Brüche als musikalische Entwicklung
Ihre Biografie liest sich wie die eines Wunderkindes: Mit drei lernt sie Gitarre spielen, mit vier Geige, ab 12 besucht sie Kurse der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler. Alles da für eine große Klassik-Karriere - aber heute ist Gabriella Schazad Popsängerin.
"Der Song heißt 'Somebody else' – und den hab ich in einem Moment geschrieben, in dem ich mir gewünscht habe, jemand anders sein, nur nicht ich selbst. Obwohl mir irgendwie auch klar war, dass ich total froh bin, ich zu sein."
Da steht sie nun an diesem Fenster mit Blick auf den Alexanderplatz, die Gitarre fest im Arm, spielt ihren Song. Graziella Schazad, 27, ist eine zarte Person mit auffällig langen schwarzen Haaren, die es - singend - sofort schafft, das minimalistische Hotelzimmer in eine kleine intime Bühne zu verwandeln. Einen Raum, auf einmal merkwürdig entrückt von dieser Welt.
Im Moment ist Graziella Schazad für ihre erste, bei einem Major Label veröffentlichte CD auf Promotour. Sie fährt durchs Land, stellt sich vor. Erklärt erstaunlich breitwillig, warum die Songs ihres Albums "Pain", oder "Leave me allone" heißen. Ziemlich triste Titel für jemanden, der sich schon sein ganzes Leben lang in der Musik verwirklicht:
"Es sind immer Gefühle, die fast schon penetrant in mir kreisen und die ich nicht loswerde. Es ist oft nicht angenehm, manchmal kann das mehrere Monate bleiben. In dem Moment, wo der Song dann kommt, kann ich das verpacken. Es findet da Ruhe."
In ihren Songs begibt sich Graziella auf die Suche nach sich selbst. Ein Großteil ihrer Melancholie rührt von der Trennung ihrer Eltern, sagt sie. Sechs Jahre war sie, als die Ehe ihres afghanischen Vaters und der polnischen Mutter zerbrach. Graziella hing fortan immer irgendwo dazwischen.
"Wenn Spannung zuhause ist, lebt man in der steten Angst, dass alles zerbricht. Es wurde dann mit der Trennung aber auch nicht besser - das Miteinander wurde nicht besser. Ich habe dann immer das Gefühl gehabt, mich entschieden zu müssen. Ich war konstant dazwischen, ich hätte nie sagen können, wo ich zuhause bin. Schon aus Gerechtigkeitsgründen nicht."
Neben dem Schmerz, sagt Graziella, war da aber immer auch viel Unterstützung. Und ein großer Zusammenhalt mit den in den USA lebenden Geschwistern ihres Vaters. Also doch eine schöne Musiker-Multikultigeschichte aus Berlin-Moabit, dem Stadtteil, in dem Graziella aufwächst? Sie lacht, schüttelt den Kopf. "Völlig normal war das bei uns", sagt sie. Kein Zitarspiel, keine Polkaabende. "Es wurde deutsch gesprochen und klassische Musik gehört." Ungewöhnlich ist lediglich, dass Graziella nach einem Ausflug in die Gitarrenwelt schon mit vier Jahren beschließt, Geige zu spielen und ihre Eltern sie von Anfang an fördern.
"Die Geige wurde einfach schnell zum Fokus, mal streicht man über die Seite, man galoppiert drüber, interpretiert Songs. Es ist ein toller Freund."
Einer, dem sie bis heute treu geblieben ist und der sie häufig bei ihrem Gesang begleitet. Dann steht sie da auf der Bühne, spielt die Geige wie eine Gitarre vor dem Bauch und singt dazu.
"Es ist ja sehr schwierig in der Haltung zu singen und dann hab ich sie einfach vor den Bauch genommen und die Geige zu zupfen und zu schlagen begonnen. Das ist eine Soundwelt, die komischerweise zum Markenzeichen geworden ist."
Mit zwölf beginnt Graziella, eigene Songs zu schreiben. Parallel dazu besucht sie das Musikgymnasium Carl-Philipp-Emanuel-Bach, das talentierten Nachwuchsmusiker fördert und eng mit der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler zusammenarbeitet. Beste Bedingungen also für eine gradlinige Musikerkarriere.
Aber Graziella verlässt die Schule mit 17 Jahren gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern. Tauscht Abitur gegen Straßenmusik und zieht mit ihrer Mitschülerin Stefanie Sass als Folk Duo "For Paradise" durch die Länder. Die beiden spielen auf Hochzeiten, Messen, häufig auch in Gefängnissen. Ein Publikum, dem sie nach wie vor besonders dankbar ist:
"Das habe ich extrem positiv eingeschätzt einfach nur zu spielen und die Leute lesen einem die Texte von den Lippen. Es geht darum, einen Raum zu schaffen, wo Geschichten erlaubt sind. Es ist ein sehr dankbares Publikum, was einem Raum gibt."
Und trotzdem redet Graziella nicht gerne über diese Zeit. Nach sechs Jahren zerbricht das Duo an seiner ursprünglichen Stärke – der Nähe und Vertrautheit seiner beiden Protagonistinnen. Graziella verlässt Berlin, beginnt in Ingolstadt eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin, verliebt sich, heiratet und übt sich in Distanz. Es vergehen drei Jahre, bis sie sich wieder mit ihrer Musik an die Öffentlichkeit traut. Nun in Hamburg, der Stadt, in der sie auch entdeckt wird.
Mittlerweile hat die Sängerin, die ihre Musik selbst als handgemachte Popmusik bezeichnet ihr erstes Album "Feel who I am" produziert, eine Tournee hinter sich und bereitet gerade ihr zweites Album vor. Auf ihrer Suche nach sich selbst sei sie ein gutes Stück vorangekommen sagt sie. So heißt ihr neuster Titel auch "Safe" – sicher.
Da steht sie nun an diesem Fenster mit Blick auf den Alexanderplatz, die Gitarre fest im Arm, spielt ihren Song. Graziella Schazad, 27, ist eine zarte Person mit auffällig langen schwarzen Haaren, die es - singend - sofort schafft, das minimalistische Hotelzimmer in eine kleine intime Bühne zu verwandeln. Einen Raum, auf einmal merkwürdig entrückt von dieser Welt.
Im Moment ist Graziella Schazad für ihre erste, bei einem Major Label veröffentlichte CD auf Promotour. Sie fährt durchs Land, stellt sich vor. Erklärt erstaunlich breitwillig, warum die Songs ihres Albums "Pain", oder "Leave me allone" heißen. Ziemlich triste Titel für jemanden, der sich schon sein ganzes Leben lang in der Musik verwirklicht:
"Es sind immer Gefühle, die fast schon penetrant in mir kreisen und die ich nicht loswerde. Es ist oft nicht angenehm, manchmal kann das mehrere Monate bleiben. In dem Moment, wo der Song dann kommt, kann ich das verpacken. Es findet da Ruhe."
In ihren Songs begibt sich Graziella auf die Suche nach sich selbst. Ein Großteil ihrer Melancholie rührt von der Trennung ihrer Eltern, sagt sie. Sechs Jahre war sie, als die Ehe ihres afghanischen Vaters und der polnischen Mutter zerbrach. Graziella hing fortan immer irgendwo dazwischen.
"Wenn Spannung zuhause ist, lebt man in der steten Angst, dass alles zerbricht. Es wurde dann mit der Trennung aber auch nicht besser - das Miteinander wurde nicht besser. Ich habe dann immer das Gefühl gehabt, mich entschieden zu müssen. Ich war konstant dazwischen, ich hätte nie sagen können, wo ich zuhause bin. Schon aus Gerechtigkeitsgründen nicht."
Neben dem Schmerz, sagt Graziella, war da aber immer auch viel Unterstützung. Und ein großer Zusammenhalt mit den in den USA lebenden Geschwistern ihres Vaters. Also doch eine schöne Musiker-Multikultigeschichte aus Berlin-Moabit, dem Stadtteil, in dem Graziella aufwächst? Sie lacht, schüttelt den Kopf. "Völlig normal war das bei uns", sagt sie. Kein Zitarspiel, keine Polkaabende. "Es wurde deutsch gesprochen und klassische Musik gehört." Ungewöhnlich ist lediglich, dass Graziella nach einem Ausflug in die Gitarrenwelt schon mit vier Jahren beschließt, Geige zu spielen und ihre Eltern sie von Anfang an fördern.
"Die Geige wurde einfach schnell zum Fokus, mal streicht man über die Seite, man galoppiert drüber, interpretiert Songs. Es ist ein toller Freund."
Einer, dem sie bis heute treu geblieben ist und der sie häufig bei ihrem Gesang begleitet. Dann steht sie da auf der Bühne, spielt die Geige wie eine Gitarre vor dem Bauch und singt dazu.
"Es ist ja sehr schwierig in der Haltung zu singen und dann hab ich sie einfach vor den Bauch genommen und die Geige zu zupfen und zu schlagen begonnen. Das ist eine Soundwelt, die komischerweise zum Markenzeichen geworden ist."
Mit zwölf beginnt Graziella, eigene Songs zu schreiben. Parallel dazu besucht sie das Musikgymnasium Carl-Philipp-Emanuel-Bach, das talentierten Nachwuchsmusiker fördert und eng mit der Berliner Musikhochschule Hanns Eisler zusammenarbeitet. Beste Bedingungen also für eine gradlinige Musikerkarriere.
Aber Graziella verlässt die Schule mit 17 Jahren gegen den ausdrücklichen Willen ihrer Eltern. Tauscht Abitur gegen Straßenmusik und zieht mit ihrer Mitschülerin Stefanie Sass als Folk Duo "For Paradise" durch die Länder. Die beiden spielen auf Hochzeiten, Messen, häufig auch in Gefängnissen. Ein Publikum, dem sie nach wie vor besonders dankbar ist:
"Das habe ich extrem positiv eingeschätzt einfach nur zu spielen und die Leute lesen einem die Texte von den Lippen. Es geht darum, einen Raum zu schaffen, wo Geschichten erlaubt sind. Es ist ein sehr dankbares Publikum, was einem Raum gibt."
Und trotzdem redet Graziella nicht gerne über diese Zeit. Nach sechs Jahren zerbricht das Duo an seiner ursprünglichen Stärke – der Nähe und Vertrautheit seiner beiden Protagonistinnen. Graziella verlässt Berlin, beginnt in Ingolstadt eine Ausbildung als Fremdsprachenkorrespondentin, verliebt sich, heiratet und übt sich in Distanz. Es vergehen drei Jahre, bis sie sich wieder mit ihrer Musik an die Öffentlichkeit traut. Nun in Hamburg, der Stadt, in der sie auch entdeckt wird.
Mittlerweile hat die Sängerin, die ihre Musik selbst als handgemachte Popmusik bezeichnet ihr erstes Album "Feel who I am" produziert, eine Tournee hinter sich und bereitet gerade ihr zweites Album vor. Auf ihrer Suche nach sich selbst sei sie ein gutes Stück vorangekommen sagt sie. So heißt ihr neuster Titel auch "Safe" – sicher.