Nariman Hammouti-Reinke: Ich diene Deutschland: Ein Plädoyer für die Bundeswehr – und warum sie sich ändern muss
Rowohlt Verlag, Hamburg 2019
256 Seiten, 14,99 Euro
Im Dienst für Frieden, Vaterland und Integration
34:19 Minuten
Nariman Hammouti-Reinke ist Offizierin der Bundeswehr, Soldatin muslimischen Glaubens und stolz darauf, ihrem Land zu dienen. Loyalität, Kameradschaft, für Werte einstehen: Das sind Haltungen, an die die Tochter marokkanischer Eltern glaubt.
Nariman Hammouti-Reinke hat fünf Geschwister und wuchs fern von militärischem Drill auf: "Bei uns war immer was los, es war sehr laut. Militärisch ging es bei uns überhaupt nicht zu", berichtet sie.
Hannover Linden, das Viertel in dem Hammouti-Reinke aufgewachsen ist, war ein "typisches Gastarbeiter-Viertel", wie sie sagt. "Ich bin zwischen Italienern, Spaniern, ganz vielen türkischen Freundinnen aufgewachsen, es gab afghanische Familien und iranische Familien." Deutsche Freunde habe sie hingegen nur wenige gehabt.
Ihr Vater brachte sie auf die Idee, zur Bundeswehr zu gehen, erinnert sich Hammouti-Reinke. Er habe in Marokko sehr unter dem französischen Protektorat gelitten und wollte sich bei den Freiheitskämpfern engagieren:
Ihr Vater wollte Marokko befreien
"Er hat in der Nähe von Paris nachts in einem Waldstück eine Ausbildung gemacht. Als er dann fertig war, war Marokko zum Glück schon befreit. Er hat ziemlich viel gesehen und erlebt und irgendwann gesagt, dass er möchte, dass meine Brüder was ganz Tolles bei der Bundeswehr werden und dass sie etwas für Deutschland leisten sollen. Ich habe dann irgendwann aus Scherz gesagt: 'Papa, ich mach‘ das.' Und dann habe ich’s wirklich gemacht."
Aber den letzten Anstoß gab der US-Spielfilm "Pearl Harbor", den sie 2001 sah: "Ganz viel Marine, Fliegerei, Kameradschaft, für etwas einstehen. Und das fand ich so klasse, dass ich gesagt habe: 'Ich geh' zur Bundeswehr.'"
Als sie zu ihrem ersten Einsatz nach Afghanistan aufgebrochen sei, habe sie nicht gedacht, dass die Freiheit Deutschlands auch am Hindukusch verteidigt werden muss, sagt sie - so wie es der inzwischen verstorbene Verteidigungsminister Peter Struck einmal formuliert hatte. "Erst als ich dort war, habe ich verstanden, warum er das gesagt hat. Die Bedrohung, die wir innerhalb von Deutschland haben, die kommt auch aus Afghanistan. Terrorismus ist nicht so weit weg."
Kritik am Afghanistan-Einsatz wehrt sie ab
Deswegen verwahrt sie sich auch gegen Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. "Das ist respektlos gegenüber all meinen Kameraden, die ihr Leben dort gelassen haben und gegenüber all meinen Kameraden, die dort in Einsätzen sind. Und zweitens ist das ganz schlimmes Unwissen. Wie vielen Menschen wir dort helfen konnten, wie vielen Frauen wir helfen konnten, dass sie sich dort frei bewegen können. Die Sicherheitskräfte, die es jetzt dort gibt und die dort ausgebildet werden, die gäbe es nicht, wenn es dieses Mandat nicht gäbe."
Die Bundeswehr verteidigt sie auch in anderen Belangen. Ihr Credo: Sicher, auch dort gibt es Rassismus und Sexismus. Doch nicht mehr als anderswo auch. Nariman Hammouti-Reinke verfügt über eine hohe Portion Loyalität. Und deswegen erzählt sie auch gern die positiven Bundeswehr-Geschichten. Den "Islam-Hass", den es überall gebe, "den habe ich innerhalb der Truppe nicht", betont sie. Es werde vielmehr neugierig gefragt. Und ein Vorgesetzter habe auch schon am Ramadan gefastet und sei dann mit einem muslimischen Soldaten laufen gegangen, weil er herausfinden wollte, ob man die entsprechende körperliche Belastung verlangen könne.
"Provokantes Beispiel gelungener Integration"
Nariman Hammouti-Reinke ist auch Vorstandsvorsitzende des Vereins "Deutscher. Soldat.". Der Verein sei während der Sarrazin-Debatte gegründet worden, berichtet sie. Sarrazin habe ja von einem "Gen-Defekt" bei Migranten gesprochen und behauptet, diese könnten sich nicht integrieren. "Wir zeigen mit dem Soldaten, der eine Migrationsgeschichte hat, ein provokantes Beispiel gelungener Integration", betont Hammouti-Reinke: "Es gibt nichts Höheres, als unserem Land zu dienen und zur Not auch sein Leben dafür zu geben."
(ruk/ahe)