BVerG-Urteil zum Rundfunkbeitrag

Über die Öffentlich-Rechtlichen soll und muss gestritten werden

Fernsehmikrofone mit den Logos von ARD und ZDF stehen vor Beginn einer Pressekonferenz nebeneinander.
Im Wesentlichen verfassungsgemäß: So urteilte das Bundesverfassungsgericht am Mittwoch über den Rundfunkbeitrag. © picture alliance / Peter Kneffel/dpa
Von Christoph Sterz · 18.07.2018
Erleichterung nach dem Urteil zur Rechtmäßigkeit der Rundfunkbeitrags ist erlaubt, meint Christoph Sterz. Aber es sollte die Öffentlich-Rechtlichen nicht zu einem einfachen "Weiter so" verführen. Denn es gebe durchaus berechtigte Kritik an ihnen.
Einmal kräftig durchatmen – und dann weitermachen. Das muss das Fazit sein, das besonders ARD, ZDF und Deutschlandradio ziehen sollten aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.
Dass die wichtigste Finanzierungsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks rechtmäßig ist, dass sie nur in einem Punkt nachgebessert werden muss, ist eine große Erleichterung für die Beteiligten.
Die für Rundfunkpolitik zuständigen Bundesländer müssen sich nun kein komplett neues System überlegen – und die Öffentlich-Rechtlichen können weiter ihrem Auftrag nachgehen: Recherchieren, Informieren, Einordnen und Vertiefen, mit Beiträgen aus Kultur, Sport, Unterhaltung oder Politik.

Wir brauchen mehr als Marketingkampagnen

Das heutige Urteil löst aber trotzdem nicht alle Probleme, die die Öffentlich-Rechtlichen haben. Das zeigt sich schon alleine an den ersten Reaktionen auf das Urteil: Es gibt die einen, die es gut finden, dass es in Deutschland für jeden zugängliche, solidarisch finanzierte Medien gibt, unabhängig vom Staat und von finanziellen Interessen – es gibt aber auch die anderen, die sich nicht angesprochen fühlen von den Fernsehsendungen, Radiobeiträgen oder Online-Angeboten. Die meinen, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio eben nicht unabhängig sind, dass der Rundfunkbeitrag in Wirklichkeit eine Zwangsgebühr ist für Sender, die nichts anderes seien als Staatsfunk.

Hören Sie zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts auch den Bericht von Gudula Geuther aus unserer Sendung "Studio 9": Audio Player

Dass die Öffentlich-Rechtlichen tatsächlich unabhängig arbeiten, dass es kein rotes Telefon gibt, mit dem die Bundesregierung Interviews anordnet oder Themen vorgibt, das muss also immer wieder aufs Neue klar gemacht werden. Und zwar nicht nur mit Marketingkampagnen, sondern vor allem mit herausragender Arbeit, mit exzellentem Journalismus.

Die Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen ist zum Teil berechtigt

Denn es gibt durchaus berechtigte Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen. Und es ist auch nach dem Urteil aus Karlsruhe wichtig, weiterhin über die betroffenen Sender zu streiten: über ihren Auftrag, über ihre Finanzierung, über ihre Sendungen und Inhalte.
Da gibt es eine Menge Punkte, die dringend besprochen werden sollten: Braucht es wirklich so viele Radio- und Fernsehsender wie aktuell? Sind zum Beispiel Nischen-Fernsehsender nötig, die vor allem als Abspielstationen für alte Dokus und abgehangene Krimi-Serien dienen? Sind acht Milliarden Euro zu viel Geld – oder zu wenig, weil die Teuerungsrate nicht eingepreist ist? Wie kann ein zeitgemäßes Angebot aussehen? Wie können junge Menschen besser erreicht werden? Und sollten die Rundfunkbeiträge wirklich in die Finanzierung teurer Sport-Rechte fließen, wie bei der Fußball-WM oder der Bundesliga?
Darüber sollte nicht nur, darüber muss weiter diskutiert werden, damit ARD, ZDF und Deutschlandradio nicht den gesellschaftlichen Anschluss verlieren. Die Bestätigung von höchster juristischer Stelle war enorm wichtig. Der Kontakt zum Publikum, die gute inhaltliche Arbeit sind jetzt aber noch wichtiger – genau wie eine breite gesellschaftliche Diskussion, wie unser aller öffentlich-rechtlicher Rundfunk heute und in Zukunft aussehen sollte.
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