BUND warnt vor hoher Kohlesubvention
Die Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Angelika Zahrnt, hat der Bundesregierung vorgeworfen, Kohle weiter stark zu subventionieren. Bei der geplanten Vergabe von CO2-Emissionsrechten bis zum Jahre 2012 werde dieser Rohstoff ungerechtfertigt bevorzugt, sagte Zahrnt. Damit werde Klimaschutz ad absurdum geführt.
Marie Sagenschneider: Noch ist das alte Kyoto-Protokoll gültig, in dem sich die Europäische Union dazu verpflichtet hatte, ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis 2012 um acht Prozent zu senken. Derzeit wird darüber verhandelt, ob diese Quote ausreicht, oder ob doch mehr getan werden müsste, um den Klimawandel zu stoppen. Ein wichtiges Instrument bei der Reduzierung der Treibhausgase ist der Emissionshandel. Und was ist das noch mal genau? Nun bei diesem Handel werden Kohlendioxidzertifikate verkauft und gekauft. Firmen, die durch umweltfreundliche Technologien Kohlendioxid einsparen, können ihre überschüssigen Anteile verkaufen und damit bares Geld machen. Umweltfreundlichkeit lohnt sich also. Umweltsünder hingegen müssen sich das Recht für einen erhöhten Ausstoß erkaufen.
Mittlerweile geht es um die zweite Phase des Emissionshandels von 2008 bis 2012 und die Frage, wie sollen die Zertifikate, beziehungsweise die Emissionsrechte künftig verteilt werden. Darüber wird heute im Bundeskabinett entschieden und darüber wollen wir nun in Deutschlandradio Kultur mit Angelika Zahrnt sprechen. Sie ist Vorsitzende des BUND, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Frau Zahrnt, ich grüße Sie!
Angelika Zahrnt: Guten Tag!
Sagenschneider: Es soll ja, Frau Zahrnt, bei der künftigen Vergabe der Zertifikate erstmals unterschieden werden zwischen Industrie- und Energieanlagen. So jedenfalls sagt es Bundesumweltminister Gabriel. Ist das ein richtiger Ansatz?
Zahrnt: Das ist im Prinzip vernünftig, denn es macht ja keinen Unterschied, ob ein Energieversorger zum Beispiel ein Bürogebäude hat, da soll er mit den gleichen Vorgaben zu rechnen haben, wie andere Verwaltungsgebäude sozusagen, während bei den Industrieanlagen selber der Emissionshandel dann in anderer Form greift. Ich denke, dass das ein Punkt ist, aber der wichtigste zentrale Punkt ist nach unserer Auffassung: Welche Reduktionsziele werden im Emissionshandel für die Reduktion von CO2 insgesamt angesetzt? Da haben wir die Kritik, dass das viel zu niedrig ist, viel zu wenig von der Industrie gefordert wird.
Der zweite kritische Punkt ist, dass die Emissionsrechte wieder kostenlos ausgegeben werden, obwohl nach den EU-Vorschriften eine Versteigerung der Emissionsrechte möglich gewesen wäre. Und der dritte gravierende Kritikpunkt ist, dass wir bei der Verteilung der Emissionsrechte die Kohle bevorzugen, nach dem Plan des Umweltministeriums und damit eine Subventionierung der Kohle haben und langfristig uns damit eine CO2-Belastung einhandeln, die nicht verantwortbar ist.
Sagenschneider: Wenn ich das richtig sehe, dann würden neue Gaskraftwerke zum Beispiel demnach nicht halb so viele Rechte erhalten, wie im Bezug auf klimaschädliche Kohlekraftwerke.
Zahrnt: Genau! Das ist der kritische Punkt, der auch nicht verständlich ist und auch die eigenen Berater, wissenschaftlichen Berater der Bundesregierung, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung haben dagegen votiert, weil das eine Bevorzugung der Kohle ist, die durch nichts sachlich zu rechtfertigen ist, sondern sich nur dadurch erklärt, dass es eben eine intensive Kohlelobby gibt, die auch der SPD nahe steht und Energieversorger, die weiter in der Kohle investieren wollen.
Sagenschneider: Was wäre denn dann Ihr Ansatz? Wie sähe eine sinnvolle Verteilung aus?
Zahrnt: Unser Ansatz ist, dass der Markt selber entscheiden soll, wo die CO2-Emissionen am kostengünstigsten eingespart werden können. Und das würde heißen, dass die Emissionsrechte gleichmäßig verteilt werden sollen, nach den Strommengen und nicht gesagt wird: Eine Menge, eine Kilowattstunde, die im Kohlebereich erzeugt wird, kriegt die doppelte Ausstattung an CO2. Das ist überhaupt nicht klimapolitisch. Das ist ökonomisch nicht zu rechtfertigen. Und das widerspricht auch dem Instrument, dem Ansatz des Emissionshandels. Dadurch wird ein Instrument, das für den Klimaschutz gedacht wurde, umfunktioniert zu einem Instrument des Kohleschutzes. Und das ist schon pervers.
Sagenschneider: Was wären denn die Folgen, wenn es nun doch so beschlossen wird, wie man es bislang plant?
Zahrnt: Dann würde es zwar reichen, 2012 die Kioto-Ziele zu erreichen. Das kommt ungefähr hin. Aber man hat damit eine Kraftwerksstruktur zementiert, indem man eine Investition in Kohlekraftwerke fördert, die die nächsten 30, 40 Jahre stehen und entsprechend viele CO2-Emissionen ausstoßen. Und das Kritische daran ist vor allem auch, dass diese CO2-Ausstoßrechte für die Kohlekraftwerke für die nächsten 18 Jahre zementiert sind. So dass auch ein Nachfolger von Herr Gabriel, der vielleicht erkennt, dass das nicht der richtige Weg war, daran nichts mehr ändern kann. So dass langfristig das für den Klimaschutz verheerend ist, obwohl es 2012 noch nicht auffällt.
Sagenschneider: Haben Sie denn noch die Hoffnung, Frau Zahrnt, dass da etwas geändert wird, oder glauben Sie, genauso wird es beschlossen und dann geht es auch so durch den Bundestag?
Zahrnt: Ich fürchte, dass es so beschlossen wird.
Sagenschneider: Würden Sie insgesamt sagen, der Emissionshandel hat sich schon bewährt als Instrument des Klimaschutzes? Daran hat es ja doch auch Zweifel gegeben.
Zahrnt: Ich denke, es ist ein theoretisch sehr gutes Instrument, dass in der Ausgestaltung sehr kompliziert gemacht worden ist, weil man eben diesen Zuteilungsmechanismus hat und nicht eine Versteigerung gemacht hat. Trotzdem hat sich dieses Instrument ansatzweise bewährt. Es sind in der ersten Periode viel zu viele Emissionsrechte ausgegeben worden. Das zeigt sich jetzt, nachdem die Zahlen für das Jahr 2005, das erste Jahr des Emissionshandels, vorliegen.
Es zeigt sich aber auch, dass zur Überraschung mancher die Industrie sehr viel mehr auf die hohen CO2-Preise reagiert hat und entsprechend viel CO2 auch eingespart hat. Wir haben 21 Millionen Tonnen CO2 einsparen können und von daher zeigt sich, dass, wenn die CO2-Preise bei den Emissionszertifikaten hoch sind, die Industrie schon so reagiert, wie man es von ihr erwartet, entsprechend hier, bei hohen Preisen einzusparen.
Wenn man das Ziel der CO2-Einsparung aber so niedrig ansetzt, wie das jetzt für die nächste Periode ab 2008 angesetzt ist, dann kosten diese CO2-Zertifikate entsprechend wenig und entsprechend wenig wirkungsvoll ist der Emissionshandel.
Sagenschneider: Angelika Zahrnt, die Vorsitzende des BUND, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Ich danke Ihnen.
Zahrnt: Danke.
Mittlerweile geht es um die zweite Phase des Emissionshandels von 2008 bis 2012 und die Frage, wie sollen die Zertifikate, beziehungsweise die Emissionsrechte künftig verteilt werden. Darüber wird heute im Bundeskabinett entschieden und darüber wollen wir nun in Deutschlandradio Kultur mit Angelika Zahrnt sprechen. Sie ist Vorsitzende des BUND, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Frau Zahrnt, ich grüße Sie!
Angelika Zahrnt: Guten Tag!
Sagenschneider: Es soll ja, Frau Zahrnt, bei der künftigen Vergabe der Zertifikate erstmals unterschieden werden zwischen Industrie- und Energieanlagen. So jedenfalls sagt es Bundesumweltminister Gabriel. Ist das ein richtiger Ansatz?
Zahrnt: Das ist im Prinzip vernünftig, denn es macht ja keinen Unterschied, ob ein Energieversorger zum Beispiel ein Bürogebäude hat, da soll er mit den gleichen Vorgaben zu rechnen haben, wie andere Verwaltungsgebäude sozusagen, während bei den Industrieanlagen selber der Emissionshandel dann in anderer Form greift. Ich denke, dass das ein Punkt ist, aber der wichtigste zentrale Punkt ist nach unserer Auffassung: Welche Reduktionsziele werden im Emissionshandel für die Reduktion von CO2 insgesamt angesetzt? Da haben wir die Kritik, dass das viel zu niedrig ist, viel zu wenig von der Industrie gefordert wird.
Der zweite kritische Punkt ist, dass die Emissionsrechte wieder kostenlos ausgegeben werden, obwohl nach den EU-Vorschriften eine Versteigerung der Emissionsrechte möglich gewesen wäre. Und der dritte gravierende Kritikpunkt ist, dass wir bei der Verteilung der Emissionsrechte die Kohle bevorzugen, nach dem Plan des Umweltministeriums und damit eine Subventionierung der Kohle haben und langfristig uns damit eine CO2-Belastung einhandeln, die nicht verantwortbar ist.
Sagenschneider: Wenn ich das richtig sehe, dann würden neue Gaskraftwerke zum Beispiel demnach nicht halb so viele Rechte erhalten, wie im Bezug auf klimaschädliche Kohlekraftwerke.
Zahrnt: Genau! Das ist der kritische Punkt, der auch nicht verständlich ist und auch die eigenen Berater, wissenschaftlichen Berater der Bundesregierung, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung haben dagegen votiert, weil das eine Bevorzugung der Kohle ist, die durch nichts sachlich zu rechtfertigen ist, sondern sich nur dadurch erklärt, dass es eben eine intensive Kohlelobby gibt, die auch der SPD nahe steht und Energieversorger, die weiter in der Kohle investieren wollen.
Sagenschneider: Was wäre denn dann Ihr Ansatz? Wie sähe eine sinnvolle Verteilung aus?
Zahrnt: Unser Ansatz ist, dass der Markt selber entscheiden soll, wo die CO2-Emissionen am kostengünstigsten eingespart werden können. Und das würde heißen, dass die Emissionsrechte gleichmäßig verteilt werden sollen, nach den Strommengen und nicht gesagt wird: Eine Menge, eine Kilowattstunde, die im Kohlebereich erzeugt wird, kriegt die doppelte Ausstattung an CO2. Das ist überhaupt nicht klimapolitisch. Das ist ökonomisch nicht zu rechtfertigen. Und das widerspricht auch dem Instrument, dem Ansatz des Emissionshandels. Dadurch wird ein Instrument, das für den Klimaschutz gedacht wurde, umfunktioniert zu einem Instrument des Kohleschutzes. Und das ist schon pervers.
Sagenschneider: Was wären denn die Folgen, wenn es nun doch so beschlossen wird, wie man es bislang plant?
Zahrnt: Dann würde es zwar reichen, 2012 die Kioto-Ziele zu erreichen. Das kommt ungefähr hin. Aber man hat damit eine Kraftwerksstruktur zementiert, indem man eine Investition in Kohlekraftwerke fördert, die die nächsten 30, 40 Jahre stehen und entsprechend viele CO2-Emissionen ausstoßen. Und das Kritische daran ist vor allem auch, dass diese CO2-Ausstoßrechte für die Kohlekraftwerke für die nächsten 18 Jahre zementiert sind. So dass auch ein Nachfolger von Herr Gabriel, der vielleicht erkennt, dass das nicht der richtige Weg war, daran nichts mehr ändern kann. So dass langfristig das für den Klimaschutz verheerend ist, obwohl es 2012 noch nicht auffällt.
Sagenschneider: Haben Sie denn noch die Hoffnung, Frau Zahrnt, dass da etwas geändert wird, oder glauben Sie, genauso wird es beschlossen und dann geht es auch so durch den Bundestag?
Zahrnt: Ich fürchte, dass es so beschlossen wird.
Sagenschneider: Würden Sie insgesamt sagen, der Emissionshandel hat sich schon bewährt als Instrument des Klimaschutzes? Daran hat es ja doch auch Zweifel gegeben.
Zahrnt: Ich denke, es ist ein theoretisch sehr gutes Instrument, dass in der Ausgestaltung sehr kompliziert gemacht worden ist, weil man eben diesen Zuteilungsmechanismus hat und nicht eine Versteigerung gemacht hat. Trotzdem hat sich dieses Instrument ansatzweise bewährt. Es sind in der ersten Periode viel zu viele Emissionsrechte ausgegeben worden. Das zeigt sich jetzt, nachdem die Zahlen für das Jahr 2005, das erste Jahr des Emissionshandels, vorliegen.
Es zeigt sich aber auch, dass zur Überraschung mancher die Industrie sehr viel mehr auf die hohen CO2-Preise reagiert hat und entsprechend viel CO2 auch eingespart hat. Wir haben 21 Millionen Tonnen CO2 einsparen können und von daher zeigt sich, dass, wenn die CO2-Preise bei den Emissionszertifikaten hoch sind, die Industrie schon so reagiert, wie man es von ihr erwartet, entsprechend hier, bei hohen Preisen einzusparen.
Wenn man das Ziel der CO2-Einsparung aber so niedrig ansetzt, wie das jetzt für die nächste Periode ab 2008 angesetzt ist, dann kosten diese CO2-Zertifikate entsprechend wenig und entsprechend wenig wirkungsvoll ist der Emissionshandel.
Sagenschneider: Angelika Zahrnt, die Vorsitzende des BUND, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur. Ich danke Ihnen.
Zahrnt: Danke.