Bürgerkrieg

Von den Schwierigkeiten des Friedens in Kolumbien

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Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos © picture alliance / dpa / Mauricio Dueñas Castañeda
Von Peter B. Schumann · 07.08.2014
Präsident Santos tritt seine zweite Amtszeit in Kolumbien an. Sein erklärtes Ziel: den Bürgerkrieg im Land beenden. Trotz immenser Schwierigkeiten sind Friedensgespräche nicht aussichtslos, meint der kolumbianische Schriftsteller Héctor Abad.
Sie verhandeln über den Frieden, während der Krieg weitergeht: Die Regierung, die wie bisher die so genannten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens verfolgt, und die FARC, die ihrerseits die Zivilbevölkerung unter ihren Gewalttaten leiden lassen. Aber das war die Voraussetzung, mit der Präsident Santos seit zwei Jahren versucht, den "bewaffneten Konflikt", wie der Bürgerkrieg offiziell genannt wird, zu beenden. Was ist das für ein Mann, der in der Regierung seines Vorgängers Alvaro Uribe noch Verteidigungsminister war? Héctor Abad:
"Santos stammt aus der alten kolumbianischen Oligarchie, vertritt jedoch eine sehr viel liberalere und offenere Politik als Uribe. Und ich glaube, dass er gegenwärtig die beste Option ist. Ich habe ihn bei den Präsidentschaftswahlen ausdrücklich unterstützt, denn es galt die Rückkehr der extremen Rechten von Uribe zu verhindern. Die Bilanz von Santos ist positiv: unsere Wirtschaft floriert, die Inflation ist gering, die Arbeitslosigkeit gesunken und die Meinungsfreiheit sehr viel größer als früher. Auch der Export hat zugenommen, selbst die Armut wurde - wenn auch nur wenig - verringert."
Santos will als Friedensstifter in die Geschichte eingehen
Die äußeren Rahmenbedingungen sind also günstig, die Hoffnung ist bei vielen Beteiligten groß. Und Präsident Santos will als Friedensstifter in die kolumbianische Geschichte eingehen. Außerdem haben die FARC, die in der Vergangenheit die Verhandlungen immer wieder torpedierten, ihre einstige Stärke verloren.
"Es geht ihnen militärisch ziemlich schlecht, sie sind allerdings noch längst nicht besiegt - wie Uribe behauptet, wohl aber in Kolumbien sehr marginalisiert und in Lateinamerika geradezu isoliert. Die meisten linken Bewegungen verlangen von ihnen, dass sie sich in eine politische Partei verwandeln. Es gibt jedoch eine Fraktion in den FARC, die tief in den Drogenhandel involviert ist und von der wir nicht wissen, ob sie bei einer Legalisierung der Organisation wirklich bereit sein wird, dieses Geschäft und ihre Allianzen mit den Drogenhändlern aufzugeben."
Bei den bisherigen Verhandlungen in Havanna wurden bereits wichtigere Übereinkünfte erzielt als jemals zuvor. Regierung und FARC haben ihre beiderseitige Verantwortung für die Opfer des Krieges anerkannt. Außerdem soll eine gründliche Landreform durchgeführt und den Ex-Kämpfern die Reintegration in die Gesellschaft erleichtert werden. Daraus ergibt sich der wohl heikelste Streitpunkt, der nächste Woche auf der Tagesordnung steht. Héctor Abad:
Welche Strafe ist angemessen?
"Welche Art von Strafe werden die Mitglieder der FARC akzeptieren? Denn ihre Opfer, die in die Hunderttausende gehen, werden es nicht hinnehmen, wenn sie bloß ihre Waffen abliefern und einige von ihnen dann als Abgeordnete im Parlament wieder auftauchen. Jene, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit verübt haben, müssen bestraft werden. Das kann auch durch Entschädigungen geschehen oder durch Strafen, die sie in besonderen Haftzonen absitzen, wie sie für die Paramilitärs eingerichtet wurden. Aber ich bezweifle, dass die FARC in ihrer Arroganz dies akzeptieren werden. Das dürfte eine der größten Klippen sein."
Durch die Entwaffnung der Paramilitärs konnten immerhin einige Erfahrungen im Umgang mit Gewalttätern gesammelt werden. Die FARC weisen allerdings einen solchen Vergleich weit von sich, vertreten sie doch bis heute einen revolutionären Anspruch. In ihren Methoden unterscheiden sie sich nicht von anderen Terroristen.
"Viele Guerrilleros haben sich bereichert. Sie haben sich Land unter den Nagel gerissen durch Betrug oder Gewalt. Einige ihrer Kapos wollen das sicher genießen in den Gebieten, die sie durch ihre Ungeheuerlichkeiten so unbewohnbar gemacht haben, dass die Bauern geflohen sind. Diese Guerrilla ist erbarmungslos, unmenschlich geworden. Trotzdem gibt es in einer Demokratie keinen anderen Weg als den der Verhandlung zwischen den verschiedenen Akteuren."
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