"Bürgerwehren" an deutsch-polnischer Grenze

Warum der Staat klar reagieren muss

Jenny Friedrich-Freksa im Gespräch mit Jana Münkel · 25.10.2021
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Selbsternannte "Bürgerwehren" haben an der deutsch-polnischen Grenze versucht, Geflüchtete abzuwehren. Dagegen müsse die Politik vorgehen, sagt die Journalistin Jenny Friedrich-Freksa. Sonst verfange die alte Erzählung vom überforderten Staat.
Zahlreiche Menschen flüchten derzeit über Belarus und Polen nach Deutschland. Es handelt sich unter anderem um Menschen aus Syrien, die der belarussische Machthaber Lukaschenko mutmaßlich nach Minsk einfliegen lässt, und die sich dann über Polen auf den Weg in Richtung Deutschland machen.

"Bürgerwehren" wollen den Staat schwach aussehen lassen

Im deutsch-polnischen Grenzgebiet waren deshalb am Wochenende 50 mutmaßlich rechtsextreme Personen als "Bürgerwehr" unterwegs: Sie wollten Geflüchtete auf eigene Faust davon abhalten, die Grenze zu überqueren. Hier sei eine klare Reaktion des Staates gefragt, sagt die Journalistin Jenny Friedrich-Freksa.
Die Vorstellung, dass irgendeine selbsternannte Bürgerwehr auf die Geflüchteten losgehe, sei eine Katastrophe - nicht nur wegen der Brutalität, die bei so einer Begegnung wohl zu erwarten sei, so Friedrich-Freksa. Schlimm sei auch, dass hier "so eine Erzählung aufgemacht werden soll: Der Staat schützt uns nicht, deshalb müssen wir es jetzt selbst in die Hand nehmen". Hier müsse eindeutig klar gemacht werden, dass Justiz und Gewaltmonopol bei Staat lägen - und auch von ihm ausgeübt würden.

Unterstützung für polnischen Grenzschutz keine Lösung

Mehr deutsche Unterstützung für den Schutz der polnischen Grenze zu Belarus wäre für Friedrich-Freksa keine Lösung. Das könne man probieren, trotzdem werde sich am Problem wenig ändern. Wenn jemand so erbost sei wie Lukaschenko über die Sanktionen gegen sein Land und ein Druckmittel erkannt habe, werde er dieses auch weiter anwenden.
Gleichzeitig müsse man auch über die Haltung "Wir-lassen-das-Problem-die-Polen-regeln-und-geben-ihnen-Geld-dafür" hinauskommen und eine Idee davon entwickeln, wie man mit den Ankommenden umgehen wolle.

Situation nicht mit 2015 vergleichbar

Wichtig sei festzuhalten, dass man sich nicht in einer Situation wie 2015 befinde, als deutlich mehr Menschen in Deutschland angekommen seien: "Da muss man auch ein bisschen die Kirche im Dorf lassen".
Man dürfe nicht das Angst-Szenario aufmachen, dass Deutschland an der Grenze zu Polen "überrannt" werde, so Friedrich-Freksa. "Das passiert im Moment nicht."
(ckü)
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