Bumerang als Sportgerät

Der große Wurf

23:28 Minuten
Die Wurfbahn des Bumerangs wird als Lichtlinie im nächtlichen Himmel sichtbar.
Als Lichtlinie sichtbar: Christian Kliem wirft den Bumerang in den Nachthimmel. © Nils Bornemann
Von Matthias Baxmann · 17.07.2022
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Gebogene Flughölzer benutzten schon die Urmenschen zum Jagen – nicht nur in Australien. Heute werden mit Bumerangs Weltmeisterschaften ausgetragen. Wer am besten fängt, gewinnt. Der Carbonpropeller schwebt dabei bis zu einer Viertelstunde in der Luft.
"Henry, such mal da hinten! Hast du ihn gefunden?" Geflogen war er ja gut, unser Bumerang. Ziemlich weit sogar. Nur leider ist er nicht zurückgekommen! "Guck mal beim Zaun!" Entweder der Bumerang aus dem Spielzeugladen taugt nichts oder wir haben keine Ahnung. "Da ist er auch nicht!"
Bumerangwerfen bedeutet für uns eher Bumerangsuchen. Enkel Henry verliert langsam die Lust, nach meinen Anweisungen wie ein Apportierhund durch das tiefe Gras zu laufen. Doch ich muss das Ding erst mal ausprobieren, bevor er dran ist! "Jetzt habe ich ihn gefunden", sagt er. "Bring her, wir probieren noch mal!"

In einer Bumerangwerkstatt

Damit wir und vor allem Henry das nächste Mal mehr Spaß haben, mache ich mich kundig über das Bumerangwerfen. Ich treffe mich mit Christian Kliem in seiner Berliner Werkstatt. Auf der Seite www.berliner-bumerang.de bietet er in Workshops Bumerangbau und -werfen an. Sein Motto: "You always get what you give!" (Du bekommst immer, was Du gibst!"
"Ich bin leidenschaftlicher Bumerangbauer und -werfer seit über 25 Jahren und habe sozusagen mein Hobby zum Beruf gemacht. Ich bin in dieser Werkstatt seit zwölf Jahren. Hier baue ich verschiedene Modelle und teste die dann auch gleich vor Ort auf der nächsten Wiese und verkaufe die weltweit", erzählt er.
Der Bumerang zeichnet in den Nachthimmel das Muster seiner Flugbahn.
"Die Furniere presse ich natürlich selber", sagt Christian Kliem.© Nils Bornemann
An einer Wand hängen von ihm entworfene Exemplare: Klassisch, in V-Form mit aufgebogenen Enden, Dreiflügler oder asymmetrische Bumerangs mit Zacken in den Flügeln. "Es gibt einen Grundstoff, das ist die finnische Birke", erklärt er. Feines Sperrholz von etwa drei Millimeter Dicke, das Christian mit Furnieren europäischer Harthölzer verleimt. "Die Furniere presse ich natürlich selber. Das ist Walnuss, Ahorn, Eschewurzel, Nuss von der Wurzel aus Frankreich und so weiter, verschiedene."

Bumerang als Teamevent

Die Bumerangs mit ihren intensiv gemaserten Oberflächen möchte man sich am Liebsten an die Wand hängen. Streicht man mit den Fingern über das geölte Holz, fährt man über eine fast samtige Oberfläche. Doch bloße Deko-Objekte sind es ganz und gar nicht.
"Bis ein Prototyp richtig fertig ist, bis ich sage, der fliegt super, sind das schon ein paar Versuche, die man dann immer wieder neu baut. Und da ein bisschen kürzer, da ein bisschen länger das Profil, da ein bisschen tiefer das Profil. Wo soll der Unterschliff hin, der so genannte Bevel, das spielt auch noch eine Rolle." Bis der Querschnitt in etwa das Profil eines Flugzeugflügels hat. Eine Wissenschaft für sich.
"Eigentlich habe ich immer die Pädagogik mit Holzhandwerk verknüpft – bin auch diplomierter Sozialpädagoge – und dann ausgeweitet richtig zum Thema Teamevent, bis hin zu Kursen für große Gruppen. Da bauen die Teilnehmer sich hier vor Ort einen Bumerang, lernen den dann auch zu werfen, und nehmen den mit nach Hause", erzählt er.
Christian lädt mich ein, bei ihm einen Bumerang zu bauen und auszuprobieren. Bis es so weit ist, beschäftige ich mich der Geschichte dieser Wurfwaffe und verabrede mich auf einem ehemaligen Berliner Flugplatzgelände mit einem echten Profiwerfer.

Unterwegs mit einem Weltmeister im Werfen

Alexander Opri ist 42 Jahre alt und seit mittlerweile 25 Jahren Bumerangwerfer. Beruflich ist er im normalen Leben Arzt. "Zum Bumerangwerfen bin ich gekommen, als ich damals in einem Feriencamp einen kleinen Workshop gemacht habe zum Thema Bumerangs bauen und gleichzeitig werfen, und das hat das Feuer entfacht, könnte man sagen", sagt er.
Eher bescheiden antwortet Alexander auf die Frage nach seinen Wettkampferfolgen: "Ich habe schon eine lange Bumerang-Historie hinter mir. Ich durfte schon bei den Teamweltmeisterschaften dabei sein und mit dem deutschen Team gewinnen. Bin auch schon Einzelweltmeister geworden, Europameister und halte ein paar deutsche Meistertitel und Weltrekorde. Ich mach es schon eine Weile."

Bei der WM steht das Teamwerfen im Vordergrund

Das Bumerangwerfen als Sport mit nationalen und internationalen Wettkämpfen gibt es seit etwa 40 Jahren. Begonnen hatte es in Europa, Australien und Amerika. "Es gibt in Deutschland, wenn nicht gerade Coronajahr ist, eine Handvoll Turniere, unter anderem dann auch Deutsche Meisterschaften oder Ü-40-Meisterschaften", erzählt der Profi. "Jeder kann kommen, jeder kann mitwerfen, es gibt auch keine Qualifikation in dem Sinne. International gibt es auch in anderen europäischen Ländern Turniere, in Frankreich, in der Schweiz, in Italien, wo wir dann auch durchaus schon mal hinreisen und dann teilnehmen. Man kennt sich auch."
Das sei das Schöne an dem Bumerangsport, nicht nur europaweit, sondern weltweit. "Weltmeisterschaften sind alle zwei Jahre, dann immer wechselnd, was die Örtlichkeit angeht und Europameisterschaften immer im Jahr dazwischen", so Alexander. "Weltmeisterschaft, da steht vor allem immer das Teamwerfen im Vordergrund, da geht es immer darum, welches Nationalteam holt den Titel. Da war Deutschland über die Jahre sehr erfolgreich, hat insgesamt sieben Titel geholt."
Von Alexander will ich mir die sechs verschiedenen Wettkampfdisziplinen erklären und vorführen lassen. In seiner Tasche befinden sich schätzungsweise 50 Bumerangs, wohlgeordnet in Klappfächern. "Ich mach mich mal kurz warm", sagt er.

1. Wettkampfdisziplin: Genauigkeitswerfen
"Man kann grundsätzlich sagen, im Bumerangsport haben sich die Dreiflügler herauskristallisiert als die Besten. Man kann sie leicht fangen, sie sind symmetrisch, einfach zu bearbeiten. Und für Genauigkeitswerfen nehme ich einen Bumerang, der ein bisschen schwerer ist, dass er nicht viel segelt, sondern relativ schnell runterkommt, möglichst vom Himmel fällt und mir vor die Füße", erklärt er.

"Also, im Turnier stehen wir auf einer gedachten Zielscheibe, das wird in der Regel mit Farbe auf den Boden gemalt. Und wir haben Kreise um uns herum in zwei, vier, sechs, acht und zehn Metern Abstand. Und je nachdem, in welchem Kreis der Bumerang am Ende landet, bekommt man mehr oder weniger Punkte. Für alle Disziplinen muss man mindestens 20 Meter weit werfen. Das heißt, um diese Zielscheiben ist noch ein Extrakreis, 20 Meter entfernt. Im Wettkampf ist es so, dass da andere Werfer stehen und immer schauen, dass der Bumerang irgendwo diese Linie kreuzt. Jeder Werfer hat zehn Würfe und die werden am Ende alle zusammen addiert, alle Punkte, die man erreicht."

Ein geheimnisvoller Fund an der Elbe

Bettina Stoll-Tucker ist Abteilungsleiterin des Landesmuseums am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Sachsen-Anhalt. Sie steht vor einer Vitrine mit einem verwitterten, gebogenen Stück Holz und sagt: "Das Holz ist Esche, hat einen Knick von ungefähr 110 Grad, was offenbar ein Idealwinkel ist für Bumerangs, und er ist im Querschnitt auf der Oberseite gewölbt, auf der Unterseite konkav. Und das ist ideal für die Flugeigenschaft von so einem Gerät."
Gefunden wurde es an der Elbe nördlich von Magdeburg, als erster Nachweis für die Verwendung eines wiederkehrenden Bumerangs in Deutschland. Gefertigt wurde er in der Eisenzeit vor fast 3000 Jahren. "Das ist ganz offenbar kein Jagdbumerang, sondern ein, wir würden heute sagen, ein Sportbumerang, also, ein wiederkehrender Bumerang", so Stoll-Tucker.

Ein Sportgerät aus der Eisenzeit?

Auch damals sei geübt worden, um zu lernen, wie man mit einem Bumerang jagt. "Da ist ein Wiederkehrender auch sehr geeignet, weil man den nicht ständig verliert", sagt sie. "Oder vielleicht ist auch vorstellbar, da er an der Elbe, am Ufer eines Flusses entdeckt wurde, dass er zum Aufscheuchen von Wasservögeln geeignet war. Hätte sicher zurückkommen sollen, ist er eben nicht, ist verloren gegangen und erhalten geblieben und erst 1990 entdeckt worden."
Der älteste in Europa gefundene Bumerang stammt aus einer Höhle in Polen. Das aus Mammutelfenbein gefertigte Wurfgerät ist um die 23.000 Jahre alt. "Wir finden Bumerangs in der ganzen Welt und in fast allen Zeiten", sagt die Museumsfrau. "Wir haben das auf Felsbildern oder auf Malereien in Skandinavien, Ägypten, dass dort Wasservögel mit Bumerangs gejagt wurden oder aufgescheucht wurden. Also, das ist ein wirklich ziemlich übliches Gerät gewesen."
Vögel aufscheuchen, das versuchte man mit "Rückkehrern", also solchen Flughölzern, die für uns heute gemeinhin als Bumerang gelten. Doch die wohl am häufigsten verwendeten Bumerangs kehrten gar nicht zurück: die Jagdbumerangs.
Den Grund für die mehr oder weniger gleichzeitige Verbreitung des Bumerangs auf den verschiedenen Erdteilen stelle ich mir so vor: Gejagt wurde überall auf der Welt mit allem, womit man werfen konnte, mit Steinen und Knüppeln. Bei bestimmten, zufällig etwas gebogenen Hölzern stellte man fest, dass sie besonders gut flogen, sie drehten sich in der Luft wie ein Propeller und hielten somit besser die Höhe.
Man konnte damit das Kleinwild auf größere Distanz erwischen. Diese Astgabeln oder v-förmigen Wurzelteile waren einfach treffsicherer. Und statt nun nach diesen Formen immer nur zu suchen, baute man sie einfach nach, bog das Holz über dem Feuer und bearbeitete den Querschnitt mit Faustkeil oder Steinaxt zu etwas Ähnlichem wie ein Flugzeugflügel.

2. Wettkampfdisziplin: Trickfangen
"Es geht darum, den Bumerang möglichst mit Tricks zu fangen. Die Tricks sind vorgeschrieben, das heißt, es gibt so eine Reihenfolge mit zehn verschiedenen Fängen. Man fängt an, mit einer Hand zu fangen, dann hinterm Rücken, unterm Bein, Bumerang hochkicken und am Ende mit den Füßen fangen.

Die müssen nacheinander absolviert werden und je schwieriger, desto mehr Punkte bekommt man dafür. Und dann geht das Ganze noch mal von vorne los, allerdings mit zwei Bumerangs. Das ist dann das sogenannte Doubling. Man wirft zwei Bumerangs auf einmal ab, die kommen dann etwas versetzt runter und die fängt man dann wieder mit diesen vorgeschriebenen Fängen. Also, der länger oben bleibt, ist leichter, fliegt ein bisschen weiter und der andere ist schwer und gebremst und fliegt schneller von Himmel.

Beim Trickfangen geht es wieder darum, dass der Bumerang 20 Meter weit fliegt, aber wo man ihn dann fängt, das ist dann egal."

Bumerangs in Australien

Jetzt geht es um Australien, denn der landläufigen Vorstellung, den Bumerang hätten die Aborigines erfunden, soll mit Dorothea Deterts und ihrer Praktikantin, Anna Weinreich, nachgegangen werden. Dorothea Deterts ist Kuratorin für die Ozeaniensammlungen im Ethnologischen Museum in Berlin.
"Wir haben in der Sammlung ungefähr 100 Bumerangs aus ganz verschiedenen Regionen Australiens, und es sind auch Bumerangs mit ganz unterschiedlichen Formen und Funktionen, weil Bumerangs sowohl für die Jagd benutzt wurden als auch als Rhythmusstöcke für Perkussion oder halt im rituellen Kontext", erklärt Deterts.
Die rituelle oder religiöse Bedeutung von Bumerangs rühet daher, dass in den Schöpfungsmythen vieler indigener Gruppen Bumerangs vorkommen. "Diese Geschichten erzählen von der Geschichte des Landes und auch der Entstehung der Menschen2, so Deters." Die Ahnenwesen, die quasi die Akteure in diesen Schöpfungsmythen sind, haben zum Beispiel bestimmte Landzüge durch den Wurf eines Bumerangs geschaffen. In rituellen Kontexten werden dann oftmals die Handlungen dieser Vorfahrenwesen getanzt dargestellt und in der Performance verkörpert. Das ist eigentlich der Hintergrund der rituellen Bedeutung."

Verwendung auch bei Duellen

Die Aborigines nutzten den Bumerang auch als Sport- und Spielgerät. Ganz ähnlich wie bei heutigen Wettkämpfen stand der Werfer in einem auf der Erde markierten großen Kreis. Wessen Bumerang die meisten Kreise beschrieb und am nächsten zum Werfer zurückkehrte, erhielt die meisten Punkte. Auch bei Duellen wurden Bumerangs als Wurfwaffen verwendet.
Als Hiebwaffe im Nahkampf kamen fluguntaugliche Schlag- und Hakenbumerangs zum Einsatz. "Nicht jeder Bumerang wurde geworfen, wenn man Fische im Fluss fängt, dann wird halt mit diesem Holzinstrument der Fisch gefangen und erschlagen", sagt die Expertin. "So genannte Number-Seven-Boomerangs, die nicht diese Form haben mit den beiden gleichschenkligen Flügeln, sondern wie eine Nummer sieben, diese Form. Und von denen weiß man, die sind auf keinen Fall Rückkehrbumerangs, die wurden zwar geworfen, aber es sind mehr Wurfstöcke als Bumerangs."
Der Begriff des Bumerangs stamme aus Australien und beziehe sich auf den Begriff "Bumari", erläutert Deterts. "Der kommt aus der Nähe von Sydney in New South Wales und ist im Rahmen der Übersetzung quasi zu ‚Bumerang‘ geworden." Warum der Bumerang so stark mit Australien assoziiert werde, habe damit zu tun, dass er vielfach schon im späten 19. Jahrhundert durch nicht-indigene Australier und Australierinnen angeeignet worden sei. "Das ist passiert durch die Entstehung von Museumssammlungen, aber auch durch das Aufgreifen des Bumerangs als Symbol in der Werbeindustrie, als ein Symbol, was für etwas Wiederkehrendes steht, was sich für die Tourismusindustrie sehr gut eignet."

3. Wettkampfdisziplin: Australische Runde
"Jetzt würden wir Australische Runde werfen. Das gilt immer so als die Königsdisziplin im Bumerangwerfen. Es ist das einzige Land, was diese Wurzeln bis heute bewahrt hat. Diese Disziplin hat viele andere Namen, am Ende ist es bei Australischer Runde geblieben. Ich finde, das repräsentiert das auch ganz gut. Es ist eine Kombination: Der Bumerang soll möglichst weit, nach Möglichkeit bis zu 50 Meter weit fliegen, er muss zurückehren, man sollte ihn fangen, und man sollte ihn auch noch genau fangen. Wir stehen wieder in einer Art großen Zielscheibe, wo man überprüfen kann, dass die Bumerangs weit genug fliegen und wo man ihn genau fängt. Und hier gibt es tatsächlich viele, die Holz werfen, ich auch. Wir benutzen finnisches Birkensperrholz, das hat eine gute Elastizität, ist sehr bruchfest und auch gut zu verbauen."

Der Bau eines eigenen Bumerangs

Solch einen Bumerang aus Birkensperrholz werde ich jetzt in Christian Kliems Werkstatt bauen!
Autor: "Was gibt es denn für Möglichkeiten, was für einen Bumerang kann ich denn bauen? Es gibt hier zig verschiedene Formen."
Christian Kliems: "Ich gehe davon aus, dass du Anfänger bist im Werfen?"
Autor: "Absolut!"
Christian Kliem: "Genau, deswegen macht es Sinn, sich einen Bumerang auszusuchen, der einen nicht überfordert. Deswegen würde ich dir erst mal Bumerangs empfehlen, die nicht so eine große Flugweite haben, also, ich sag mal so 15 bis 25 Meter, ist schon mal faszinierend und damit wirst du deinen Spaß haben.
Autor: "Okay, dann würde ich mich entscheiden für den, der mehr so aussieht wie ein klassischer Bumerang, also, ein aufgebogenes V."
Christian Kliem: "Als Erstes zeichnen wir die Form, die ist ja schon von mir entwickelt, die zeichnest du mit einer Schablone an und danach mit einer Laubsäge sägst du die Form erst mal aus."

4. Wettkampfdisziplin: Schnelles Fangen
"Dann würden wir als nächstes 'Fast Catch', das sogenannte schnelle Fangen machen. Man steht wieder in dieser Zielscheibe, von oben gesehen. Der Bumerang muss 20 Meter weit fliegen, und die Aufgabe ist, den Bumerang fünf Mal zu fangen. Und das möglichst schnell hintereinander weg mit einem Bumerang."

Ich hätte mich gefreut, wenn ich Enkel Henry wenigstens einen Fang mit unserem Spielzeugbumerang hätte zeigen können.

Wo kauft man einen Bumerang?

"Da muss man aufpassen, das ist tatsächlich die größte Stolperfalle überhaupt, weil das meiste, was man im Laden bekommt, wo Bumerang draufsteht, wirklich gar kein Bumerang ist, nur so aussieht, überhaupt keine guten Flugeigenschaften hat und vor allem für Anfänger überhaupt nicht zu empfehlen ist.
Wenn man sich informieren möchte, was ein guter Bumerang ist, den man kaufen möchte, kann man sich das auch bei uns auf der Homepage sich anschauen. Da haben wir viele verschiedene Exemplare durchgetestet. Und ansonsten würde ich immer eher einen Drachenladen empfehlen oder einen guten Bumerang-Onlineshop, als beispielsweise irgendwas in einem Spielzeuggeschäft zu kaufen, weil das leider in den meisten Fällen nicht geeignet ist."
Autor: "Das sieht ja schon mal aus wie ein Bumerang."
Christian Kliem: "Ja, noch ist es einfach nur ein Brett, es entsteht noch kein Auftrieb, und das ist jetzt die nächste Hauptaufgabe für dich, die Flügel so zu gestalten, das ein Auftrieb entsteht, so ähnlich wie die Tragfläche eines Flugzeugflügels muss jetzt jeder Flügel deines Bumerangs auch aussehen, damit ein Auftrieb entsteht. Das zeichne ich dir jetzt erst mal rein, an welcher Stelle, wie tief die Schräge reingehen soll in den Bumerang.
Jeder Bumerangflügel hat auf einer Seite eine ganz dolle Schräge, ein starkes Profil und das bearbeiten wir zuerst mit einer Raspel." Geraspelt wird, bis Christian zufrieden ist mit den Profilen der Flügel.
"Als Nächstes, dort, wo du jetzt das grobe Profil drin hast, erst mal glätten mit der Feile und auf der gegenüberliegenden Seite, als Tischler sagt man, die Kante brechen, das muss einfach abgerundet sein." Dann nehme ich jetzt statt der Raspel eine Feile, die etwas feiner ist und breche die Kanten.

5. Wettkampfdisziplin: Ausdauerwerfen
"Die nächste Disziplin ist das Endurance oder Ausdauerwerfen, ist ganz ähnlich wie das Fast-Catch-Werfen, aber statt dass wir fünf Würfe auf Zeit machen, hat jeder Werfer fünf Minuten lang Zeit, so viele Fänge zu machen wie möglich. Und wie der Name sagt, Ausdauer, wer mal fünf Minuten hintereinander mal was geworfen hat, der weiß, wie fertig man danach ist.

Wenn der dreimal über den Platz rollt, dann kann man nicht mehr nach fünf Minuten, wenn man da jedes Mal hinterherrennen muss. Das ist natürlich auch eine Disziplin, klingt jetzt anstrengend, aber ist natürlich sehr anfängerfreundlich. Man hat nicht den Druck, dass es sofort klappen muss, sondern in fünf Minuten findet jeder irgendwann zu seinem Wurf und hat dann auch sein Erfolgserlebnis. Und auf dem Turnier ist das in der Regel so, dass die anderen Werfer regelrecht wetteifern, ihnen Tipps geben: Mach mal so, mach mal so und ändere mal das und dann ist es natürlich toll, wenn es dann klappt am Ende."

Christian Kliem: "Jetzt als letzten Arbeitsschritt machen wir einen Feinschliff rein, nehmen wir ein 80er, ein 120er, so."
Autor: "OK, dann werde ich das jetzt mal ausprobieren."
Langsam wird die Oberfläche meines Bumerangs samtig glatt. "Wir versiegeln den jetzt, indem wir ihn ölen, und dann kann er dir auch ins Wasser fallen, wenn du jetzt am Strand wirfst oder über einen See. Das lassen wir jetzt kurz ein bisschen einwirken. Ja, na dann gehts los auf die Wiese", sagt Christian Kliem.

6. Wettkampfdisziplin: Langzeitfliegen
"Dann kommen wir zur letzten Disziplin, das ist das sogenannte MTA oder Maximum Time Aloft, Langzeitfliegen, das heißt, wir werfen einen Bumerang, der muss möglichst lange in der Luft bleiben und muss dann gefangen werden und die Zeit wird im Prinzip gestoppt. Wenn wenig Wind ist, fliegen die Bumerangs auch nur 15, 20 Meter weit, aber erreichen dabei Höhen von 40, 50 Metern bei einem kräftigen Wurf und stabilisieren sich dann in dieser Höhe und dann ist das ja wie bei so einem Blatt, was langsam runter rotiert."

Und das sind aber auch spezielle Bumerangs oder eine spezielle Wurftechnik?

"Vor allem sind es spezielle Bumerangs. Die Bumerangs sind sehr viel dünner, sind sehr viel leichter natürlich, damit sie eben nicht sie eben nicht so schnell vom Himmel runterkommen und haben auch aerodynamisch andere Eigenschaften. Das kann man auch wunderbar mit dünnem Holz bauen, aus dünnem, stabilem Sperrholz geht das, aber hier hat mittlerweile eigentlich auch die Kohlefaser Einzug gehalten, weil man damit natürlich deutlich stabiler und dünner bauen kann, als es noch mit Holz der Fall war.

Wenn man ganz normale Bedingungen hat, dann erreicht ein Werfer maximal vielleicht 40 Sekunden mit einem kräftigen Wurf. Es ist aber häufig so, dass, wenn die Sonne scheint, die Wiese ein bisschen feucht ist, sich sozusagen Thermiken bilden über der Wiese, das heißt, Heißluft steigt auf und dann kann es schon mal sein, dass ein Bumerang anfängt zu steigen, statt zu fallen, und nicht wenige von uns haben ihre eigenen Bumerangs wegfliegen sehen. Würfe von mehreren Minuten kommen vor, selten im Wettkampf, aber im Training kennt das jeder, und es gibt nichts Erhabeneres, als wenn man einen Bumerang wirft, der rotiert über seinem Kopf und mit einem Mal, wie in so einem Fahrstuhl fängt der an, weiter zu steigen bis man ihn nicht mehr sieht."

Hat das Sinn bei dem Wind jetzt?

"Wir haben Bumerangs, die wir werfen können, die nicht ganz so lange unterwegs sind, aber die wir im Wettkampf unter solchen Bedingungen werfen würden." Alexander steckt den teuren Carbon-Bumerang wieder in die Tasche. Zu starker Wind, das Gras zu hoch. Falls er beim Langflugversuch den Bumerang nicht wiederfindet, sucht er sich lieber einen Zweiflügler aus Holz heraus.
Ich schaue auf die Uhr. Spiralförmig schraubt sich der Bumerang immer weiter in die Höhe, und ich verliere ihn zeitweilig aus den Augen. Unglaublich, wie lange er da oben seine Kreise zieht! Alexander rennt über die Wiese und fängt ihn tatsächlich nach einer halben Minute Flug wieder auf.
"Für den Langzeitflug gibt es einen Weltrekord, offiziell, der auf dem Turnier geworfen ist. Das sind zwei Minuten und ein paar Sekunden, aber Flüge im Rahmen des Trainings, wo mehrere Werfer vor Ort sind, haben wir viel Längere. Der Längste, der dokumentiert ist, ist 15 Minuten, dann aber mit Fangen immer."

Der Wurf mit dem selbst gebauten Bumerang

Autor: "So, Christian, jetzt sind wir auf der Wiese, auf dem Sportplatz. Wie gehen wir jetzt vor, wie werfe ich?"
Christian Kliem: "Grundsätzlich als Bumerangwerfer muss man erst mal wissen: Von wo kommt der Wind überhaupt? Jetzt stellst du dir einfach eine Uhr vor, als käme der Wind von zwölf Uhr. Als Rechtshänder schmeißt du aber nicht auf zwölf Uhr in den Wind, sondern auf zwei Uhr."
Autor: "Ok, dann probiere ich das jetzt mal aus."
Ich bin ganz stolz, wie mein Bumerang fliegt, wenn er auch gut zehn Meter neben mir landet. "Jetzt hat er sich kurz gedreht. Spür mal, die Böe kommt jetzt von dort!" Ich muss mich mehr nach dem Wind richten. Und beim 4. Versuch… "Jetzt legt er sich flach und jetzt kannst du ihn haben!"

Eine Wiederholung vom 22. August 2021.

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