Cannes des Balkans
1995 endete der Bosnienkrieg und die dreijährige Belagerung Sarajevos. Vor zwölf Jahren wurden Filme nach Sarajevo geflogen und in den Kinos der belagerten Stadt gezeigt. Aus dieser spontanen kulturellen Hilfe entstand ein Jahr später das Filmfestival in Sarajevo auch ironisch Bal-Cannes, Cannes des Balkans genannt.
Der Wettbewerbstrailer, ein weißes Herz auf rotem Grund. Sarajevo begann als ein ganz besonderes Festival für ein Publikum, in einer von der Außenwelt völlig abgeschlossenen, belagerten Stadt, erzählt Joven Diviak. Er leitete zwischen 1992 und 1995 die Verteidigung Sarajevos:
" Als das Festival anfing, zeigten sie französische Filme wie „Die Liebenden von Pont Neuf“, und sie zeigte auch „Schindlers Liste“ – für uns war der Film bedrückende Wirklichkeit, wenn der KZ-Kommandant von seinem Haus aus mit dem Gewehr wahllos Häftlinge erschießt, das erlebten wir täglich nach dem Kinobesuch draußen auf den Strassen. "
Auch heute zehn Jahre nach Kriegsende sind die Kinos ausverkauft und Sarajevo hat sich zu einem InternationalenFestival mit regionalem Focus entwickelt mit zwölf verschiedenen Filmsektionen und einem großen Koproduktionsmarkt für die Region Südosteuropa.
Auch im diesjährigen Wettbewerb ist der Bosnienkrieg oder andere jüngste gewalttätigen Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien immer präsent.
So erzählt „Kukumi“, ein Film aus dem Kosovo von drei Insassen einer Nervenheilanstalt, die 1999 nach Abzug der serbischen Militärs und des serbischen Pflegepersonals auf sich selbst gestellt durch das verbrannte Land ziehen.
Der bosnische Film „Go West“ handelt von einem homosexuellen muslimischen Musiker, der sich als Frau verkleidet ausgerechnet in einem serbischen Dorf versteckt.
Filme aus Bosnien und Herzegowina stehen dieses Jahr im Zentrum unterschiedlichen Sektionen: Dokumentar- und Spielfilme im nationalen Wettbewerb zeigen ein Land im Umbruch, ein Land in ethnischer und religiöser Zerrissenheit, ein Land, das Anschluss an den Rest der Welt sucht:
Ein zentrales Thema sind immer wieder die erdrutschartigen Veränderungen, die das Leben bis in die kleinsten private Bereiche verändert haben. Mit groteskem und bitterbösem Humor erzählt der Eröffnungsfilm des Internationalen Wettbewerbs „Well temperated Corpses“ (Wohltemperierte Körper) vier parallele Geschichten in Sarajevo, von Träumen und Illusionen, die erst am Ende im Leichenschauhaus zusammen finden – für Regisseur Benjamin Filipovic auch eine Parabel für eine Gesellschaft auf der Suche nach einer neuen Identität:
" Wir haben die soziale und politische Identität, die wir über Jahre hin gepflegt haben verloren aber auch keine neue Definition gefunden, die etwa in die Richtung westlicher Demokratien laufen würde. In diesem Vakuum, in diesem nicht leerem, sondern eher halbvollem Raum findet man die verschiedensten Menschen, Charaktere und Geschichten sie liegen auf der Strasse.“
Die Narben des Krieges, die psychologischen und kulturellen Spätfolgen und die kollektive Isolation stellen den Hintergrund vieler Filmen aus den ehemals jugoslawischen Teilrepubliken. In dem kroatischen Film SORRY FOR KUNG FU kehrt eine junge schwangere Frau aus Deutschland in ihr Heimatdorf zurück. Direkt am Elternhaus liegt ein großes Minenfeld – für Regisseur Ognjen Svilicic sind die Spuren des Krieges überall gegenwärtig:
" Wenn man Gegenwartsfilme über diese Region machen will, kommt man um den Krieg nicht herum. Man kannst ihn in jeder Kaffeetasse sehen, und wenn du ihn nicht siehst dann spürst du ihn. Den Krieg aus unseren Filmen auszuklammern wäre, wie einen Liebesfilm zu machen, bei dem es nicht irgendwann einmal um Sex geht.“
Die Filme in Sarajevo zeigen eine Region im Umbruch, ein Arbeitsloser in Slowenien, dessen Firma nach dem EU-Beitritt geschlossen wurde oder dunkle Korruptionsaffären nach den Bombenangriff der Nato auf Belgrad. Dabei reicht die stilistische Bandbreite von der schnellen und bizarren Komödie über die sehr intimistische Betrachtung hin zum konventionellen Fernsehspiel.
In Sarajevo sind die Filme der ehemaligen Kriegsgegner zu sehen und das fördert eine neue Identitätsfindung; – in einer Region, die für Ognjen Svilivivc immer noch zwischen Größenwahn und Minderwertigkeitskomplex schwankt:
„Dieses Festival bringt die Filmemacher aus der Region heraus in die Welt hinein, sie finden ihren Platz auf der Weltkarte und dieses Festival gibt der Region und den Filmemachern der Region den Respekt vor sich selbst zurück. Manch erwarten von uns ein dauerndes Zirkusprogramm, aber ich halte das für den falschen Weg. Wir sollten uns nicht zu wichtig nehmen, sondern einfach Filme machen, wie in anderen Ländern der Welt auch – und dabei einfach ehrlich sein, mit unseren Altlasten, mit unserer Vergangenheit und unserer Zukunft und die Dinge nicht schlimmer darstellen, aber sie auch nicht beschönigen. Nur Ehrlichkeit kann die Region weiterbringen. "
Sarajevo ist ein regionales Festival für Südosteuropa, immer auch mit dem Ziel internationale Produktionspartner zu finden. Zu Südosteuropa gehören auch Bulgarien, Albanien und dieses Jahr neu dabei Ungarn. In naher Zukunft kommen jetzt noch die Länder hinzu, die die Region im Laufe von Jahrhundert geprägt haben: die Türkei und Österreich. Sarajevo ist ein Festival im Aufschwung und das Konzept der Region Südosteuropa geht für Festivaldirektor Mirsa Purivatrom wesentlich weit über die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens und den Balkan hinaus:
„Ich denke mit Griechenland und der Türkei im nächsten Jahr und mit Österreich in zwei Jahren kommen ganz neue Filmproduktionsländer und Märkte dazu und das kann ein neues Zeichen sein für neue Koproduktionen, für mehr Filme und bessere Filme und es wird noch attraktiver für Filmemacher hier ihre Filme zu zeigen und entdeckt zu werden, und ich denke in zwei Jahren wird Sarajevo eines der wichtigsten europäischen Festivals für filmische Neuentdeckungen sein. "
" Als das Festival anfing, zeigten sie französische Filme wie „Die Liebenden von Pont Neuf“, und sie zeigte auch „Schindlers Liste“ – für uns war der Film bedrückende Wirklichkeit, wenn der KZ-Kommandant von seinem Haus aus mit dem Gewehr wahllos Häftlinge erschießt, das erlebten wir täglich nach dem Kinobesuch draußen auf den Strassen. "
Auch heute zehn Jahre nach Kriegsende sind die Kinos ausverkauft und Sarajevo hat sich zu einem InternationalenFestival mit regionalem Focus entwickelt mit zwölf verschiedenen Filmsektionen und einem großen Koproduktionsmarkt für die Region Südosteuropa.
Auch im diesjährigen Wettbewerb ist der Bosnienkrieg oder andere jüngste gewalttätigen Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien immer präsent.
So erzählt „Kukumi“, ein Film aus dem Kosovo von drei Insassen einer Nervenheilanstalt, die 1999 nach Abzug der serbischen Militärs und des serbischen Pflegepersonals auf sich selbst gestellt durch das verbrannte Land ziehen.
Der bosnische Film „Go West“ handelt von einem homosexuellen muslimischen Musiker, der sich als Frau verkleidet ausgerechnet in einem serbischen Dorf versteckt.
Filme aus Bosnien und Herzegowina stehen dieses Jahr im Zentrum unterschiedlichen Sektionen: Dokumentar- und Spielfilme im nationalen Wettbewerb zeigen ein Land im Umbruch, ein Land in ethnischer und religiöser Zerrissenheit, ein Land, das Anschluss an den Rest der Welt sucht:
Ein zentrales Thema sind immer wieder die erdrutschartigen Veränderungen, die das Leben bis in die kleinsten private Bereiche verändert haben. Mit groteskem und bitterbösem Humor erzählt der Eröffnungsfilm des Internationalen Wettbewerbs „Well temperated Corpses“ (Wohltemperierte Körper) vier parallele Geschichten in Sarajevo, von Träumen und Illusionen, die erst am Ende im Leichenschauhaus zusammen finden – für Regisseur Benjamin Filipovic auch eine Parabel für eine Gesellschaft auf der Suche nach einer neuen Identität:
" Wir haben die soziale und politische Identität, die wir über Jahre hin gepflegt haben verloren aber auch keine neue Definition gefunden, die etwa in die Richtung westlicher Demokratien laufen würde. In diesem Vakuum, in diesem nicht leerem, sondern eher halbvollem Raum findet man die verschiedensten Menschen, Charaktere und Geschichten sie liegen auf der Strasse.“
Die Narben des Krieges, die psychologischen und kulturellen Spätfolgen und die kollektive Isolation stellen den Hintergrund vieler Filmen aus den ehemals jugoslawischen Teilrepubliken. In dem kroatischen Film SORRY FOR KUNG FU kehrt eine junge schwangere Frau aus Deutschland in ihr Heimatdorf zurück. Direkt am Elternhaus liegt ein großes Minenfeld – für Regisseur Ognjen Svilicic sind die Spuren des Krieges überall gegenwärtig:
" Wenn man Gegenwartsfilme über diese Region machen will, kommt man um den Krieg nicht herum. Man kannst ihn in jeder Kaffeetasse sehen, und wenn du ihn nicht siehst dann spürst du ihn. Den Krieg aus unseren Filmen auszuklammern wäre, wie einen Liebesfilm zu machen, bei dem es nicht irgendwann einmal um Sex geht.“
Die Filme in Sarajevo zeigen eine Region im Umbruch, ein Arbeitsloser in Slowenien, dessen Firma nach dem EU-Beitritt geschlossen wurde oder dunkle Korruptionsaffären nach den Bombenangriff der Nato auf Belgrad. Dabei reicht die stilistische Bandbreite von der schnellen und bizarren Komödie über die sehr intimistische Betrachtung hin zum konventionellen Fernsehspiel.
In Sarajevo sind die Filme der ehemaligen Kriegsgegner zu sehen und das fördert eine neue Identitätsfindung; – in einer Region, die für Ognjen Svilivivc immer noch zwischen Größenwahn und Minderwertigkeitskomplex schwankt:
„Dieses Festival bringt die Filmemacher aus der Region heraus in die Welt hinein, sie finden ihren Platz auf der Weltkarte und dieses Festival gibt der Region und den Filmemachern der Region den Respekt vor sich selbst zurück. Manch erwarten von uns ein dauerndes Zirkusprogramm, aber ich halte das für den falschen Weg. Wir sollten uns nicht zu wichtig nehmen, sondern einfach Filme machen, wie in anderen Ländern der Welt auch – und dabei einfach ehrlich sein, mit unseren Altlasten, mit unserer Vergangenheit und unserer Zukunft und die Dinge nicht schlimmer darstellen, aber sie auch nicht beschönigen. Nur Ehrlichkeit kann die Region weiterbringen. "
Sarajevo ist ein regionales Festival für Südosteuropa, immer auch mit dem Ziel internationale Produktionspartner zu finden. Zu Südosteuropa gehören auch Bulgarien, Albanien und dieses Jahr neu dabei Ungarn. In naher Zukunft kommen jetzt noch die Länder hinzu, die die Region im Laufe von Jahrhundert geprägt haben: die Türkei und Österreich. Sarajevo ist ein Festival im Aufschwung und das Konzept der Region Südosteuropa geht für Festivaldirektor Mirsa Purivatrom wesentlich weit über die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens und den Balkan hinaus:
„Ich denke mit Griechenland und der Türkei im nächsten Jahr und mit Österreich in zwei Jahren kommen ganz neue Filmproduktionsländer und Märkte dazu und das kann ein neues Zeichen sein für neue Koproduktionen, für mehr Filme und bessere Filme und es wird noch attraktiver für Filmemacher hier ihre Filme zu zeigen und entdeckt zu werden, und ich denke in zwei Jahren wird Sarajevo eines der wichtigsten europäischen Festivals für filmische Neuentdeckungen sein. "