Jungs.“
Vissel Kobe's Andres Iniesta attends an event featuring Japanese animation "Captain Tsubasa" at a train station in Tokyo Monday, March 4, 2019. (Shinji Kita/Kyodo News via AP)
Andres Iniesta, der schon als Kind von "Captain Tsubasa" fasziniert war, bei der Ausstellungseröffnung in einer Metro-Station in Tokio.© picture alliance / AP Photo / Shinji Kita

Zur WM 2006 kam Tsubasa ins deutsche TV

In der Manga-Serie "Captain Tsubasa", die die von 1981 bis 1988 in der "Weekly Shōnen Jump" veröffentlicht wurde, geht es um den jungen Fußballspieler Tsubasa Ohzora und seinem Traum, sowohl der beste Fußballer der Welt zu werden als auch mit der japanischen Fußballnationalmannschaft die Fußball-Weltmeisterschaft zu erreichen. Die Originalserie behandelt dabei Tsubasas Werdegang von seinen ersten Partien in der Schulmannschaft als Grundschüler bis hin zum ersten internationalen Turnier in Frankreich, kurz bevor er die Mittelschule abschließt, um nach Brasilien aufzubrechen.
Der Manga wurde in mehreren Serien fortgesetzt, die auch als Anime verfilmt wurden. Darunter sind mehrere Fernsehserien, OVAs und Kinofilme. Während die erste Fernsehserie in Deutschland als "Die tollen Fußball-Stars" bekannt wurde, fand anlässlich der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland die Verfilmung des Manga "Captain Tsubasa – Road to 2002" unter dem Titel "Super Kickers 2006 – Captain Tsubasa" den Weg ins deutsche Fernsehen.

Mein Ziel ist die 1. J.League, die Top-Liga in Japan. Wir wollen uns mit den Besten in Asien und in der Welt messen. Der Erfolg kommt aber langsamer als gedacht. Die Realität funktioniert nicht wie ein Manga.

Yoichi Takahashi, Schöpfer von "Captain Tsubasa"

"Diese Manga-Figur eines 11-jährigen Jungen hat entscheidenden Anteil daran, dass Fußball in Japan inzwischen so populär ist", sagt Röbekamp. Neben den Büchern gibt es Animes beziehungsweise Filme und Videospiele rund um Tsubasa und sein Team, den „Nankatsu SC“. In den 80er Jahren begeisterten die Filme eine Generation von kleinen Jungen; auch Lionel Messi, Andrés Iniesta und Fernando Torres eiferten diesem fiktiven Idol nach. Inzwischen ist "Captain Tsubasa"-Erfinder, Yoichi Takahashi, der Manga-Zeichner, noch einen Schritt weiter gegangen: Seit ein paar Jahren ist er Eigentümer eines echten Teams, das den Namen der berühmten fiktiven Schulmannschaft von Captain Tsubasa tägt: Nankatsu SC. Und mit diesem Klub will er bis in die höchste japanische Liga, die 1. J-League.

Mischung aus Fiktion und Realität

Bis zur 1. J-League ist es noch weit. Momentan spielt der Verein aus dem Tokioter Stadtteil Katsushika, in dem auch Takahashi lebt, noch in der fünften Liga. Doch die Begeisterung sei schon jetzt riesig, sagt Röbekamp. Davon konnte sie sich bei ihrem Besuch überzeugen. "Also der halbe Stadtteil ist eigentlich in ein Tsubasa-Museum umgebaut worden. Ich bin dann in den Fanartikelladen gegangen. Da haben sich für mich die Ebenen von Fiktion und Real ein bisschen vermischt."
Nur ein Fanartikel mit dem Schriftzug "Der Stolz Katsushikas" habe sich auf den real existierenden Verein bezogen. "Alle anderen Artikel in den Laden bezogen sich auf das fiktive Team, auf das Manga-Team. Aber das Manga-Team kommt im Manga auch aus einem fiktiven Ort. Das heißt, Katsushika bezieht sich schon auf den Stadtteil und auf das reale Team. Also da geht das fast in Eins über. Und Katsushika ist sehr stolz, sowohl auf den berühmtesten Sohn der Stadt, auf den Autor Takahashi, aber auch auf den Fußballverein Nankatsu SC, der jetzt vorwärtsgebracht werden soll. Da steht wirklich der Stadtteil dahinter."

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Fußball läuft Baseball den Rang ab

Bis Takahashi mit seinem Klub ganz nach oben komme, werde es noch eine Weile dauern, glaubt Anja Röbekamp. Insgesamt ist Fußball ihrer Ansicht nach aber in Japan seit Jahren "groß im Kommen" und dabei, Baseball als Nationalsport Nummer eins den Rang abzulaufen. Und mit dem Erfolg werde der Sport in Japan auch dem europäischen Profimodell immer ähnlicher, was ein bisschen schade sei.
Fußball sei in den 1980er Jahren, als Takahashis Manga auf den Markt kam, ganz anders gewesen, nicht so durchorganisiert und vielleicht sogar ein bisschen subversiv. Röbekamp: "Also ich will nicht sagen, das waren die Underdogs oder die Aufmüpfigen, aber es galt als weniger angepasst als die braven Baseballer. Und ich glaube, auch da hat die Figur Tsubasa mit ihren vergleichsweise langen Haaren ein bisschen Identifikationsmöglichkeit geboten. Es gibt sonst einen großen Anpassungsdruck in der japanischen Gesellschaft. Und Fußball war da immer auch ein bisschen eine Fluchtmöglichkeit."

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