Bühnengeschichte "erfahren"

Von Gerd Brendel · 11.05.2013
Zum großen Jubiläum des Theatertreffens gibt es in diesem Jahr eine Bustour durch die Bühnenmetropole Berlin. Die Teilnehmer erfahren an historischen Orten viel über die Theatergeschichte der Stadt. Etwas mehr Drama würde der multimedialen Stadtrundfahrt gut tun.
"Herzlich willkommen! Ich hoffe sie sitzen gut …"

Herzlich willkommen zur Busreise in die Theater-Vergangenheit.

"Der neue Bus stellt ein Maximum an Komfort dar. Er bietet Raum für 86 Fahrgäste. Auf der Fotoplattform haben gleichzeitig zwölf Personen Platz."

Okay, eine Foto-Plattform gibt es zwar nicht, dafür aber Monitore, auf denen Sandra Hüller erzählt, was in den Theatern, an denen wir vorbeifahren vor einem halben Jahrhundert gespielt wurde:

"Schillertheater 1964 - (Schrei). Hier fand die Uraufführung Des Marat-Sade-Stücks von Peter Weiss statt, eines der erfolgreichsten in der noch nicht volljährigen Bundesrepublik."

1964: Das war mitten im Kalten Krieg. Die Sektorengrenze von einst ist zwar verschwunden. Dafür steckt der Bus eine Viertelstunde später auf dem Mauerstreifen erst mal im Stau fest. Staatsbesuch - das ganz reale Theater der Bundeshauptstadt.

Ein paar Kilometer weiter Richtung Osten versteckt sich das Berliner Ensemble hinter Frühlingsgrün. Im Bus hechelt Martin Wuttke als Arturo Ui über die Bildschirme:

" Wer nicht mir nicht blind vertraut, kann seines Wegs gehen!"

"Die Inszenierung ist seit der Premiere im Juni 1995 fast 400-mal gespielt worden."

Viel Geschichte, wenig Drama
Weiter geht es zur Volksbühne und von da zur ehemaligen Freien Volksbühne in Kreuzberg. Dazwischen Berliner Theatergeschichte von Max Reinhardt bis Frank Castorf. Und ein bisschen Zeitgeschichte: Carmen-Maja Antoni erinnert sich an die große Demonstration auf dem Alexanderplatz vom 4.November 1989.

In Kreuzberg erzählen Rimini-Protokoll von ihrem Dokumentartheater.

"Rimini sagten, es dauert einfach zu lange, aus Wirklichkeit Kunst zu machen, bevor man sie auf die Bühne bringt und ich soll jetzt hier fragen: Wenn die Wirklichkeit sich am besten auf der Bühne darstellen kann – wozu brauchen wir dann Schauspieler?"

Na, um wirkliche Geschichte, wie die von 50 Jahren Theatertreffen erlebbar zu machen, natürlich. Die bleibt nämlich merkwürdig blutleer. Anekdoten und Theaterkantinen-Klatsch? Fehlanzeige. Spielszenen am Straßenrand mit realen Darstellern? Auch das gibt es nicht. Wie schade. 50 Jahre Theatertreffen haben mehr Drama auf vier Rädern verdient.

Service:
Die Busfahrten zu 50 Jahre Theatertreffen finden statt am 11., 12., 15., 18. und 19. Mai. 2013.

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