C wie Cosima
Der Buchstabe C ist Wagners Gattin und „hoher Frau“ und ihrer durchaus zwielichtigen Erscheinung gewidmet.
28. November 1863: „Unter Tränen und Schluchzen besiegelten wir das Bekenntnis, und einzig gegenseitig anzugehören“. Wir: das sind der Schreiber der eben gehörten ergreifenden Zeile, Richard Wagner, reichlich 50, und Cosima von Bülow, 24 Jahre jünger, vor allem aber fast einen Kopf größer als der Meister, was zukünftige Familienfotos so gut wie ausschloss; auf den wenigen, die beide gleichzeitig zeigen, darf sie sitzen, während er stehen muss – und ihr Scheitel trotzdem bis an sein Halstuch reicht.
Doch das war vermutlich eines der geringeren Probleme dieses Bündnisses, das sieben Jahre später in Richards zweite Ehe mündete, nachdem beide ihrer aktuellen Partner durch Tod respektive Scheidung ledig geworden waren, und dann jene Wirtschafts- und Marketing-Gemeinschaft samt den dafür zukünftig notwendigen Erb-Statthaltern begründete, die seit 1876 als „Bayreuther Festspiele“ die Musikwelt in Wallung bringt.
Cosima war ebenso wenig eine klassische Schönheit wie der mickernde 1,65er-Sachse ein teutonischer Leibesheld; mit heutigen Augen gesehen hätten die Stammeltern der Wagner-Dynastie ein reichlich schräges, aber durchaus originelles Paar abgegeben. Hinter der Frau, die im Jahre der Eheschließung bereits vierfache Mutter, erneut schwanger und insgesamt ins reifere Alter eingeschwommen war, lag eine triste Pensionatskindheit als illegitime Tochter Franz Listzts, der ein genialischer Künstler, aber ein lausiger Papa war und unter anderem, ganz der großmächtige Patriarch, sein Möglichstes tat, jeden Kontakt Cosimas und ihrer Geschwister zur Mutter zu unterbinden. Das Töchterchen zahlt es ihm später heim, indem es ihn künstlerisch mehr und mehr zum bloßen Steigbügelhalter Wagners degradierte, ihn sozusagen ästhetisch aufs Altenteil schob, und am Ende sogar sein elendes Sterben während der Bayreuther Festspiele 1886 so lange wie möglich gegenüber der Öffentlichkeit verdrängte, um Störungen vom weihevollen Festspielgetriebe fern zu halten.
In dieser Mischung von grausamer Nüchternheit und fanatischem Witweneifer zeigt sich schon jene matronenhaft-strenge und dann in den letzten Jahrzehnten ihres langen, bis 1930 währenden Lebens gleichsam bei lebendigem Leibe mumifizierte Übermutter und Hohepriesterin, die Richards Werke am liebsten gegen jeden Luftzug moderner Zeiten unter die Glasglocke gelegt hätte und statt dessen Adolf Hitler den Weg in die Villa Wahnfried bahnte. Dass Wagners Schaffen fast zwangsläufig auch in den Kontext der dunkelsten Jahre deutscher Geschichte gestellt wird, ist neben dessen eigenem Antisemitismus vor allem das Erbe zweier Frauen und ihres ans Hysterische grenzenden Führerkultes während der von ihnen verantworteten Bayreuther Ära: Cosimas und ihrer Schwiegertochter Winifred:
„Wagner hat das Weib erlöst; das Weib hat ihm dafür Bayreuth gebaut“ – als Friedrich Nietzsche diese Worte schrieb und mit einer seiner ätzenden Sentenzen weiter ausführte, meinte er natürlich Cosima, die ihm selbst alles andere als gleichgültig war, es aber vorzog, den bewunderten Wagner auf – aus Nietzsches Sicht – ganz falsche Pfade zu locken: zu „Parsifal“, dem einzigen Werk des Komponisten, bei dem sie quasi vom ersten Gedanken an dabei war und das für den Philosophen das Zurückkriechen Wagners in den Schoß der christlichen Kirche verkörperte, woran er der katholisch erzogenen Cosima die Hauptschuld gab. Zu viel Ehre vermutlich – aber wichtig war sie in jedem Falle, auch für Wagners letztes Stück, in dessen Szenerie wir jetzt, nach dem trutzig-kurzen „Lohengrin“-Zwischenspiel eben, wieder eintreten:
Doch das war vermutlich eines der geringeren Probleme dieses Bündnisses, das sieben Jahre später in Richards zweite Ehe mündete, nachdem beide ihrer aktuellen Partner durch Tod respektive Scheidung ledig geworden waren, und dann jene Wirtschafts- und Marketing-Gemeinschaft samt den dafür zukünftig notwendigen Erb-Statthaltern begründete, die seit 1876 als „Bayreuther Festspiele“ die Musikwelt in Wallung bringt.
Cosima war ebenso wenig eine klassische Schönheit wie der mickernde 1,65er-Sachse ein teutonischer Leibesheld; mit heutigen Augen gesehen hätten die Stammeltern der Wagner-Dynastie ein reichlich schräges, aber durchaus originelles Paar abgegeben. Hinter der Frau, die im Jahre der Eheschließung bereits vierfache Mutter, erneut schwanger und insgesamt ins reifere Alter eingeschwommen war, lag eine triste Pensionatskindheit als illegitime Tochter Franz Listzts, der ein genialischer Künstler, aber ein lausiger Papa war und unter anderem, ganz der großmächtige Patriarch, sein Möglichstes tat, jeden Kontakt Cosimas und ihrer Geschwister zur Mutter zu unterbinden. Das Töchterchen zahlt es ihm später heim, indem es ihn künstlerisch mehr und mehr zum bloßen Steigbügelhalter Wagners degradierte, ihn sozusagen ästhetisch aufs Altenteil schob, und am Ende sogar sein elendes Sterben während der Bayreuther Festspiele 1886 so lange wie möglich gegenüber der Öffentlichkeit verdrängte, um Störungen vom weihevollen Festspielgetriebe fern zu halten.
In dieser Mischung von grausamer Nüchternheit und fanatischem Witweneifer zeigt sich schon jene matronenhaft-strenge und dann in den letzten Jahrzehnten ihres langen, bis 1930 währenden Lebens gleichsam bei lebendigem Leibe mumifizierte Übermutter und Hohepriesterin, die Richards Werke am liebsten gegen jeden Luftzug moderner Zeiten unter die Glasglocke gelegt hätte und statt dessen Adolf Hitler den Weg in die Villa Wahnfried bahnte. Dass Wagners Schaffen fast zwangsläufig auch in den Kontext der dunkelsten Jahre deutscher Geschichte gestellt wird, ist neben dessen eigenem Antisemitismus vor allem das Erbe zweier Frauen und ihres ans Hysterische grenzenden Führerkultes während der von ihnen verantworteten Bayreuther Ära: Cosimas und ihrer Schwiegertochter Winifred:
„Wagner hat das Weib erlöst; das Weib hat ihm dafür Bayreuth gebaut“ – als Friedrich Nietzsche diese Worte schrieb und mit einer seiner ätzenden Sentenzen weiter ausführte, meinte er natürlich Cosima, die ihm selbst alles andere als gleichgültig war, es aber vorzog, den bewunderten Wagner auf – aus Nietzsches Sicht – ganz falsche Pfade zu locken: zu „Parsifal“, dem einzigen Werk des Komponisten, bei dem sie quasi vom ersten Gedanken an dabei war und das für den Philosophen das Zurückkriechen Wagners in den Schoß der christlichen Kirche verkörperte, woran er der katholisch erzogenen Cosima die Hauptschuld gab. Zu viel Ehre vermutlich – aber wichtig war sie in jedem Falle, auch für Wagners letztes Stück, in dessen Szenerie wir jetzt, nach dem trutzig-kurzen „Lohengrin“-Zwischenspiel eben, wieder eintreten: