"Buon appetito!"

Einfach lecker: In "Delizia!" schreibt der Historiker und Romanist John Dickie über die Küche der Italiener. Von "Risotto alla milanese" bis zu "Carciofi alla romana" - eine Kulturgeschichte des Kochens und Essens mit vielen Ausführungen zu historischen Ereignissen.
Dieses Buch ist im wahrsten Sinne des Wortes deliziös. Es geht nämlich ums Essen, genauer gesagt, ums italienische Essen, und noch genauer gesagt: um die italienische Küche in ihren verschiedenen Ausprägungen - von Sizilien bis nach Südtirol, von der Poebene bis in die Emilia Romagna, von der Toskana und dem Piemont bis nach Ligurien; und dabei läuft einem in jedem Kapitel neu das Wasser im Munde zusammen.

Der Londoner Italianistikprofessor John Dickie hat mit "Delizia! Die Italiener und ihre Küche. Geschichte einer Leidenschaft" aber kein simples Kochbuch geschrieben, sondern eine Kulturgeschichte des Kochens und Essens mit vielen Ausführungen zu historischen Ereignissen, ergänzt durch eine Fülle von Anekdoten und zahlreiche Abbildungen.

Als Erstes erfahren wir, dass es sich bei der italienischen Küche mitnichten um die edle Variante urtümlicher Bauerngerichte handelt, sondern um ein Produkt der selbstbewussten, mächtigen Städte. Die Städte mit ihren jeweiligen Herrschern, die sich auch über die Ausstattung opulenter Festmahle eine Prägung gaben, sind die Urheber der großen Klassiker von "Risotto alla milanese" über "Parmigiano reggiano" und "Bistecca alla fiorentina" bis zu "Carciofi alla romana".

John Dickie, bisher als Verfasser eines Standardwerkes über die Mafia in Erscheinung getreten, geht chronologisch vor und beginnt seine "Tour d'horizon" auf Sizilien im Mittelalter. Hier finden sich nämlich die ersten Nachweise für die Verwendung der "Pasta asciutta", der trockenen Teigwaren, die bereits damals von dort aus über die ganze Apenninhalbinsel vertrieben wurden.

Die Nudeln sind nicht, wie der gängigste Mythos der italienischen Küche lautet, mit Marco Polo aus China nach Italien gekommen. Es gab sie bereits ein paar Hundert Jahre früher, eingeführt von den muslimischen Invasoren, die zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert dünne Streifen getrockneten Teigs in Wasser oder Brühe kochten.

Die sehr viel älteren chinesischen Nudeln waren keine Hartweizennudeln, sondern mit Ei zubereitete Teigwaren. Das Besondere an den italienischen Nudeln war aber ihre Herstellung aus Hartweizen, wodurch sie haltbar wurden und auch für den Export geeignet waren. Auch sonst lernt man von Dickie eine Menge; zum Beispiel, dass im Mittelalter bei der Zubereitung fast aller Speisen Unmengen von Zucker verwendet wurden, weil die Lebensmittel meistens gepökelt oder geräuchert waren und man diesen intensiven Geschmack übertönen musste; oder dass sich die Küche der Adligen vor allem durch die Verwendung exotischer und teurer Gewürze auszeichnete.

Wir lernen, wie es zu Mortadella und Maccheroni kam, welches das wichtigste Kochbuch ist, warum die Pizza Margherita so heißt, wie sie heißt, was die italienische Einigung für die kulinarischen Eigenarten bedeutete und welche Rolle die Auswanderer aus ländlichen Gegenden für den weltweiten Siegeszug der "Cucina italiana" spielten.

Heute hat Italien mehr EU-geschützte Esswaren als irgendein anderes Land. Dickie ist mit "Delizia!" ein ebenso köstlich-unterhaltsames wie lehrreiches Buch gelungen. Buon appetito!

Besprochen von Maike Albath

John Dickie: Delizia! Die Italiener und ihre Küche.
Geschichte einer Leidenschaft

Aus dem Englischen übersetzt von Sebastian Vogel
S. Fischer Verlag Frankfurt am Main, 444 Seiten, 22,95 Euro