Captain America aus dem Gruselkabinett
Normalerweise stellen Nachwuchsautoren beim Stückemarkt des Berliner Theatertreffens ihre Inszenierungen vor. Zum 35. Jubiläum in diesem Jahr haben stattdessen ehemalige Stückemarkt-Autoren neue Kurzstücke verfasst. Eine von ihnen ist Rebekka Kricheldorf aus Berlin.
"Horror" steht in auffallend rosa Lettern auf ihrem schwarzen T-Shirt, als Rebekka Kricheldorf die Tür aufmacht. Sie wohnt in einer ruhigen Straße in Berlin-Kreuzberg unterm Dach. In der Wand knackt’s und klopft’s – sind das womöglich Gespenster?
"Das sind die Gasleitungen, denk’ ich mal...das ist ganz lustig: Meine Freunde lachen immer, wenn sie hier abends ankommen, weil das Haus von außen angestrahlt ist, als wäre es das Brandenburger Tor oder ein großes Monument, aber innen ist alles schief, krumm, kaputt, weil der Vermieter, der ist ein bisschen verrückt, naja..."
Aber Rebekka Kricheldorf fühlt sich wohl hier. Vielleicht weil sie einen Faible für’s Abwegige, Skurrile, leicht Gruselige hat. Über ihrem Schreibtisch hängt in einem Glaskasten - eine braune, langbeinige Vogelspinne.
"Die besitze ich schon, seit ich vier bin. Die habe ich mir mal ausgesucht, als meine Mutter mit mir in der Schweiz in so einem Geschäft war, wo es auch so Schmetterlinge gab, präparierte, hinter Glas, und sie wollte mir so einen Schmetterling kaufen und ich wollte unbedingt diese Spinne haben."
"Das sind die Gasleitungen, denk’ ich mal...das ist ganz lustig: Meine Freunde lachen immer, wenn sie hier abends ankommen, weil das Haus von außen angestrahlt ist, als wäre es das Brandenburger Tor oder ein großes Monument, aber innen ist alles schief, krumm, kaputt, weil der Vermieter, der ist ein bisschen verrückt, naja..."
Aber Rebekka Kricheldorf fühlt sich wohl hier. Vielleicht weil sie einen Faible für’s Abwegige, Skurrile, leicht Gruselige hat. Über ihrem Schreibtisch hängt in einem Glaskasten - eine braune, langbeinige Vogelspinne.
"Die besitze ich schon, seit ich vier bin. Die habe ich mir mal ausgesucht, als meine Mutter mit mir in der Schweiz in so einem Geschäft war, wo es auch so Schmetterlinge gab, präparierte, hinter Glas, und sie wollte mir so einen Schmetterling kaufen und ich wollte unbedingt diese Spinne haben."
Eine Vogelspinne hängt über ihrem Rechner
Sie freute sich, wenn die Freundinnen im Freiburger Kinderzimmer Reißaus nahmen und als das Tier hier in Berlin vor ein paar Jahren von der Wand fiel und sich drei Beine brach, recherchierte Rebekka Kricheldorf mühevoll, wo man das Präparat reparieren lassen könnte – was schließlich das Naturkundemuseum übernahm.
Jetzt hängt die Vogelspinne also über ihrem Rechner, neben einem Bild, auf dem lauter Skelette zum Bankett geladen sind, das wiederum hängt neben dem Bild eines Gorillas mit besonders stechenden Augen und drunter das Konterfei des Comic-Superhelden Captain America.
"Das ist meine thematische Ecke, wozu ich grad schreibe und ich möchte grad ein Stück schreiben über Captain America für das Theater Heidelberg und das ändert sich auch immer, je nachdem, an was ich arbeite."
Vor elf Jahren feierte Rebekka Kricheldorf auf den Stückemärkten von Berlin und Heidelberg mit "Prinzessin Nicoletta" erste Erfolge, seitdem wird sie für ihre Arbeit immer wieder auf’s Neue geehrt und prämiert. Auftrag folgt auf Auftrag. Sie wuchs in Freiburg auf, zog nach Berlin, erst um Romanistik zu studieren, landete dann aber an der Universität der Künste im Studiengang "Szenisches Schreiben". Heute ist sie 38. Als Teenager unternahm sie mit einer Freundin zusammen den ersten Anlauf, einen Verlag zu finden:
"Da sind wir mit einem Stapel Kurzgeschichten zu einem Freiburger Verlag gegangen und haben das auf den Tisch geknallt und dachten, wir werden jetzt Schriftsteller und müssen nicht mehr in die Schule. Das war der Plan, der ist nicht ganz aufgegangen. Uns wurde dann gesagt – ja, das ist ja alles ganz interessant...aber wartet doch mal und versucht es in ein paar Jahren noch mal. Wir waren natürlich beleidigt – wie konnte man unsere großen Werke ablehnen. Wir haben natürlich unglaubliche Jugend-Sentimental-Pamphlete verfasst."
Die Manuskripte von damals hat sie noch.
"Ist sehr welt-anklagend, sehr radikal, sehr düster und unglaublich manieriert – aber ja, war mal ein Anfang!"
Jetzt hängt die Vogelspinne also über ihrem Rechner, neben einem Bild, auf dem lauter Skelette zum Bankett geladen sind, das wiederum hängt neben dem Bild eines Gorillas mit besonders stechenden Augen und drunter das Konterfei des Comic-Superhelden Captain America.
"Das ist meine thematische Ecke, wozu ich grad schreibe und ich möchte grad ein Stück schreiben über Captain America für das Theater Heidelberg und das ändert sich auch immer, je nachdem, an was ich arbeite."
Vor elf Jahren feierte Rebekka Kricheldorf auf den Stückemärkten von Berlin und Heidelberg mit "Prinzessin Nicoletta" erste Erfolge, seitdem wird sie für ihre Arbeit immer wieder auf’s Neue geehrt und prämiert. Auftrag folgt auf Auftrag. Sie wuchs in Freiburg auf, zog nach Berlin, erst um Romanistik zu studieren, landete dann aber an der Universität der Künste im Studiengang "Szenisches Schreiben". Heute ist sie 38. Als Teenager unternahm sie mit einer Freundin zusammen den ersten Anlauf, einen Verlag zu finden:
"Da sind wir mit einem Stapel Kurzgeschichten zu einem Freiburger Verlag gegangen und haben das auf den Tisch geknallt und dachten, wir werden jetzt Schriftsteller und müssen nicht mehr in die Schule. Das war der Plan, der ist nicht ganz aufgegangen. Uns wurde dann gesagt – ja, das ist ja alles ganz interessant...aber wartet doch mal und versucht es in ein paar Jahren noch mal. Wir waren natürlich beleidigt – wie konnte man unsere großen Werke ablehnen. Wir haben natürlich unglaubliche Jugend-Sentimental-Pamphlete verfasst."
Die Manuskripte von damals hat sie noch.
"Ist sehr welt-anklagend, sehr radikal, sehr düster und unglaublich manieriert – aber ja, war mal ein Anfang!"
"Man kann ja nicht everybodys darling sein"
Düster sind Rebekka Kricheldorfs Werke auch heute noch, aber auch komisch. Und skurril. Sie lässt sich immer wieder von Märchen, dunklen Comicfiguren oder den Abgründen der theatralen Klassiker inspirieren. Wir setzen uns in zwei blau-goldene Sessel, die sie im Fundus der Komischen Oper in Berlin abgestaubt hat und hören ein paar Takte der Musik, die der Schwede Pär Hackström für die Inszenierung ihrer Version des Märchens "Das kalte Herz" komponiert hat – die Mitte Mai im saarländischen St. Ingbert Premiere haben wird.
""Das kalte Herz" fand ich immer toll und faszinierend. Das spielt ja auch alles im Schwarzwald und das hat so eine Atmosphäre von Düsternis und Unheimlichkeit. Das ist d a s antikapitalistische Märchen. Da muss man auch aufpassen, dass man nicht zu platt wird in der Interpretation. Ja, aber diese Profitgier über alles ist da einfach schon dargestellt. Ich mag so Geschichten, die eher nicht so mit subtilen Mitteln agieren, sondern eher mit kräftigen Farben und ein bisschen plakativ."
Der ein oder andere Kritiker wirft ihr dann auch schon mal vor, sie sei eindeutig "zu wenig subtil", würde doch wirklich zu "holzschnittartig" arbeiten.
"Mich ärgert Kritik immer nur, wenn ich das Gefühl habe, ich werde missverstanden oder jemand hat nicht den Punkt getroffen, auf den ich hinaus wollte. Man kann ja nicht everybodys darling sein."
Männlichkeitskonzepte, die Sinnsuche, die sie in ihrer Generation beobachtet, oder der als "alternativlos" hingenommene Kapitalismus - das sind Rebekka Kricheldorfs Themen. Familiengeschichten interessieren sie eher weniger.
Die Vogelspinne scheint leise herüberzunicken, als Rebekka Kricheldorf jetzt aufsteht, ihr Horror-T-Shirt grade zieht und zu verstehen gibt, dass Arbeit auf sie wartet. Sie würde im Übrigen auch dann schreiben, wenn sie keinen Auftrag dazu hätte.
"Ich muss schreiben, um die Welt und das Leben zu verarbeiten. Ganz viel, was mich verstört, das wird dann klarer. Damit kann ich besser leben, wenn ich es aufgeschrieben habe oder wenn ich mich im Schreiben über mich selbst lustig gemacht habe. Wenn ich dann selber mich ironisiere, schaffe ich Distanz und kann wieder über mich lachen. Und das brauche ich."
""Das kalte Herz" fand ich immer toll und faszinierend. Das spielt ja auch alles im Schwarzwald und das hat so eine Atmosphäre von Düsternis und Unheimlichkeit. Das ist d a s antikapitalistische Märchen. Da muss man auch aufpassen, dass man nicht zu platt wird in der Interpretation. Ja, aber diese Profitgier über alles ist da einfach schon dargestellt. Ich mag so Geschichten, die eher nicht so mit subtilen Mitteln agieren, sondern eher mit kräftigen Farben und ein bisschen plakativ."
Der ein oder andere Kritiker wirft ihr dann auch schon mal vor, sie sei eindeutig "zu wenig subtil", würde doch wirklich zu "holzschnittartig" arbeiten.
"Mich ärgert Kritik immer nur, wenn ich das Gefühl habe, ich werde missverstanden oder jemand hat nicht den Punkt getroffen, auf den ich hinaus wollte. Man kann ja nicht everybodys darling sein."
Männlichkeitskonzepte, die Sinnsuche, die sie in ihrer Generation beobachtet, oder der als "alternativlos" hingenommene Kapitalismus - das sind Rebekka Kricheldorfs Themen. Familiengeschichten interessieren sie eher weniger.
Die Vogelspinne scheint leise herüberzunicken, als Rebekka Kricheldorf jetzt aufsteht, ihr Horror-T-Shirt grade zieht und zu verstehen gibt, dass Arbeit auf sie wartet. Sie würde im Übrigen auch dann schreiben, wenn sie keinen Auftrag dazu hätte.
"Ich muss schreiben, um die Welt und das Leben zu verarbeiten. Ganz viel, was mich verstört, das wird dann klarer. Damit kann ich besser leben, wenn ich es aufgeschrieben habe oder wenn ich mich im Schreiben über mich selbst lustig gemacht habe. Wenn ich dann selber mich ironisiere, schaffe ich Distanz und kann wieder über mich lachen. Und das brauche ich."