Bundestagswahl

Briefwahl: Bequem und sicher

07:38 Minuten
Wahlbriefe zur Bundestagswahl
An der Sicherheit der Briefwahl sei nicht zu zweifeln, sagt Aiko Wagner vom Wissenschaftszentrum Berlin. © picture alliance / Marijan Murat
Aiko Wagner im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 16.08.2021
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Die Briefwahl wird immer beliebter, wegen der Pandemie ist ein neuer Rekord wohl sicher. Doch über den Briefwähler an und für sich weiß die Wissenschaft verhältnismäßig wenig.
Heute beginnt in Deutschland der Versand der Wahlbenachrichtigungen. Das ist auch der Startschuss für die Briefwahl. Denn in den Umschlägen findet sich ein Formular, um die Briefwahlunterlagen zu beantragen.
Bundeswahlleiter Georg Thiel rechnet bei der Bundestagswahl im September angesichts der Pandemie mit einem Rekordanteil von Briefwählern (AUDIO). Der Anteil sei seit Einführung der Briefwahl 1957 immer weiter gestiegen und liege aktuell bei etwa 29 Prozent, berichtet er.
Nach Angaben von Aiko Wagner vom Wissenschaftszentrum Berlin nutzen vor allem Rentner und Studierende die Möglichkeit überproportional, ihr Votum per Brief abzugeben.
Über das Warum gebe es plausible Annahmen, aber keine endgültigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, so Wagner: So fällt es Rentnern aus gesundheitlichen Gründen vermutlich schwerer, die Wahllokale aufzusuchen.
Studierende leben beispielsweise in München wegen der dortigen Universität, sind aber noch bei den Eltern in Husum gemeldet, wo sie dann am Tag der Wahl ins Wahllokal gehen müssten. Briefwahl ist in einem solchen Fall schlicht praktisch.

Westdeutsche wählen öfter per Brief als Ostdeutsche

Ein dritter Trend: Westdeutsche wählen deutlich öfter per Brief als Ostdeutsche. Vielleicht gebe es in den neuen Bundesländern mehr Skepsis gegenüber dem Wahlprozess, sagt Wagner. Und die geheime Stimmabgabe in der Wahlkabine sei vermutlich auch ein größeres Gut, "weil sie ja in der DDR nicht möglich war".

Wie die Briefwahl funktioniert

Wer am Tag der Bundestagswahl nicht ins Wahllokal gehen kann oder möchte, kann per Brief abstimmen. Seit dem Jahr 2009 ist dies ohne Angaben von Gründen möglich.

Wer die Briefwahl nutzen will, muss einen Wahlschein beantragen. Dies geht mit einem Formular, das mit den Wahlunterlagen verschickt wird, aber auch schon vorher mit einer entsprechenden Mitteilung an die zuständige Gemeinde.

Die Wählenden erhalten dann den Stimmzettel, auf dem sie ihre Erst- und Zweitstimme vergeben können. Der Stimmzettel kommt in einen blauen Stimmzettelumschlag. Dieser wird zugeklebt in einen weiteren, roten Umschlag gesteckt.

Hinzu kommt die auf dem Wahlschein befindliche "Versicherung an Eides statt zur Briefwahl", versehen mit Datum und Unterschrift. Der rote Wahlbriefumschlag kommt dann in den Briefkasten. Innerhalb Deutschland muss keine Briefmarke aufgeklebt werden.

Möglich ist auch eine direkte Abgabe des Umschlags bei der zuständigen Stelle der jeweiligen Gemeinde. Eine weitere Option ist die sogenannte Briefwahl an Ort und Stelle - hierzu kann der oder die Wahlberechtigte eine Wahlkabine im Gemeindebüro nutzen. (afp)

Die Parteien wiederum werden von den vielen Briefwählern vor neue Herausforderungen gestellt. Denn zugleich gibt es auch das "Phänomen der Spätentscheider", wie Wagner es nennt. Das heißt: Neben immer mehr Briefwählern gibt es auch immer mehr Bürger, die sich im letzten Moment noch umentscheiden und keine klare Wahlpräferenz mehr haben: "Da ist es gar nicht so leicht, den Wahlkampf auszusteuern."
Vor der Präsidentschaftswahl in den USA hatten Donald Trump und sein Team es geschafft, Zweifel an der Sicherheit der Briefwahl zu nähren. Trump passte das ins politische Kalkül, Beweise für seine Behauptungen blieb er schuldig.

Keine Zweifel an der Sicherheit

Auch AfD-Politiker haben sich bereits ähnlich geäußert. Für Wagner gibt es dennoch keinen Anlass, an der Sicherheit zu zweifeln. Weder in den USA noch in Deutschland sei es bisher gelungen, Manipulationen oder Unregelmäßigkeiten nachzuweisen, sagt er. Für Fälschungsversuche gebe es keinerlei Indizien, geschweige denn Beweise.
Und auch Bundeswahlleiter Georg Thiel betont, dass die Briefwahl sicher ist und die Auszählungsergebnisse "transparent erzeugt" werden. "Jeder Bürger kann hingehen und zusehen, wie ausgezählt wird."
(ahe)
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