Calexico und Iron & Wine mit Album "Years To Burn"

Geschichten aus der zweiten Lebenshälfte

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Ein Promotionfoto zeigt die Band Calexico zusammen mit Sam Beam dem Songwriter von Iron & Wine.
Calexico und Iron & Wine präsentieren ihr Gemeinschaftswerk "Years To Burn". © Piper Ferguson / City Slang
Von Andreas Dewald · 19.06.2019
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Auf ihrem zweiten gemeinsamen Album wagen die Americana-Band Calexico und die Folk- und Country-Gruppe Iron & Wine Experimente jenseits der ihnen vertrauten wohligen Klänge. Es geht um die Rückschau auf ihr bisheriges Leben.
Es sind die Lieder vom Songwriter Sam Beam von Iron & Wine, auf dem das neue Calexico-Album "Years to Burn" fußt. Und Joey Burns, Bandmitglied schwärmt: "Die Songs von Sam Beam verherrlichen die Landschaft im Südwesten der USA. Ich liebe das! Man hat das Gefühl, nicht nur tolle Songs zu hören, sondern wie durch ein Fenster in eine Welt zu blicken, die er von der Stimmung und den Emotionen her wunderbar beschreibt. Diese Begabung hat er. Sam Beam ist ja in Filmwissenschaft ausgebildet und war Professor für Film an der Universität. Auch deswegen hat er wohl ein Gespür für Musik, die die Atmosphäre der Umgebung hervorruft."
Genau deshalb, sagt Burns, passen der Sound seiner Band und der von Iron & Wine um den Songwriter Sam Beam so hervorragend zusammen: die von Wüsten- und Latin-Flair durchwehten Klänge von Calexico und die leise Singersongwriter-Musik von Iron & Wine. Man bekommt auf "Years to Burn" allerdings mehr zu hören als die wohlklingende Americana, die man von den Beteiligten kennt. Sie alle wollten bei dieser Kollaboration ihre behaglichen Komfortzonen verlassen und waren zur Improvisation und zum Experiment bereit.

Bitterkeit, um die Welt zu beschreiben

So schwebt der Geist des Jazz über einigen Passagen des Albums: besonders über der dreiteiligen, gut achtminütigen Extravaganz "The Bitter Suite", in deren dunklen Klangwolken und Disharmonien sich auch die beunruhigenden politischen Spannungen der Gegenwart zu spiegeln scheinen. Burns meint: "'The Bitter Suite' bedeutet für mich, musikalisch das Fenster zu öffnen, alles zuzulassen, und zu sehen, was passiert. Vielleicht steht das symbolisch für den aktuellen Zustand, in dem sich dieser Planet befindet."
Auf "Years to Burn" gehen Sam Beams sublimes Songwriting und die virtuose Spiel- und Improvisationskunst von Calexico eine Kombination ein, die mehr ist als die Summe ihrer Teile. Der Sänger von Iron & Wine hat Songs geschrieben, die mitunter an die von Crosby, Stills, Nash & Young erinnern.
"Father Mountain" zum Beispiel, in dem er das materialistische Denken der Elterngeneration und den Idealismus der Jugend in berührenden Sprachbildern kontrastiert und in herzergreifende Musik kleidet. Und auch in den übrigen Songs beschwört Sam Beam als Ehemann und Vater von fünf Töchtern ganz unkitschig Werte wie Love and Peace, Familie und Freundschaft.

Das Leben erzählt die Geschichten

"Ich glaube, Sam Beam will in seinen Songs einfach ehrlich sein, an diesem Punkt in seinem Leben. Darauf können wir uns auch bei 'Calexico' beziehen, wir sind alle zwischen 30 und 50 Jahre alt. In den Songs geht es um Nostalgie, um Rückschau, um tiefe Liebesbeziehungen, um Dinge aus der zweiten Hälfte des Lebens, um die Höhen und Tiefen, die wir alle durchlebt haben."
Calexico und Iron & Wine bieten auf "Years to Burn" Americana-Romantik, die nicht nur oberflächlich gut klingt, sondern sich auch textlich durch poetischen Tiefgang, Empathie und Lebensweisheit auszeichnet. Und hört man das Album an einem Stück, wird die musikalische Idylle immer wieder so spannend aufgebrochen, dass sich keinesfalls ein Gefühl von Weltflucht einstellt.
Calexico haben in der Vergangenheit in ihren Stücken immer wieder die politische Lage im Grenzgebiet zwischen Mexiko und den USA thematisiert. Und zumindest indirekt tun sie das auch bei dieser Kollaboration auf "Years to Burn". "Ich denke", so Beams, "offen in einer Gemeinschaft zu sein, sich die Ideen des anderen anzuhören, miteinander zu kommunizieren und zu improvisieren, egal wer und wo du bist, das ist eine wundervolle Geste, die auch auf eine globale Bühne übertragen werden kann: sei es in der Politik oder bei sozialen Aktivitäten oder wenn es darum geht, ein guter Nachbar zu sein, ein guter Diener der Natur und der Mutter Erde."
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