Brügge - eine einzige Gruft
"Bruges – la morte", "Das tote Brügge": so heißt ein Roman von Georges Rodenbach, veröffentlicht im Jahr 1892., der so fasziniert, weil darin eine Stadt die Hauptfigur ist. Es geht um Brügge und die Trauer und Melancholie, die von dieser Stadt ausgehen. Den Komponisten Erich Wolfgang Krongold hat dieser Symbolismus fasziniert: verlassene Straßen, düstere Kanäle, stumme Häuserfassaden als Abbild der menschlichen Seele? Korngold schrieb schon kurze Zeit nach Erscheinen eine Musik zu diesem Stoff: Seine Oper "Die tote Stadt" wurde 1920 uraufgeführt. Nun wurde sie in an der Oper Frankfurt wieder aufgeführt.
So kraftvoll kämpft die hübsche Marietta um einen Mann. Paul, es geht um Paul. Komischer Typ: einer, der abgeschieden in einer kleinen kargen Kammer in Brügge haust, mit fünf Monitoren, auf denen Videos von seiner verstorbenen Frau Marie laufen. Marie beim Schminken, Marie beim Gehen. Marie, Marie, immer nur Marie. Marie ist tot, und Paul will es nicht wahrhaben und hat sich deshalb nach Brügge zurückgezogen, denn auch Brügge ist tot. Und toter als die grün-graue hölzern-metallene Komplettverschalung der Bühne, die sich Katja Haß für Anselm Webers Frankfurter Inszenierung ausgedacht hat, kann keine Stadt sein. Brügge: der Seelenort der Trauernden - eine einzige Gruft.
Darin irrt der blass-beige kostümierte Paul, dem der Tenor Klaus Florian Vogt eine kräftige, mitunter wagneresk timbrierte Stimme gibt, wie ein Untoter umher. Manchmal zu unbeholfen, zu trippelnd, zu aufgesetzt. Und in den Höhen der Partie immer zu wackelig und zu dünn für einen Heldentenor. Das quittiert ihm ein Großteil des Publikums am Ende mit lauten Buhhs.
Diese Marietta nun, Tatjana Pavlovskaja steigert sich im Laufe des Abends atemberaubend in kaum singbare Dramatik, kam eigentlich per Zufall in Pauls Leben. Und weil sie Pauls "Ex" so ähnelt, versteigt sich Paul in Phantasmen. Wie in einer Freud'schen Fallstudie durchlebt Paul nun einen Traum, der seinen Wunsch erfüllt: Marie soll wieder da sein, und so verschmelzen Marie und Marietta zu einer Geliebten.
Regisseur Anselm Weber macht aus dieser Szene ein grandioses visuelles Fest. Wie er Totenkult-Bilder aus aller Welt heraufbeschwört: genial. Der schwarze Tänzer Alan Barnes hüpft als Pierrot Gaston durch ein Totenkabinett, in dem das Personal kalkweiß mit Totenköpfen und Knochen ausstaffiert um das unheilvolle Liebespaar Paul/Marie-Marietta herumtollt.
So arbeitet Paul in drei Stunden seine Trauer, seine Obsessionen an der quicklebendigen Marietta ab, er benutzt sie einfach als Doppelgängerin. Am Ende gibt es ein Erwachen – auch für das Publikum, das nicht oft Zeuge einer so berührenden, präzisen und erschütternden Fallstudie gewesen sein mag.
Eine bilderwütige Psycho-Oper ganz ohne therapeutischen Beigeschmack ist das!
Darin irrt der blass-beige kostümierte Paul, dem der Tenor Klaus Florian Vogt eine kräftige, mitunter wagneresk timbrierte Stimme gibt, wie ein Untoter umher. Manchmal zu unbeholfen, zu trippelnd, zu aufgesetzt. Und in den Höhen der Partie immer zu wackelig und zu dünn für einen Heldentenor. Das quittiert ihm ein Großteil des Publikums am Ende mit lauten Buhhs.
Diese Marietta nun, Tatjana Pavlovskaja steigert sich im Laufe des Abends atemberaubend in kaum singbare Dramatik, kam eigentlich per Zufall in Pauls Leben. Und weil sie Pauls "Ex" so ähnelt, versteigt sich Paul in Phantasmen. Wie in einer Freud'schen Fallstudie durchlebt Paul nun einen Traum, der seinen Wunsch erfüllt: Marie soll wieder da sein, und so verschmelzen Marie und Marietta zu einer Geliebten.
Regisseur Anselm Weber macht aus dieser Szene ein grandioses visuelles Fest. Wie er Totenkult-Bilder aus aller Welt heraufbeschwört: genial. Der schwarze Tänzer Alan Barnes hüpft als Pierrot Gaston durch ein Totenkabinett, in dem das Personal kalkweiß mit Totenköpfen und Knochen ausstaffiert um das unheilvolle Liebespaar Paul/Marie-Marietta herumtollt.
So arbeitet Paul in drei Stunden seine Trauer, seine Obsessionen an der quicklebendigen Marietta ab, er benutzt sie einfach als Doppelgängerin. Am Ende gibt es ein Erwachen – auch für das Publikum, das nicht oft Zeuge einer so berührenden, präzisen und erschütternden Fallstudie gewesen sein mag.
Eine bilderwütige Psycho-Oper ganz ohne therapeutischen Beigeschmack ist das!