Buh-Rufe für Himmelmann

Von Uwe Friedrich · 01.04.2012
Der Regisseur Philipp Himmelmann erzählt die Geschichte der verführerischen Manon Lescaut konsequent aus der Innenperspektive des gealterten des Grieux. Ob Poststation in Amiens, Boudoir in Paris, Gefängnis oder amerikanische Wüste: die Bühne bleibt leer.
Von den kahlen Wänden, mit denen Bühnenbildner Johannes Leiacker den Raum begrenzt, grinsen Schwarzweißporträts auf die Protagonisten nieder. Die Rückseiten der großen Wandlamellen sind verspiegelt, zum Schluss wird des Grieux allein in den endlosen Spiegelungen seiner Erinnerung zurückbleiben, während die sterbende Manon Lescaut rückwärts entschwindet.

Immerhin zeigt der Regisseur Himmelmann hier ein Konzept, das er auch handwerklich virtuos umsetzt - allerdings funktioniert es nicht. Durch die szenische Beschränkung auf die Visionen und Illusionen des inzwischen gealterten Liebhabers vergibt er die Möglichkeit, Beziehungen zwischen den Personen zu entwickeln. Was zieht ihn denn so unwiderstehlich zu ihr? Warum hält er noch dieser dummen Person, wenn auch dem letzten Zuschauer klar ist, dass sie nur Stroh im Kopf hat?

Der Tenor steht hauptsächlich an der Rampe und schaut mit traurigem Dackelblick in den Zuschauerraum, während hinter ihm Chor und Solisten herumwuseln. Sobald es für ihn etwas zu singen gibt, schmettert Carlo Ventre seine gloriosen Spitzentöne mit voller Lautstärke in den Saal und kümmert sich auch sonst wenig um die Feinheiten von Puccinis Partitur. Zwar ist des Grieux wahrscheinlich die schwierigste von allen Puccini-Tenorpartien und man freut sich über seine Souveränität, etwas differenzierter dürfte die Gestaltung aber doch ausfallen. Das gilt auch für den Dirigenten Carlo Montanaro, der das Philharmonische Orchester ebenfalls sehr laut spielen lässt.

Norma Fantini steuert in der Titelpartie außer beträchtlicher Lautstärke noch eine bedeutende Anzahl grob falscher Töne bei und kann im roten Reifrock die Anziehungskraft der Manon Lescaut auf sämtliche Männer im Stück nicht recht beglaubigen.

Gar kein oder allenfalls schütterer Applaus nach den bekannten Arien und schließlich heftige Buhs für das Regieteam zeugen davon, dass die Hamburger Opernfans vom Resultat dieser jüngsten Kunstanstrengung ihrer Staatsoper nicht überzeugt waren.