Bundesregierung kritisiert ESC-Boykott einiger EU-Staaten - Linke will auch "palästinensische Teilnahme"

    Auf einem Plakatt steht: "Boykott Eurovision". Daneben stehen einige Demonstranten.
    In Dublin forderten im Movember Demonstranten, dass der irische Sender RTE den Eurovision Song Contest boykottiert, solange auch Israel daran teilnimmt. © picture alliance / ZUMAPRESS.com / Annabelle Hamil
    Vertreter der Bundesregierung kritisieren den Boykott des ESC durch mehrere EU-Staaten. Spanien, Irland, Slowenien und die Niederlande hatten angekündigt, dem Eurovision Song Contest im Mai in Wien fernzubleiben. Grund ist, dass Israel teilnehmen darf. Die Linken-Bundestagsfraktion begrüßt Israels Teilnahme, findet aber, dass auch palästinensische Künstler dabei sein sollten. Mit Verweis auf das Vorgehen der israelischen Armee im Gaza-Krieg hatten die vier europäischen Staaten eine erneute Teilnahme Israels am ESC verhindern wollen. Am Donnerstagabend gab es in Genf eine Debatte beim ESC-Veranstalter, der Europäischen Rundfunkunion (EBU), über mögliche neue Regeln für den Musik-Wettbewerb. Das Resultat war, dass Israel auch beim nächsten ESC im Mai in Wien wieder mitmachen darf. Daraufhin erklärten die öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in Spanien, Irland, Slowenien und den Niederlanden ihren Boykott. Belgien, Island, Schweden und Finnland prüfen noch, ob sie folgen sollen.Die Bundesregierung bedauerte den Boykott. Israel gehöre zum ESC, erklärte ein Sprecher. Ähnlich äußerte sich Kulturstaatsminister Weimer. Der parteilose Politiker sagte dem Deutschlandfunk, ein Ausschluss Israels wäre eine Katastrophe gewesen. In einem Brief an seine EU-Kollegen warnte Weimer, der Rückzug einiger Länder gefährde die Atmosphäre der Gemeinsamkeit und des kulturellen Austauschs und könne auch das Fundament eines einzigartigen europäischen Projekts erschüttern. Weimers Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor.Bundesaußenminister Wadephul sagte bei einem Treffen mit seiner isländischen Kollegin Gunnarsdóttir in Berlin, Kultur sollte immer etwas Verbindendes haben und der ESC nicht zum Austragungsort politischer Differenzen werden. Gunnarsdóttir sprach von einer heiklen Frage, die die isländische Regierung in all ihren Aspekten prüfen werde. Der Linken-Abgeordnete Schliesing erklärte auf Anfrage des Deutschlandfunks, der Ausschluss von Künstlerinnen sei als Form des politischen Drucks der falsche Weg. Schliesing plädierte stattdessen auch für eine palästinensische Teilnahme - als "starkes Zeichen für den so dringend benötigten Frieden in Nahost". Der kulturpolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Frömming, nannte die zunehmende Politisierung des ESC keine gute Entwicklung. Alle Länder sollten an dem Wettbewerb teilnehmen dürfen - neben Israel auch Russland. Der Deutsche Kulturrat bezweifelt generell, dass ein Boykott kultureller Veranstaltungen ein wirksames Mittel zur Durchsetzung politischer Anliegen ist. Geschäftsführer Zimmermann sagte dem WDR, natürlich stünden Künstler für die Kultur ihrer Länder, aber sie seien eben nicht die offiziellen Vertreter ihrer Nationen. Schon in diesem Jahr gab es wegen des Kriegs im Gazastreifen Kritik an der ESC-Teilnahme Israels. Durch israelische Angriffe sind in dem Palästinensergebiet vermutlich zehntausende Zivilisten getötet worden.