Brüssel in Niedersachsen

Von Renée Willenbring |
Obwohl die Europäische Kommission in Brüssel unser Leben direkt beeinflusst, ist Europa für die meisten Bürger in Deutschland weit weg. Einige Kommunen haben es dagegen verstanden, sich mit den Möglichkeiten vertraut zu machen, die die EU bietet, um das eigene Gemeinwesen voranzubringen.
Vor allem der langjährige hannoversche Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg hat früh erkannt, welchen Nutzen seine Stadt von einem guten Draht zu den europäischen Entscheidungsträgern haben kann.

Mitten im Unterricht piept ein Funktelefon und löst allgemeine Heiterkeit aus. Die jungen Frauen und Männer nehmen an einem achtmonatigen Weiterbildungskurs für arbeitslose Hochschulabsolventen teil, der sie für Aufgaben in Europa qualifizieren soll. Claudia Kantia aus Polen hat in Breslau Germanistik studiert, einen Mann aus Deutschland geheiratet und lebt seit einem Jahr in Hannover.

"Ich wäre gern eine Art Vermittler, ich habe keine Wirtschaft studiert, die Zahlen sind nicht meine Welt, aber ich interessiere mich für die Gesellschaft und die Politik, dass das alles mit eine Rolle spielt, auch bei geschäftlichen Verbindungen, da würd ich mich gerne sehen, als Vermittler."

European Competence for New Professionals heißt das Programm, Europäische Kompetenz für Berufsanfänger. Der 29-jährige Matthias Müller hat Betriebswirtschaftslehre studiert und dann den Einstieg in den Beruf verpasst. Eine Lücke von sechs Monaten in seinem Lebenslauf sei bei den Personalchefs das k.o.-Kriterium gewesen, erzählt er. An das Fortbildungsprogramm ist er vor einem halben Jahr über die Arbeitsagentur gekommen. Mittlerweile hat er eine Stelle bei einem Unternehmensberater in Aussicht, zur Vorbereitung will er ein Praktikum in Moskau machen. Sein Ziel ist es, Projektassistent zu werden.

"Unser Unternehmen hat ganz gute Kontakte nach Russland, ein deutsch-russisches Zentrum für Technologietransfer in Moskau und ein deutsch-russisches in Hannover, die arbeiten eng zusammen und sicher werde ich in dem russisch-deutschen Zentrum in Moskau zwei Wochen bleiben und dort versuchen, für das Zentrum in Hannover und auch für unser Unternehmen neue Geschäftskontakte zu knüpfen und das Ganze geht dann noch nach Kasachstan, um dort auch neue Perspektiven zu schaffen."

Die Gesellschaft für Organisations- und Personalentwicklung Rubicon hat dieses Programm entwickelt. Die Absolventen bekommen Wissen über EU-Recht, Außenwirtschaft sowie interkulturelle Gesprächsführung vermittelt und arbeiten für etwa vier Monate in einem Unternehmen sowie einige Wochen in einer Firma im Ausland. Jeder vierte Teilnehmer im laufenden Durchgang habe bislang schon eine feste Stelle bekommen, sagt die Projektleiterin Petra-Johanna Regner. Gerade kleinere Unternehmen hätten nicht die Zeit und die Kapazitäten für eine aufwendige Personalrekrutierung. Deshalb biete man den Firmen auf diese Weise qualifizierte Mitarbeiter an.

"Das Programm bietet Unternehmen die Möglichkeit, jemanden für geringes Geld zielgerichtet für ein Projekt einzusetzen und kennen zu lernen und dann auch, so gewollt, auch noch die ausländischen Erfahrungen mit einfließen zu lassen, Es gibt auch Unternehmen, die sagen, bei mir nicht, aber ich werd dafür sorgen, dass diese Person, die fand ich so toll, woanders einen Platz kriegt."

Unterstützt wird die Europaqualifizierung für Nachwuchskräfte von der Europäischen Union. 230.000 Euro aus dem Europäischen Sozialfonds hat die Leiterin für EU-Angelegenheiten bei der Region Hannover, Petra Schulze-Ganseforth, in Brüssel eingewerben. Damit konnten bislang 32 Teilnehmer gefördert werden. Schulze-Ganseforth sieht das erst vor ein paar Monaten gestartete Projekt als eine Art Brücke zwischen Ausbildung und Beruf.

"Wir haben die Situation, dass wir einen Raum haben, der im Herzen Europas liegt, auf der anderen Seite haben wir viele arbeitslose Fachhochschul- und Hochschulabsolventen. Und es ist ein erheblicher Unsinn, wenn gerade wirklich richtig gut ausgebildete Menschen nicht ihre Funktion übernehmen können, so dass wir, als wir festgestellt haben, dass es diesen Bedarf gibt, gesagt haben, wir suchen jetzt einen Weg, um schnell und zielgerichtet junge Menschen vom Studium oder aus der Situation heraus, wo sie arbeitssuchend sind, in einen Arbeitsplatz zu bringen."

"Wir wollen in Polen oder Kanada oder Amerika irgendwo einen Kontakt finden."

Nicht nur Arbeitslose können sich in Hannover für Europa qualifizieren, sondern auch mittelständische Unternehmen. Wer geeignete Geschäftspartner in Polen oder anderen osteuropäischen Staaten sucht, sich bislang aber nicht getraut hat, versucht es mit Job fit für Europa. Die Gesellschaft für Internationale Weiterbildung und Entwicklung InWEnt hat dieses Fortbildungsprogramm entwickelt, die Region Hannover hat es mit Mitteln aus Brüssel angeschoben. Geboten werden Auslandstraining sowie Hilfen bei der Finanzierung und bei der Suche nach Kooperationspartnern. Hinrich Eden ist Geschäftsführer einer Firma für den Aufbau und die Wartung von Windkraftanlagen. Der 49-jährige Manager ist mit seinen 22 Mitarbeitern neben Deutschland auch in Italien tätig sowie in Portugal, Belgien oder England. Als er jüngst versuchte, in der Türkei Fuß zu fassen, ging das gehörig daneben.

"Konkrete Probleme waren bei einer Firmengründung, weil sich auch die notarielle Beglaubigungen in der Türkei unterscheiden von dem, was wir in der Bundesrepublik gewohnt sind. Unwissenheit, die dann auch dazu führt, dass man eventuell strategisch falsche Dinge in Angriff nimmt und dann dementsprechend Lehrgeld bezahlen darf."

Petra Schulze-Ganseforth ist stolz auf die Arbeit der Region Hannover in Sachen Europa. Andere Regionen in Deutschland könnten davon profitieren. Die Fortbildungskurse, die jeweils in Halbtagsveranstaltungen oder an Wochenenden stattfinden, hätten schon konkrete Ergebnisse gebracht.

"Da gibt es welche, wo der erste Kontakt schon gepasst hat. Ein plastisches Beispiel ist eine Frau, die Gesundheitsmanagement und -beratung macht. Die ist jetzt ein viertel Jahr später von einem Klinikum in Polen angeschrieben worden, weil ihre Daten im Internet im Gesundheitsbereich über uns hineingestellt wurden. Jetzt fängt das an Kreise zu ziehen und jetzt ist sie schon hier und bekommt Anfragen aus Polen, würden Sie für uns was erstellen."

Die 25jährige Praktikantin Andrea Stohr hält einen Vortrag vor Schülern einer zwölften Klasse. Die Fachoberschüler wollen sich im Europäischen Informations-Zentrum (EIZ) in Hannover über Arbeits- und Studienmöglichkeiten in europäischen Nachbarländern informieren.

"Man will Europa zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt machen, zwischen 2000 und 2010, also in drei Jahren soll das geschehen sein.."

Andrea studiert Spanisch, Geschichte und Politik und betreut beim EIZ die Besuchergruppen. Um ihren Vortrag ein wenig aufzulockern, spricht die Studentin die Besucher gerne direkt an.

"Zum Beispiel war 2006 das Europäische Jahr der Mobilität der Arbeitnehmer, also es gibt jedes Jahr ein europäisches Jahr zu einem unterschiedlichen Thema, weiß jemand, was es dieses Jahr ist?"

Betretenes Schweigen bei den Schülern. Dass es jeweils ein europäisches Jahr zu einem unterschiedlichen Thema gibt, davon hat noch keiner gehört.
"… hat auch irgendwie mit Arbeiten zu tun, ist nämlich das Europäische Jahr der Chancengleichheit für alle."

Dann fordert die Referentin die Schüler auf, in kleinen Gruppen Argumente zusammenzutragen, die für eine Arbeit im europäischen Ausland sprechen. Da fällt den Besuchern schon einiges ein.

"Fangt doch ihr hier vorne mal an, Eure Argumente."

"Schüler: "Die Sprache lernt man besser kennen, die andere Kultur, bessere Chancen beim Arbeitgeber, man kann ein neues Leben anfangen, wenn man in Deutschland viele Probleme hatte.""

"Referentin: "..ist ja schon mal ein ganze Menge.""

Für Monika, die mal ins Ausland gehen will, hat sich der Besuch im EIZ gelohnt, wie sie sagt.

"Weil ich selber ins Ausland möchte und deswegen find ich das interessant und ich wusste auch nicht, wo man sich informieren kann, jetzt weiß ich es ja, ich hab halt auch von Leuten im Ausland gehört, da kann Euch kaum jemand helfen außer Internet, aber jetzt sehe ich ja, dass es da eine Organisation gibt."

Bundesweit gibt es 50 Informationszentren, in denen die Bürger alles Wissenswerte über Europa erfahren können. Das größte EIZ in Deutschland liegt in Hannover. Der langjährige Oberbürgermeister, Herbert Schmalstieg, ist froh, dass dieser kostenlose Service in der niedersächsischen Landeshauptstadt angeboten wird. Gerade was Europa betrifft, gibt es bei vielen große Wissenslücken, sagt Schmalstieg, der im vergangenen Jahr in den Ruhestand gegangen ist.

"Eines steht leider fest. Viele der Einwohnerinnen und Einwohner nicht nur Hannovers, sondern auch vieler anderer Städte haben noch nicht begriffen, dass sie alle Europäer sind, denn viele Entscheidungen die hier im Rathaus in Hannover oder in Buxtehude oder in Rouen, unserer Partnerstadt, oder in England getroffen werden in den Rathäusern, die sind in Brüssel vorgezeigt."

Bettina Raddatz ist die Chefin des EIZ , das mit finanzieller Unterstützung aus Brüssel vor fünfeinhalb Jahren in Hannover gegründet wurde. Die Referatsleiterin der Niedersächsischen Staatskanzlei organisiert mit ihrem kleinen Team von sieben Mitarbeitern jährlich landesweit etwa 30 Veranstaltungen.

"Es kommen immer häufiger Schulklassen zu uns, um sich über Praktika oder ein Auslandsjahr nach dem Abitur zu informieren, wir hatten im letzten Jahr in der Rattenfängerhalle in Hameln eine große Veranstaltung mit sehr vielen Bildungsträgern und -einrichtungen, die sehr gezielt auch über solche Möglichkeiten eines europäischen Freiwilligenjahres oder was auch immer informiert haben und wir werden in diesem Jahr eine vergleichbare Veranstaltung in Achim durchführen."

Raddatz hat aber auch immer wieder erfahren, wie schwierig es ist, Bürger für Europathemen zu interessieren. Andererseits würde sie immer wieder den Vorwurf hören, dass viele sich nicht ausreichend informiert fühlten.

"Aber wenn wir die Informationsangebote geben, dann wird das nur verhalten angenommen. Unsere Internet-Seiten sind ein Riesen-Erfolg, die werden jährlich rund 18 Millionen Mal abgerufen, aber unsere Veranstaltungen leiden manchmal unter geringem Besucherinteresse, das ist manchmal schwierig , das ist ein Problem."

Ein ganz besonderes Projekt, bei dem Hannover von der EU profitiert hat, ist der Öko-Stadtteil Kronsberg, der am Stadtrand in der Nähe des Messegeländes liegt. Neben einer Schule und vielen anderen öffentlichen Gebäuden sind hier zur Weltausstellung Expo 2000 rund 3000 Wohnungen für 6600 Bewohner entstanden, als vorbildliches Beispiel einer nachhaltigen Stadtentwicklung im Sinne der Agenda 21. Heute wohnen hier etwa 7500 Menschen aus 30 Nationen, vom Hartz IV-Empfänger bis zum gut situierten Beamten. Alle Gebäude, vom Kindergarten über die Geschäfte bis hin zum Kultur- und Gesundheitszentrum, sind flächendeckend in Niedrigenergiebauweise errichtet worden. Damit konnte eine CO2- Minderung von fast 60 Prozent erreicht werden. In der Grundschule können selbst die kleinen Schulkinder schon die Leistung der eingebauten Fotovoltaikanlage ablesen, sagt Karin Rumming vom Umweltdezernat der Stadt.

"Das ist das Display der Grundschule am Kronsberg. Sie erzeugt Solarstrom, der Tagesertrag war 1,7 kwh. Da können die Schüler sehen, wie viel denn ihre kleine 2 Kw-Anlage, die auf dem Carport angebracht ist, entwickelt. Hier ist die Darstellung der Sonne, dann kommen die Fotovoltaikmodule, der Wechseltrichter, der Stromzähler, das wird dann ins Hausnetz gespeist und hier steht natürlich auch: gefördert im Rahmen des EU-Termi-Projektes Expo-City steht weiter."

Der Tagesertrag wird verwendet, um die Büroräume der mit viel Glas gebauten Schule mit Strom zu versorgen. Neben den Photovoltaikanlagen in den öffentlichen Gebäuden hat Brüssel in den Wohnhäusern auch Energiesparlampen und Wassersparperlatoren bezuschusst. Wer eine Waschmaschine oder einen Kühlschrank der Energieeffizienzklasse A angeschafft hatte, bekam pro Gerät 100 Euro an Förderung. Geheizt wird auf dem Kronsberg über Nahwärme mit Blockheizkraftwerken aus Kraft-Wärme Kopplung. Hartmut und Karin Bloom sind mit ihren Kindern Ende 1998 in den Musterstadtteil eingezogen und fühlen sich sehr wohl.

"Das ist im Prinzip eine klassische Reihenhausaufteilung, kleines Gärtchen dahinter, da haben die Nachbarn beschlossen, wir machen bloß Steine als Abtrennung…so was ging dann alles oder wir haben zusammen gesagt, wir malen das jetzt an. Dann hat einer das Gerüst besorgt, das ist hier in der Gruppe entstanden und funktioniert auch jedes Jahr wieder."

Die Reihenhaussiedlung ist blau-weiß gestrichen und hat den verträumten Namen "Lummerland". Sie gehört zu den wenigen Einfamilienhäusern auf dem Kronsberg. Die Siedlung wurde sogar in Passivbauweise erstellt. Die Blooms und ihre Nachbarn zahlen nur noch zehn Prozent der Heizkosten, die sie vorher in ihren konventionellen Wohnungen hatten.

"Das andere an diesem Stadtteil ist, dass die Infrastruktur gleich mit dazukam, es kamen Läden dazu, Ärzte dazu, die Straßenbahn. Als wir eingezogen waren, waren unsere Kinder neun und 14. Der Große ist jetzt 20, der fährt mit der Straßenbahn, den will ich nicht immer abholen. Selbst die Kleine wird jetzt 16, die muss sich auch bewegen können, da kann ich nicht in ein Neubaugebiet, wo nichts ist. Außerdem will ich auch selber schnell in der Stadt sein."

Kräftiges Orange, Weiß oder Klinker. Die Wohnanlagen sind architektonisch sehr unterschiedlich gestaltet, alle sind in West-Ost-Richtung errichtet und lassen viel Licht in die Räume. Die vielen Bäche und Teiche in den Grünanlagen zwischen den Wohnblocks sind nicht nur aus optischen Gründen angelegt.

Bei der großflächigen Bebauung sollte der natürliche Wasserhaushalt möglichst so erhalten bleiben wie vor der Bebauung. Das Regenwasser kann hier offen versickern und wird nicht in einem teuren Kanalsystem abgeführt. Deshalb ziehen sich längs der Straßen kleine grüne Gräben, die sogenannten Mulden-Rigolen, die das Wasser zwischenspeichern. Sie geben dem Stadtteil ein eher ländliches Flair. Für Oberbürgermeister a. D. Herbert Schmalstieg war die Expo der Höhepunkt seiner jahrzehntelangen Amtszeit. Zwei Millionen Euro konnte der Stadtchef von der EU für den Kronsberg einwerben. Noch heute ist er stolz auf die Mustersiedlung.

"Das war zu dem Zeitpunkt und ich glaube auch danach, bisher zumindest, der letzte zusammenhängende Stadtteil, der neu entwickelt und entstanden ist. Wir haben das wirklich nach ökologischen Gesichtspunkten getan, von der Bauweise bis hin zu der Zufriedenheit der Einwohnerinnen und Einwohner. Dass die Infrastrukturmaßnahmen von der U-Bahn bis zur Schule, vom Kinderspielplatz bis zur Kindertagesstätte alles da war, als der Erste einzog. Und das ist heute noch ein Vorzeigeobjekt , die Menschen fühlen sich dort wohl und viele Städtebauer und Kommunalpolitiker aus ganz Europa kommen her, um sich das anzusehen."

Diese Besuchergruppen führt Karin Rumming vom städtischen Umweltdezernat über das Gelände. Viele zeigten sich erstaunt, dass der Stadtteil nach acht Jahren immer noch so sauber sei, erzählt die Diplom-Ingenieurin.

"Kaum Grafittis, die Leute fühlen sich wohl, die Geburtenrate ist hier höher als sonst in der Stadt, ehrenamtliche Arbeit ist höher als in allen anderen Stadtteilen und anfangs ist das Gebiet von Mietern bewohnt worden, die noch gar nicht so genau wussten, wo sie hinziehen, aber mittlerweile identifizieren sie sich mit ihrem Stadtteil. Das ist ganz wichtig, wir sind kein Brennpunkt hier."

Unter Stadtplaner-Experten hat der Kronsberg mittlerweile Kultstatus in Europa.

"Es gibt in Holland ein kleineres Projekt, es gibt in Lissabon ein Projekt und in Palma de Mallorca, das waren unsere Partner bei Expo-Cities beispielsweise. Aber dass sie bis zu Ende das durchgeführt haben, das ist eigentlich der Kronsberg. In diesem Ausmaß von 3000 Wohnungen, innerhalb von drei Jahren zu schaffen, das hat es in ganz Europa nicht gegeben. Wir waren eine der größten Baustellen, auch in der Niedrigenergiebauweise, in der Stadtentwässerung, im Bodenmanagement, dass wir das ausgeführt haben, das gab es in Europa nicht, da sind wir schon führend."

Mit dem Kronsberg hat Hannover in Brüssel so etwas wie eine Visitenkarte für nachhaltiges Bauen abgeliefert. Deshalb kann die Stadt zurzeit auch an einem Folgeprojekt teilnehmen. Dabei geht es um die energieeffiziente Sanierung von Altbauten. Dieses Demonstrationsprojekt unter dem Namen Concerto soll bis 2010 laufen und wird von der EU mit knapp drei Millionen Euro bezuschusst. Hannover soll neben dem französischen Nantes europaweit zeigen, dass auch in der Altbausanierung effiziente Klimaschutzmaßnahmen umsetzbar sind. Nur mit Hilfe der EU könnten in den Städten heute innovative Projekte laufen, weiß Dr. Reinhard Martinsen aus dem Europabüro des Oberbürgermeisters.

"Also diesen innovativen Sprung kriegen Sie tatsächlich nur mit den noch zusätzlichen EU-Mitteln… 8 plus 31. Die EU ist an Demonstrationsvorhaben interessiert, die nicht die Normalität zeigen, sondern das, was darüber hinaus möglich ist. So kann eben ein Konzept auf lokaler Ebene auch Schritt für Schritt in die Wirklichkeit umgesetzt werden, so dass dieses Ziel der EU aus unserer Sicht dann zwar nur am Beispiel, aber doch exemplarisch umgesetzt werden kann."

Das Thema Nachhaltigkeit hält Hannovers Oberbürgermeister a.D. Herbert Schmalstieg, der auch langjähriges Mitglied des Deutschen Städtetages ist, nicht nur wichtig für deutsche und europäische Städte, dazu seien mehr denn je alle Staaten weltweit aufgerufen.

"Wenn man sieht, wie es Klimaveränderungen gegeben hat bei uns in Deutschland oder in Amerika und auf der ganzen Welt von Arktis bis Antarktis, dann müssen wir, glaube ich, hier nicht nur reden, sondern auch handeln. Müssen wir mit dem Energieverbrauch zurückgehen, müssen Schadstoffausstoße vermeiden, und ganz drastisch reduzieren, weil sonst vielleicht noch eine Generation oder zwei ungehindert auf unserem schönen Erdball leben können. Und da haben wir eine große Verpflichtung, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern alle anderen Staaten gleichermaßen auch."

Mit der in diesem Jahr beginnenden neuen Förderperiode der EU bekommt Hannover erstmals auch Gelder aus dem Europäischen Strukturfonds zur Steigerung seiner Wettbewerbsfähigkeit. Die Stadtväter hoffen, mit den Geldern Projekte wie den Ausbau des Zoos und des Sprengelmuseums verwirklichen zu können. Dafür will sich auch der frühere Oberbürgermeister Schmalstieg stark machen, der noch immer über beste Kontakte zu den europäischen Entscheidungsträgern verfügt.

"Also der zoologische Garten ist einer der schönsten und bedeutendsten, die wir in Deutschland und vielleicht sogar in Europa haben. Das ist ein Magnet, Anziehungspunkt für Jung und Alt. Und da Hannover insbesondere nach der Weltausstellung fast Jahr für Jahr acht- bis zehnprozentige Zuwachsraten beim Städtetourismus hatte, hat der Zoo seinen Anteil daran. Und das gleiche gilt für das Sprengel-Museum. Das ist eines der bedeutendsten europäischen Museen neuzeitlicher Kunst…. Und ich hoffe, dass dieses mit EU-Mitteln gefördert werden kann. Ich kann nur dringend empfehlen, das zu tun."