Buntes Erbe der Moderne
Das Bauhaus ist eine weltweite Erfolgsgeschichte. Jetzt wird im Berliner Martin-Gropius-Bau die Bauhaus-Geschichte von 1919 bis 1933 gezeigt. Mit 1000 Exponaten ist es die größte Bauhaus-Ausstellung, die es je gegeben hat. 90 Jahre nach Gründung des Bauhauses soll die Ausstellung festgefahrene Bauhaus-Klischees revidieren und der Frage nachgehen, weshalb das Bauhaus zum strahlenden Vorbild für die internationale Moderne werden konnte.
Der Chef war ein wenig puristisch. Bauhaus-Gründer Walter Gropius mochte das Spektrum von Schwarz bis Weiß. Doch seine Bauhaus-Meister, vor allem Künstler wie Paul Klee oder Wassily Kandinsky, waren von Haus aus eher farbenfroh. Als Bewohner der Dessauer Bauhaus-Bauten ließen sie sich sowieso keine Vorschriften machen, wenn es um die Farbgestaltung ihrer eigenen vier Wände ging. Neuere Farbanalysen haben diese bunte Bauhaus-Welt wieder ans Licht gebracht.
Vielleicht sind es ja nur die spektakulären Bauhaus-Fotos, die unser Schwarzweiß-Bild vom Bauhaus prägen, denn Farbfilm gab es damals noch nicht. Egal: Jetzt sind im Martin-Gropius-Bau die wunderbarsten Dinge zu sehen, ein Fest der Farben und Sinne. An den Wänden, in den Regalen und Vitrinen finden sich alle Highlights, die das historische Bauhaus zu bieten hat. Möbel von Marcel Breuer und Mies van der Rohe, Fotografien von Moholy-Nagy, Architekturmodelle, Bilder, Skizzen und Textilien. Hortensia Völckers von der Kulturstiftung des Bundes, die das Drei-Millionen-Projekt mit 700.000 Euro gefördert hat:
"Für diejenigen die glauben, dass sie wissen, was Bauhaus ist, weil es ja in bestimmten, aber nur ganz bestimmten Aspekten so sehr in unsere tägliche Kultur eingegangen ist, das ist für uns heute, glaube ich, interessant, wie divers und wie kompliziert dieses Phänomen war. Und das zeigt diese Ausstellung, finde ich, besonders gut, gerade in dem ersten Teil, dem Weimarer Teil, der so turbulent ist und so wenig fassbar in einem Begriff, sondern nur aus Widersprüchen besteht. Deshalb bin ich auch so darauf geflogen, weil man sucht ja immer aus der heutigen Perspektive im Erbe herum, was hilft mir, um heute Lösungen zu finden."
Die 18 Ausstellungsräume orientieren sich am Farbkreis des frühen Bauhaus-Meisters Johannes Itten. In ihnen wird die Bauhaus-Geschichte - oder sagen wir besser, die derzeit aktuelle Bauhaus-Geschichte - opulent ausgebreitet. Annemarie Jaeggi, Leiterin des Berliner Bauhaus Archivs.
"Die Moderne hat ihre Geschichtsschreiber gehabt, und die sind Zeitgenossen gewesen. Wenn man aus der Zeit heraus schreibt, begeht man vielleicht auch Gewichtungen, Urteile, die nicht unbedingt von den nachwachsenden Generationen noch für stichhaltig erachtet werden, und in einem solchen Umbruchprozess sind wir, glaube ich, zu einem Teil, weil man schon sagen muss, dass wir von einer Kanonisierung auch weg müssen und zwar nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern international."
Die drei Sachwalter des Bauhaus-Erbes aus Weimar, Dessau und Berlin haben 20 Jahre nach dem Mauerfall ihre kleinlichen Streitereien beiseite gelegt und erzählen nun gemeinsam eine unglaubliche Geschichte, wie eine kleine Kunstgewerbeschule aus der Provinz nach und nach Profil gewinnt und am Ende zu einem weltweiten Modell für die klassische Moderne wird.
Die Bauhaus-Direktoren Walter Gropius, Hannes Meyer und Mies van der Rohe werden zusammen mit Lehrern und Schülern vorgestellt. Experimenteller Unterricht, praxisnahe Werkstätten, die Entwicklung einer neuen Ästhetik und heftige politische Auseinandersetzungen prägten das historische Bild. Hellmut Seemann, Leiter der Klassik Stiftung Weimar:
"Die Moderne war viel weniger über sich selbst aufgeklärt, sie war viel weniger rational, als wir glauben, dass sie gewesen sei. Sie war auch ein Suchprozess, der von sehr unterschiedlichen Wurzeln und Interessen sich auf einen offenen Weg gemacht hat. Und das nachzuvollziehen, ist eigentlich viel interessanter, als die klassischen Früchte, die wir immer mit dem Bauhaus verbinden, immer wieder sich anzuschauen."
Erzählt wird der erste Teil des ewig jungen Märchens vom Tellerwäscher zum Millionär, denn soviel ist klar: Ohne die Schließung und Vertreibung der Bauhaus-Schule durch die Nationalsozialisten hätte es den weltweiten Erfolg niemals gegeben. Mephisto Hitler hat ganze Arbeit geleistet. Die Geschichte nach 1933 bleibt diesmal außen vor. Allerdings blicken zeitgenössische Künstler im Lichthof des Martin-Gropius-Baus auf das historische Bauhaus und seine Folgen für uns.
Annemarie Jaeggi: "Christine Hill beschäftigt sich damit, ob das Bauhaus heute angekommen ist, ob seine großen und hehren Ziele sich wirklich manifestieren im Hier und Heute. Und sie gliedert das in zwei Bereiche high und low, also Bauhaus sozusagen als die Hochkultur und die niedrigere Kultur, es gibt einen kleinen Raum, in dem sie lauter Gegenstände zeigt, die sich des Namens Bauhaus bemächtigen, da gibt es also auch wirklich sehr viel Humorvolles."
Während sich Christine Hill um Trash-Kultur, Ikea und Baumärkte kümmert, haben Ilka und Andreas Ruby elf Zeitgenossen befragt, was ihnen das Bauhaus heute bedeutet. "Endless Bauhaus" heißt ihre Videoinstallation.
Ilka und Andreas Ruby: "Endloses Bauhaus ist die Idee, dass das Bauhaus zwar historisch 1933 zu Ende ging, aber die Fragen, die das Bauhaus gestellt hat, uns bis heute bewegen, weil die Fragen gehen nicht mehr weg."
"Und deshalb ist die Installation, die wir haben, die Videoinstallation ein Endlos-Loop, es gibt kein Anfang, kein Ende, man kann jederzeit einsteigen in den Film und auch wieder rausgehen."
Die Ausstellung Modell Bauhaus ist auch so ein Endlos-Loop. Die achtzehn Stationen bilden einen Kreis, den die Besucher vom Lichthof aus beliebig oft betreten und verlassen können. Eine unendliche und doch stets neue Geschichte.
Mit seinem Überschuss an Utopie ist das Bauhaus bis heute ein findiger Überlebenskünstler geblieben, vital wie Donald Duck, einfach nicht totzukriegen. Wer darüber staunen will, hat jetzt in Berlin die allerbeste Gelegenheit.
Service:
Die Ausstellung Modell Bauhaus ist vom 22.7. bis 4.10. im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen.
Vielleicht sind es ja nur die spektakulären Bauhaus-Fotos, die unser Schwarzweiß-Bild vom Bauhaus prägen, denn Farbfilm gab es damals noch nicht. Egal: Jetzt sind im Martin-Gropius-Bau die wunderbarsten Dinge zu sehen, ein Fest der Farben und Sinne. An den Wänden, in den Regalen und Vitrinen finden sich alle Highlights, die das historische Bauhaus zu bieten hat. Möbel von Marcel Breuer und Mies van der Rohe, Fotografien von Moholy-Nagy, Architekturmodelle, Bilder, Skizzen und Textilien. Hortensia Völckers von der Kulturstiftung des Bundes, die das Drei-Millionen-Projekt mit 700.000 Euro gefördert hat:
"Für diejenigen die glauben, dass sie wissen, was Bauhaus ist, weil es ja in bestimmten, aber nur ganz bestimmten Aspekten so sehr in unsere tägliche Kultur eingegangen ist, das ist für uns heute, glaube ich, interessant, wie divers und wie kompliziert dieses Phänomen war. Und das zeigt diese Ausstellung, finde ich, besonders gut, gerade in dem ersten Teil, dem Weimarer Teil, der so turbulent ist und so wenig fassbar in einem Begriff, sondern nur aus Widersprüchen besteht. Deshalb bin ich auch so darauf geflogen, weil man sucht ja immer aus der heutigen Perspektive im Erbe herum, was hilft mir, um heute Lösungen zu finden."
Die 18 Ausstellungsräume orientieren sich am Farbkreis des frühen Bauhaus-Meisters Johannes Itten. In ihnen wird die Bauhaus-Geschichte - oder sagen wir besser, die derzeit aktuelle Bauhaus-Geschichte - opulent ausgebreitet. Annemarie Jaeggi, Leiterin des Berliner Bauhaus Archivs.
"Die Moderne hat ihre Geschichtsschreiber gehabt, und die sind Zeitgenossen gewesen. Wenn man aus der Zeit heraus schreibt, begeht man vielleicht auch Gewichtungen, Urteile, die nicht unbedingt von den nachwachsenden Generationen noch für stichhaltig erachtet werden, und in einem solchen Umbruchprozess sind wir, glaube ich, zu einem Teil, weil man schon sagen muss, dass wir von einer Kanonisierung auch weg müssen und zwar nicht nur innerhalb Deutschlands, sondern international."
Die drei Sachwalter des Bauhaus-Erbes aus Weimar, Dessau und Berlin haben 20 Jahre nach dem Mauerfall ihre kleinlichen Streitereien beiseite gelegt und erzählen nun gemeinsam eine unglaubliche Geschichte, wie eine kleine Kunstgewerbeschule aus der Provinz nach und nach Profil gewinnt und am Ende zu einem weltweiten Modell für die klassische Moderne wird.
Die Bauhaus-Direktoren Walter Gropius, Hannes Meyer und Mies van der Rohe werden zusammen mit Lehrern und Schülern vorgestellt. Experimenteller Unterricht, praxisnahe Werkstätten, die Entwicklung einer neuen Ästhetik und heftige politische Auseinandersetzungen prägten das historische Bild. Hellmut Seemann, Leiter der Klassik Stiftung Weimar:
"Die Moderne war viel weniger über sich selbst aufgeklärt, sie war viel weniger rational, als wir glauben, dass sie gewesen sei. Sie war auch ein Suchprozess, der von sehr unterschiedlichen Wurzeln und Interessen sich auf einen offenen Weg gemacht hat. Und das nachzuvollziehen, ist eigentlich viel interessanter, als die klassischen Früchte, die wir immer mit dem Bauhaus verbinden, immer wieder sich anzuschauen."
Erzählt wird der erste Teil des ewig jungen Märchens vom Tellerwäscher zum Millionär, denn soviel ist klar: Ohne die Schließung und Vertreibung der Bauhaus-Schule durch die Nationalsozialisten hätte es den weltweiten Erfolg niemals gegeben. Mephisto Hitler hat ganze Arbeit geleistet. Die Geschichte nach 1933 bleibt diesmal außen vor. Allerdings blicken zeitgenössische Künstler im Lichthof des Martin-Gropius-Baus auf das historische Bauhaus und seine Folgen für uns.
Annemarie Jaeggi: "Christine Hill beschäftigt sich damit, ob das Bauhaus heute angekommen ist, ob seine großen und hehren Ziele sich wirklich manifestieren im Hier und Heute. Und sie gliedert das in zwei Bereiche high und low, also Bauhaus sozusagen als die Hochkultur und die niedrigere Kultur, es gibt einen kleinen Raum, in dem sie lauter Gegenstände zeigt, die sich des Namens Bauhaus bemächtigen, da gibt es also auch wirklich sehr viel Humorvolles."
Während sich Christine Hill um Trash-Kultur, Ikea und Baumärkte kümmert, haben Ilka und Andreas Ruby elf Zeitgenossen befragt, was ihnen das Bauhaus heute bedeutet. "Endless Bauhaus" heißt ihre Videoinstallation.
Ilka und Andreas Ruby: "Endloses Bauhaus ist die Idee, dass das Bauhaus zwar historisch 1933 zu Ende ging, aber die Fragen, die das Bauhaus gestellt hat, uns bis heute bewegen, weil die Fragen gehen nicht mehr weg."
"Und deshalb ist die Installation, die wir haben, die Videoinstallation ein Endlos-Loop, es gibt kein Anfang, kein Ende, man kann jederzeit einsteigen in den Film und auch wieder rausgehen."
Die Ausstellung Modell Bauhaus ist auch so ein Endlos-Loop. Die achtzehn Stationen bilden einen Kreis, den die Besucher vom Lichthof aus beliebig oft betreten und verlassen können. Eine unendliche und doch stets neue Geschichte.
Mit seinem Überschuss an Utopie ist das Bauhaus bis heute ein findiger Überlebenskünstler geblieben, vital wie Donald Duck, einfach nicht totzukriegen. Wer darüber staunen will, hat jetzt in Berlin die allerbeste Gelegenheit.
Service:
Die Ausstellung Modell Bauhaus ist vom 22.7. bis 4.10. im Martin-Gropius-Bau in Berlin zu sehen.